dienste und sonstiger kirchlicher Programme befriedigen würden.
Dem widerspricht der Eindruck von Johann Flodung, dem Vorsitzenden der Deutschen Selbstverwaltung Fünfkirchen. Man gewinne den Eindruck, dass man meistens nicht den Wünschen der Gläubigen entspräche, obwohl man diese auch in Anhörungen der deutschen Selbstverwaltungsorganen und im Gespräch mit Bistumsvertetern thematisieren würde. „ Ob mangelndes Interesse, wenig Kapazitäten oder andere Gründe dabei eine Rolle spielen, kann ich nicht beurteilen”, so Flodung. Auch bei der Besetzung der Pfarrerstellen würde man wenig Rücksicht auf die Wünsche der Gläubigen nehmen( auf meine diesbezügliche Frage erhielt ich vom Bistum leider keine Antwort). Diese hängt nach Eindruck des gewählten Vertreters der Ungarndeutschen in Fünfkirchen auch damit zusammen, dass die Katholische Kirche „ allgemein ein „ Nachwuchs-Problem” hat.“ Nichtsdestotrotz sei es eine Aufgabe der aus Steuermitteln finanzierten Kirche, die muttersprachliche Seelsorge sicherzustellen, „ auch wenn es nur um wenige » Mutter- sprachler « geht”. Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob sich das Bistum bemüht, Wünsche und Nachfrage zu generieren oder wenigstens die Gemeinden zu ermuntern, ihre verbrieften Rechte einzufordern. Auf diese Frage erhielt ich vom Bistum leider auch keine Antwort.
Was die Vorbereitung des Priesternachwuchses auf die Seelsorge insbesondere in deutscher Sprache anbelangt, räumt hier das Bistum indirekt Versäumnisse ein: „ Unsere angehenden Priester besuchen Seminare in Budapest, Gran und im Ausland. Gegen- wärtig lernen zwei angehende Priester kroatisch, damit sie diese Kenntnisse in der Seelsorge einsetzen können. Deutsch als Weltsprache könnte beim Studium mehrerer unserer Nachwuchs- priester präsent sein, aber genaue Angaben darüber haben wir keine. Im Priesterseminar lernt übrigens jeder Fremdsprachen.“ Einig scheinen sich Bistum und städtische deutsche Selbstver- waltung darin zu sein, dass es keine Selbstverständlichkeit mehr sei, deutschsprachigen kirchlichen Programmen, falls diese dann angeboten werden, beizuwohnen und sich für diese aktiv einzusetzen. „ In den letzten 25 Jahren waren es einige Vertreter der Ungarndeutschen in Fünfkirchen und in der Branau, die zuerst dafür wortwörtlich gekämpft, später gearbeitet haben, dass deutschsprachige Gottesdienste in der Innenstädtischen Kirche stattfinden und landesweit ausgestrahlt werden können. Einige von diesen Menschen sind leider nicht mehr unter uns, andere würden gerne die Messen besuchen, aber sie sind nicht mehr in der Lage, auch an der Vorbereitung dieser Messen teilzunehmen”, so Johann Flodung. „ Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Wünsche, Ansprüche manchmal kraftvoll und laut erhoben werden, aber wenn zum Ereignis selbst kommt, werden die Er- wartungen angesichts der Zahl der Anwesenden oft enttäuscht“. Quo vadis?, könnte die Frage lauten. Im Falle des deutschen Gottesdienstes in der Hauptstadt der Branau jedenfalls arbeite man mit Hochdruck an einer Lösung. Vorübergehend ergriff nach Worten von Johann Flodung der deutsche Referent des Bistums, Stefan Wigand, die Initiative, hält als Stadtpfarrer deutsche Messen in Bonnhard. Die Deutsche Selbstverwaltung Fünfkirchen veranstaltete im März einen Workshop, wo mehrere Möglichkeiten zur Sprache kamen, aber die allesamt eine Erweiterung beziehungsweise Weiterentwicklung bedeuteten: die Öffnung der Gottes- diens te in Richtung anderer deutschsprachiger, christlicher Gemeinden, die Organisierung von deutschsprachigen, katholischen Kindermessen und die Ausweiterung der Gottesdienste auf Landesebene, wo die einzelnen ungarndeutschen Regionen des Landes die Organisation periodisch übernehmen könnten( es geht ja hier wegen der Überstrahlung im Radio um eine Messe mit überregionaler Bedeutung). Man hofft, eine Lösung gar bis zum Deutschen Tag in Fünfkirchen Mitte September zu finden.
Auch, wenn die Frage der deutschen Messe in Fünfkirchen letzten Endes geklärt wird, bleibt die Frage der deutschsprachigen Seelsorge in ihrer Gesamtheit ungelöst. Eine Mammutaufgabe für alle: die Bistümer, die Priester, die deutschen Selbstverwaltungs- organe und die Gläubigen. Die Chancen auf eine Lösung schwinden angesichts Überalterung, sprachlicher und kultureller Assi- milation, Verweltlichung, Apathie, Fortlebens hierarchischer Struk turen und fehlenden Priesternachwuchses von Tag zu Tag. Aber sie bestehen noch.
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Begleittext:
Schwäbische Pfarrer und schwäbisches Zuhause: Wo sind sie geblieben?
Von Johann Till, Wemding / Ofalla
Rückblickend auf meine Jugendzeit, erkenne ich, war die Stellung und das Verhalten unserer „ geistlichen Herren” für uns Schwaben- kinder von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie waren die ersten Führungspersonen, gleichsam als Autoritäten, die nach unseren Eltern auf uns einwirkten. Da wir ja schon vor dem Schul- alter jeden Sonntag mitgingen in die Sonntagsmesse, selbst zu Wallfahrten( Zicko), dort im Anschluss oft vom Pfarrer angesprochen wurden, war der Pfarrer, schon vor dem Lehrer, die erste öffentliche „ Pilotperson”, die auf uns einwirkte. Ich hatte das Glück in meiner Heimatgemeinde Ofalla einem ausgesprochen liebenswürdigen und auf Menschen sehr offen zugehenden Pfarrer in der Person von Franz Kaufmann zu begegnen. Er stammte aus Nyomja, einem kleinen schwäbischen Dorf bei Petschwar, das eingegangen ist in die Gemeinde Surgetin. Breites Lachen und schwäbische Mundart waren selbstveständliche Begleitmomente bei Begegnungen mit ihm. Sein offen de- monstriertes Bekenntnis zu seiner schwäbischen Herkunft war für uns Schwabenkinder, die wir später in der Schule für den Ge- brauch unserer schwäbischen Muttersprache oft Strafarbeiten schreiben mussten, sehr wohltuend. Um die Jahre 1947 – 1960, als die antischwäbische Hetze und eine allgemeine ethnische Dis- kriminierung auf uns Ungarndeutschen hereinfielen, empfanden wir die Person und den Umgang unseres Pfarrers in unserer schwä bischen Gemeinde als eine freundschaftliche Geborgene- heit, eine Art Sicherheit auch außerhalb der Familie. Unsere Leh- rer, die ja ebenfalls schwäbischer Abstammung waren, vermieden strikt jeglichen Gebrauch eines deutschen Wortes. Im Gegenteil, sie verteilten schriftliche Strafarbeiten, wenn wir beim Schwätzen in der Muttersprache auf dem Schulhof erwischt wurden. Die Messfeier und die Gebete vor dem Reiligionsunterricht, ebenso das Beichtgespräch, verliefen bei Pfarrer Kaufmann ebenfalls deutsch.
Wegen seinem konsequenten Verhalten gegen die Anweisungen von oben wurde Pfarrer Kaufmann vom Bischof in Fünfkirchen dann auch aus unserer rein schwäbischen Gemeinde in eine rein ungarische versetzt. Sein vorgesetzter Bischof nahm ihn nicht in Schutz. Sein Ansehen in der Gemeinde war groß und basierte nicht so sehr auf seiner amtlichen Autorität, sondern auf seinem überzeugenden, einfühlsamen Umgang mit den Menschen im Dorf. Auf seiner Glaubhaftigkeit und Standhaftigkeit, seiner vorgelebten Bescheidenheit und Sittlichkeit, ja, und auch auf seiner ansteckenden Lebensfreude, die ansteckend wirkte. Sie machten diesen quirligen, klein gewachsenen schwäbischen Seelsorger für mich unvergesslich. Er merkte instinktiv, wenn andere in Not waren und half ihnen, so gut er konnte. So verdanke ich auch ihm, dass ich damals, als Kind von so genannten Klassenfeinden, keine Aufnahme in ein staatliches Gymnasium fand, so dass ich auf seine Initiative hin zu den Benediktinern nach Martinsberg kam.
10 SONNTAGSBLATT