Sonntagsblatt 1/2025 | Page 3

te( re) s Eintreten für die eigenen Interessen wünschen.
Diese Kirchen sind nicht nur Zeugnisse der donauschwäbischen Präsenz in Ungarn und nicht nur religiöse Stätten, sondern Teil des gesamtdeutschen baulichen Erbes der Welt. Für uns Ungarndeutsche sind sie die einzigen erhaltenen Bauwerke aus unserer Vergangenheit, die für und mit uns erbaut wurden. Wir haben keine ungarndeut- schen Amtsgebäude, keine ungarndeutschen Bahnhöfe, keine ungarndeutschen Paläste. Wenn diese Kirchen verloren gehen, verschwindet das einzige sichtbare Erbe der Ungarndeutschen.
Die Frage ist also: Wie können wir diese Kirchen retten? Wer kann helfen, damit dieses wertvolle Erbe nicht verloren geht?

AKTUELLES

WENN DER ELAN NACHLÄSST

Die diesjährigen Nationalitätenwahlen waren nicht nur von Kontinuität geprägt – das Sonntagsblatt sprach mit Vertretern von aufgelösten Selbstverwaltung
Von Richard Guth
„ Vieles verbindet mich mit der Gemeinde, die schönsten Jahre meiner Kindheit, Verwandte, Freunde. Beide Eltern sind schwäbischer Herkunft. Im Dorf gab es einst sehr viele schwäbische Einwohner. Bis zu meinem fünften Lebensjahr sprach ich nur Schwäbisch, weil meine Urgroßeltern und Großeltern beiderseits schwäbisch mit mir sprachen. Das bedeutete später, gerade in der Anfangsphase im Kindergarten, Schwierigkeiten. Darauf folgte Deutsch in der Schule, ich nahm auch Extrastunden und im Rahmen von Selbststudium habe ich mich weiterentwickelt. Die schwäbischen Traditionen, die Dinge rund um das Schwabentum haben mich immer interessiert. Aufgrund meiner Arbeit beschäftige ich mich seit 1998 mit deutschen Selbstverwaltungen und unterstütze sie im Alltag, also gewissermaßen stehe ich für die Arbeit im Hintergrund”, erzählt Maria *, die zuletzt Vorsitzende einer Branauer deutschen Selbstverwaltung war und der die Auflösung der DNSVW immer noch sehr nahegeht.
Die Nationalitätenwahlen im Juni 2024 sorgten in vielen Selbstverwaltungen für personelle Veränderungen. Erfreulich dabei ist die Tatsache, dass sich 30 Jahre nach der Einführung des Selbstverwaltungssystems immer noch viele auch junge Ungarndeutsche finden, die etwas bewegen wollen und bereit sind Zeit für die Gemeinschaft zu opfern. Es wächst jedoch die Zahl derer, die dieses Opfer nicht mehr erbringen wollen und können. Um sie geht es in diesem Beitrag. Die Gründe sind dabei vielfältig und oft persönlicher Natur, dennoch deuten sie auf große Herausforderungen hin, vor denen die deutsche Gemeinschaft steht.
„ Wir sind ein kleines Dorf und hatten in letzter Zeit große Rekrutierungsprobleme. Viele der Alten sind gestorben, somit konnten die Programme nicht mehr realisiert werden, obwohl wir auch von den Nichtdeutschen lange viel Zuspruch erfahren haben. Corona stellte eine Zäsur dar: Sie reduzierte die Zahl der Besucher beispielsweise beim Deutschen Tag massiv. Wir von der Deutschen Selbstverwaltung gehören der mittleren Generation an und irgendwann wollten wir keine Zeit mehr investieren, fühlten uns ein wenig ausgebrannt”, gewährt eine ehemalige Abgeordnete der Deutschen Selbstverwaltung Heimasch / Nagyhajmos einen Einblick in die Gründe des Nichtwiederantritts. Heimasch ist eine Branauer Gemeinde mit knapp 300 Einwohnern im Landkreis Bergrücken. In dem einst madjarischen, dann aber serbischen und kroatischen Dorf stellten die Deutschen spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Bevölkerungsmehrheit – nach der Vertreibung sind Madjaren aus dem ehemaligen Oberungarn gekommen. Ab dem EU-Beitritt des Landes ließen sich viele ausländische Rentner nieder, Deutsch sei dabei Kommunikationssprache. Die Deutschen stellen heute nur noch ein Siebtel der Bevölkerung. Das Dorf habe, wie viele andere in der
* Aktueller Zustand der Kirche ist auf Dem titelblatt zu sehen.
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