Sonntagsblatt 1/2025 | Page 16

ein starkes Verlangen nach Obst. 17. – 25. Juli: Ärztliche Untersuchungen prägen diese Tage. Er wird schließlich als „ 4. Klasse“( vermutlich eine medizinische Einstufung) eingestuft, was seine Heimkehr verzögert. Andreas schreibt von seinen wachsenden Sorgen und der Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der Familie.
Ein Beitrag wieder von seinem Tagebuch:
„ Am 22. Juli ist viel abgegangen, sodass es schwer war, zu sagen. Aber ich musste arbeiten. Es ist mir schwer gefallen, rumzustehen. Ich habe meinen Mantel abgeben müssen. Es hat mir schwer getan, aber vielleicht ist es doch gut, dass wir auch mal zu Hause angekommen sind. Ich bin halt sehr nah bei der lieben Familie und der schönen Heimat und auf alles, was wächst, auf dieser Welt. Weil es sich niemand mehr wünscht, noch weiter zu schauen und zu warten.“ ständigen Ungewissheit über die Zukunft. Am 12. August glaubt er an ein baldiges Ende der Entbehrungen und vertraut auf Gottes Hilfe. Am 14. August erhält er endlich eine kleine Essensration( Brot und Speck). Für Andreas markiert dies einen Wendepunkt – die Hoffnung auf Heimkehr wird real. Es gibt starken Regen an diesem Tag und es dauert bis 9 Uhr in der Früh.
Seine letzte Zeilen sind die folgenden:“ Am 14. Aug. um 12 Uhr bin ich zum Tor hinaus und dort mit Gottes Willen 1 Brot und 10 dkg Speck gekriegt. Jetzt kann ich nach Hause. Im Namen Gottes gingen wir weiter Richtung Heimat und zu meiner Familie, bis wir am 15. August morgens nach Wesprim kamen und dann bin ich am Nachmittag nach Pari. Die Gefangenschaft ist vorerst vorbei.
Grüße aus Alsópaty.”
26. Juli: Dieser Tag markiert für Andreas eine große Freude: Er verlässt das Lager in Richtung Steinamanger. Der Tag wird von ihm als einer der schönsten seines Lebens beschrieben. 27. – 30. Juli: Die Gruppe wird in ein anderes Lager verlegt. Es gibt Gerüchte über eine Verlegung nach Russland, die Andreas mit Sorge betrachtet. Dennoch treffen alte Bekannte( Georg Pelcz, Josef Schäffer, wohnhaft in Nagyutca) aus seiner Heimat ein, was ihm kurzzeitig Trost spendet.
August 1945:
1. Aug: Andreas beschreibt Arztbesuche, bei denen er als „ margottesz“( vermutlich geschwächt) eingestuft wird. Er wurde sehr wahrscheinlich mit Flecktyphus angesteckt und war in den folgenden Tagen krank. Er musste aber weiterhin arbeiten. Am 6. August wird er der 22. Kompanie zugeteilt, doch die gesundheitliche Situation bleibt angespannt. Am 8. August bemerkt er, dass er blaue Zwetschgen sieht und unter großem Hunger leidet. Der Gedanke an die Heimat und seine Familie gibt ihm Kraft. Ihm wird in Aussicht gestellt, dass sie“ abgehen”, aber“ wohin” ist noch unklar. Am 9. August hält er fest, dass er bereits drei Monate in Gefangenschaft ist. Die Länge der Zeit erscheint ihm wie ein Jahr, besonders nach den Strapazen des Krieges. 10. Aug: Die Nächte sind geprägt von Schlaflosigkeit und Andreas berichtet von der

IM TRUBEL DER GESCHICHTE –

Erinnerungen eines Heimatvertriebenen aus Wudersch
Bearbeitet von Martin Szanyi
Als er in Pari ankam, war er abgemagert und in schlechten physischen Zustand. Er war krank und kurz nach seiner Ankunft fiel er ins Bett und wurde für Wochen ohnmächtig. Er atmete zwar, aber war nicht ansprechbar. Der Arzt kam zu Besuch und verabschiedete sich von ihm immer so, dass, wenn er noch morgen lebt, er vorbeikomme. Und er lebte und überlebte seine Krankheit. Er war mit Flecktyphus im Lager angesteckt. Die verheerenden Umstände, das Fehlen von Hygiene und die mangelhafte Ernährung hatten ihn geschwächt und er wurde im Lager krank, wie er das auch beschrieb. Er blieb am Leben in Gefangenschaft, weil er die Hoffnung schöpfte, die liebe Familie wiederzusehen. Und das schaffte er. Vermutlich wurde er am 14. September 1945 wieder wach und er war vom Typhus geheilt. Er hatte einen Stock im Lager, der Daten über seine Gefangenschaft enthält. Das Lager in Alsópaty wurde am 15. August 1945 aufgelöst, seine Entlassung ist diesem Umstand zu verdanken.
Andreas Patzelt lebte noch fünf Jahre, wurde von Pari vertrieben und dank seinem Beruf( Holzdrechsler) konnte er seine Werkstatt in Tamási 1947 eröffnen und eine Unterkunft in Tamási finden. Aber am 30. November 1950 schlief er für immer ein. Die Todesursache war Herzlähmung.
Diese Zeilen geben Einblick in das Leben eines Mannes, der die Wechselfälle des 20. Jahrhunderts miterlebt hat. Es ist interessant zu beobachten, wie sich Kindheitserinnerungen mit rückblickenden Momenten des Erwachsenwerdens vermischen. Geschichte nicht aus der Vogelperspektive, sondern Momente der Selbstfindung oder eben auf dem Fußballplatz! Diese Ausschnitte aus seinem Leben sind wie ein Fenster in eine Vergangenheit.
16
Es geht um Auszüge aus den Erinnerungen des aus Wudersch / Budaörs stammenden Industriekaufmanns Norbert Riedl, der in Neuhausen auf den Fildern heimisch wurde. Der Name Riedl dürfte vielen von uns wohlklingen, hatte sich der Heimatforscher Dr. Franz Riedl, der Vater von Norbert, doch um die Heimatforschung und die Pflege der Kontakte – also um die Heimatverbliebenen insgesamt –