JBG-Nachrichten
s
GEDANKEN zum 86. Todestag von
Prof. Dr. Jakob Bleyer
Von Georg Krix
nicht vor dem Volkstod gerettet.
Und diese noch vorhandenen Ungarndeutschen haben Orga-
nisationen und Institutionen, an deren Spitze „ungarndeutsche“
Leiter, Führer und Vertreter der sterbenden Volksgruppe stehen.
Ist auch dieser Jakob Bleyer eine unbekannte Person, oder…?
Warum sind diese unsere Vertreter, die Vertreter des Volkes von
Jakob Bleyer, nicht am Grabe dieses Erweckers des ungarländi-
schen Deutschtums?
Wo sind die bezahlten oder ehrenamtlichen Vertreter von der
ungarndeutschen Landesselbstverwaltung, den regionalen und
örtlichen Selbstverwaltungen, der Kulturvereine, des Schulver-
eins, des St. Gerhardwerks, der J. Bleyer Schule, des J. Bleyer
Heimatmuseums, der GJU, des VDH und, und???
Nun, wenn all diese unsere Vertreter nicht dabei waren, nicht
dabei sein wollten (konnten?), so wäre es doch gut den Grund
des Fernbleibens zu erfahren. Überhaupt: den Grund für das
Verschweigen, das Vertuschen der Persönlichkeit, sogar das
Nicht-Erwähnen des Namens Jakob Bleyer!
Warum haben die Ungarndeutschen keine Vorbilder/kein
Vorbild?
Kranzniederlegung am Grabe Jakob Bleyers 2019
Sehr geehrte LdU: Müsste Jakob Bleyer nicht DAS Vorbild auch
für das Ungarndeutschtum von heute sein? Ja, warum denn
nicht?
Unlängst erschien im Sonntagsblatt ein Artikel (als Meinung) mit
der Überschrift: Wo werden wir denn hingesteuert?
In diesem Artikel ist u.a. zu lesen:
„…Wenn man das Herangehen eines Jakob Bleyers ins Auge
fasst, gab es doch Personen in der Geschichte, die ganz anders
gedacht haben, die mit offenen Augen danach getrachtet haben,
die Begabung in den eigenen Reihen zu entdecken und Men-
schen mit Talent einzugliedern und als Kampfgenossen für die
Deutschen in Ungarn auf seinen Weg mitzunehmen. Nun ja, wer
ist heute noch ein Jakob Bleyer unter den Ungarndeutschen?…“ Volkszählung in Ungarn –
Fazit eines Workshops
Ich möchte die gestellte Frage noch ergänzen: …Und ist jener
Jakob Bleyer von damals den heutigen Ungarndeutschen
überhaupt bekannt?… Am 14. November fand der Workshop der Jakob Bleyer Gemein-
schaft zu den Volkszählungen in Ungarn statt. Die Veranstaltung
war eine ausgezeichnete Möglichkeit, über gegenwärtige und
zukünftige Aktualitäten sowie Herausforderungen bezüglich der
Lage der Minderheiten zu diskutieren.
Eine Antwort auf beide Fragen – glaube ich – an der Gedenkfei-
er/Kranzniederlegung am Bleyer-Grab auf dem Budapester Ge-
meindefriedhof am 1. Dezember erhalten zu haben:
Ich sehe ein vernachlässigtes, verwahrlostes, ungepflegtes Grab,
das einen ahnen lässt: Der hier ruht, hat keine Nachkommen.
Dennoch: 8 Personen stehen um das Grab, mit zwei kleinen
Blumenkränzen. Es sind hier die Organisatoren der Feier und
drei Landsleute aus umliegenden Ortschaften. Eine traurige Be-
gebenheit in trauriger Stimmung.
Wie ist das möglich? Ist Jakob Bleyer, der größte Ungarndeut-
sche, der Erwecker des ungarländischen Deutschtums, wirklich
vergessen - oder sogar wissentlich gemieden?
Wo sind jene Menschen oder die Nachkommen jener Menschen,
für die er gelebt, gekämpft hat und gestorben ist? Angehörige der
Familie Jakob Bleyer gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Vielleicht
noch den Enkelsohn Kussbach in der Ferne, der jedoch für einen
„deutschen“ Großvater eh kein Verständnis hat/hatte.
Aber:
Es gibt immerhin noch einhundert- oder gar zweihunderttausend
sogenannte Ungarndeutsche, die es aber auch nicht mehr geben
würde, hätte vor ca. einhundert Jahren ein Bleyer die Vorfahren
26
Von Viktóra Göbl
Im ungarndeutschen Kreisen neigen wir oft dazu, die Volkszäh-
lungen nur aus einer Perspektive zu betrachten – und zwar aus
der eigenen. Ich muss auch ehrlich zugeben, das Einzige, was
ich mir auf der Webseite des Landesamtes für Statistik (KSH)
unter „Volkszählungen“ bis heute angeschaut habe, war die Zahl
der Minderheitenangehörigen. Die zum Workshop geladenen
Experten haben den Teilnehmenden aber unter anderem einen
komplett unterschiedlichen Blickwinkel gezeigt.
Wenn wir uns die Volkszählungen der letzten 30 Jahre anschau-
en, zeigt sich ein sehr erfreuliches Bild. Jedes Mal bekannte sich
ein größerer Anteil der Bevölkerung zur deutschen Nationalität,
bis wir sogar fast die magische 200.000-Marke erreicht haben.
Wir interpretieren diese Zahlen als ein größer gewordenes Ver-
trauen der älteren Generation nach den tragischen Folgen der
Volkszählungen in der Vergangenheit und als eine tiefere Ver-
bundenheit mit dem kulturellen Erbe seitens der Jüngeren. Teil-
weise ist das auch Realität. Aber man muss leider eine pessi-
mistischere Lesart auch in Betracht ziehen.
Die Fragen der Formulare in der Volkszählung beziehen sich auf
„deutsche Nationalität“, was nicht nur die ungarndeutschen Be-
völkerung, sondern auch andere, im Land ansässige deutsche
Personen betrifft. Und sie werden dank der Präsenz zahlreicher
deutscher Firmen in Ungarn sicherlich immer mehr. Wenn wir
SoNNTAGSBLATT