Sonntagsblatt 1/2020 | Page 26

JBG-Nachrichten s GEDANKEN zum 86. Todestag von Prof. Dr. Jakob Bleyer Von Georg Krix nicht vor dem Volkstod gerettet. Und diese noch vorhandenen Ungarndeutschen haben Orga- nisationen und Institutionen, an deren Spitze „ungarndeutsche“ Leiter, Führer und Vertreter der sterbenden Volksgruppe stehen. Ist auch dieser Jakob Bleyer eine unbekannte Person, oder…? Warum sind diese unsere Vertreter, die Vertreter des Volkes von Jakob Bleyer, nicht am Grabe dieses Erweckers des ungarländi- schen Deutschtums? Wo sind die bezahlten oder ehrenamtlichen Vertreter von der ungarndeutschen Landesselbstverwaltung, den regionalen und örtlichen Selbstverwaltungen, der Kulturvereine, des Schulver- eins, des St. Gerhardwerks, der J. Bleyer Schule, des J. Bleyer Heimatmuseums, der GJU, des VDH und, und??? Nun, wenn all diese unsere Vertreter nicht dabei waren, nicht dabei sein wollten (konnten?), so wäre es doch gut den Grund des Fernbleibens zu erfahren. Überhaupt: den Grund für das Verschweigen, das Vertuschen der Persönlichkeit, sogar das Nicht-Erwähnen des Namens Jakob Bleyer! Warum haben die Ungarndeutschen keine Vorbilder/kein Vorbild? Kranzniederlegung am Grabe Jakob Bleyers 2019 Sehr geehrte LdU: Müsste Jakob Bleyer nicht DAS Vorbild auch für das Ungarndeutschtum von heute sein? Ja, warum denn nicht? Unlängst erschien im Sonntagsblatt ein Artikel (als Meinung) mit der Überschrift: Wo werden wir denn hingesteuert? In diesem Artikel ist u.a. zu lesen: „…Wenn man das Herangehen eines Jakob Bleyers ins Auge fasst, gab es doch Personen in der Geschichte, die ganz anders gedacht haben, die mit offenen Augen danach getrachtet haben, die Begabung in den eigenen Reihen zu entdecken und Men- schen mit Talent einzugliedern und als Kampfgenossen für die Deutschen in Ungarn auf seinen Weg mitzunehmen. Nun ja, wer ist heute noch ein Jakob Bleyer unter den Ungarndeutschen?…“ Volkszählung in Ungarn – Fazit eines Workshops Ich möchte die gestellte Frage noch ergänzen: …Und ist jener Jakob Bleyer von damals den heutigen Ungarndeutschen überhaupt bekannt?… Am 14. November fand der Workshop der Jakob Bleyer Gemein- schaft zu den Volkszählungen in Ungarn statt. Die Veranstaltung war eine ausgezeichnete Möglichkeit, über gegenwärtige und zukünftige Aktualitäten sowie Herausforderungen bezüglich der Lage der Minderheiten zu diskutieren. Eine Antwort auf beide Fragen – glaube ich – an der Gedenkfei- er/Kranzniederlegung am Bleyer-Grab auf dem Budapester Ge- meindefriedhof am 1. Dezember erhalten zu haben: Ich sehe ein vernachlässigtes, verwahrlostes, ungepflegtes Grab, das einen ahnen lässt: Der hier ruht, hat keine Nachkommen. Dennoch: 8 Personen stehen um das Grab, mit zwei kleinen Blumenkränzen. Es sind hier die Organisatoren der Feier und drei Landsleute aus umliegenden Ortschaften. Eine traurige Be- gebenheit in trauriger Stimmung. Wie ist das möglich? Ist Jakob Bleyer, der größte Ungarndeut- sche, der Erwecker des ungarländischen Deutschtums, wirklich vergessen - oder sogar wissentlich gemieden? Wo sind jene Menschen oder die Nachkommen jener Menschen, für die er gelebt, gekämpft hat und gestorben ist? Angehörige der Familie Jakob Bleyer gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Vielleicht noch den Enkelsohn Kussbach in der Ferne, der jedoch für einen „deutschen“ Großvater eh kein Verständnis hat/hatte. Aber: Es gibt immerhin noch einhundert- oder gar zweihunderttausend sogenannte Ungarndeutsche, die es aber auch nicht mehr geben würde, hätte vor ca. einhundert Jahren ein Bleyer die Vorfahren 26 Von Viktóra Göbl Im ungarndeutschen Kreisen neigen wir oft dazu, die Volkszäh- lungen nur aus einer Perspektive zu betrachten – und zwar aus der eigenen. Ich muss auch ehrlich zugeben, das Einzige, was ich mir auf der Webseite des Landesamtes für Statistik (KSH) unter „Volkszählungen“ bis heute angeschaut habe, war die Zahl der Minderheitenangehörigen. Die zum Workshop geladenen Experten haben den Teilnehmenden aber unter anderem einen komplett unterschiedlichen Blickwinkel gezeigt. Wenn wir uns die Volkszählungen der letzten 30 Jahre anschau- en, zeigt sich ein sehr erfreuliches Bild. Jedes Mal bekannte sich ein größerer Anteil der Bevölkerung zur deutschen Nationalität, bis wir sogar fast die magische 200.000-Marke erreicht haben. Wir interpretieren diese Zahlen als ein größer gewordenes Ver- trauen der älteren Generation nach den tragischen Folgen der Volkszählungen in der Vergangenheit und als eine tiefere Ver- bundenheit mit dem kulturellen Erbe seitens der Jüngeren. Teil- weise ist das auch Realität. Aber man muss leider eine pessi- mistischere Lesart auch in Betracht ziehen. Die Fragen der Formulare in der Volkszählung beziehen sich auf „deutsche Nationalität“, was nicht nur die ungarndeutschen Be- völkerung, sondern auch andere, im Land ansässige deutsche Personen betrifft. Und sie werden dank der Präsenz zahlreicher deutscher Firmen in Ungarn sicherlich immer mehr. Wenn wir SoNNTAGSBLATT