Sonntagsblatt 1/2020 | Page 14

32. Wann wird der Schwabe gescheit? Man sagt wohl, auch um uns zu verspotten: „Der Schwabe wird erst mit 40 Jahren gescheit.” Das mag daher kommen, dass bei uns immer das Wort und der Rat der Älteren und Erfahrenen mehr gegolten hat als die Meinung der unerfahrenen Buben. Im nächsten Jahre - 1907 - sind die 40 Jahre herum, seit die Mag- yaren das Land regieren. Jetzt wollen wir Schwaben ihnen be- weisen, dass wir in den 40 Jahren genug gelernt haben, dass wir gescheit geworden sind. Wir wollen uns nicht mehr zum Narren halten lassen durch tönende Worte von Freiheit und Rechten. Wir wollen Freiheit und Rechte haben. 33. Was sollen wir tun, wenn der Magyare den Deutschen be- schimpft? Wir hören immer „buta sváb“, „disznó sváb“, „kutya sváb“ - und was es für solche schöne Benennungen gibt von den Magyaren. Nun, auf solche Namen ist das beste, dem Herrn, der schimpft, eine gute schwäbische Watschen zu geben, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Da wird so ein Viechskerl schon Respekt krie- gen. 34. Warum achtet der Magyare den Deutschen am wenigsten? Weil der Deutsche in Ungarn sich bisher selbst nicht geachtet hat! Weil er selbst seine Muttersprache gering geschätzt und magyarisch sprechen wollte, wenn er auch nur ein paar mag- yarische Brocken kannte! Und wie können wir Deutschungarn von den Magyaren für unsere deutsche Muttersprache und unser deutsches Blut Achtung fordern, wenn wir selbst unsere eige- ne Sprache, unser eigenes Blut missachten? Wir müssen stolz darauf sein, ja es muss unser größter Stolz sein, dass wir Deut- sche sind. Wir dürfen nie dulden, dass man unsere Sprache und unsere Nation beleidigt. Und der uns beleidigt, den müssen wir mit Worten oder auch handgreiflich auf‘s Maul hauen, dass ihm für immer das Beleidigen unserer Sprache und unseres Volkes vergeht. 35. Warum ist die deutsche Sprache, wenn sie auch nicht unsere Muttersprache wäre, wertvoll? Weil sie eine Weltsprache ist! 36. Was ist eine Weltsprache? Eine Sprache, mit der man durch die ganze Welt kommt! Über- all, in jeder Stadt, in der großen Welt, wird man Deutsche finden oder wenigstens solche, die Deutsch können. Man sieht es am besten an den Juden, die sich als die größten Magyaren geben und alles mit Feuer und Schwert magyarisieren möchten, selbst aber fleißig Deutsch lernen. 37. Wieviel Leute sprechen auf der Welt Deutsch? Weit über 100 Millionen! Magyarisch sprechen aber höchstens 9 Millionen, davon sind 6 Millionen Magyaren. Ist es da nicht eine Dummheit, eine Sprache hinzugeben, die 11mal so viel Men- schen sprechen? Das ist gerade so, wie wenn ich ein schönes Kleid für 100 Gulden habe und das eintauschen will für ein Kleid, das 9 Gulden kostet. Der das tät im Leben, ist doch ein Narr. Und doch wieviel solche Narren gibt es! 38. Warum ist nicht Deutsch die Staatssprache in Ungarn? Weil wir Deutsche uns nicht zur rechten Zeit gerührt haben! Kai- ser Josef II., der ein gescheiter, großer und guter Herrscher und Mensch war, der Sohn Maria Theresias, wollte das Deutsche be- reits zur Staatssprache in Ungarn machen, da er einsah, dass das Land nur so groß, mächtig und reich werden könnte. 39. Was müssen wir für unsere deutsche Sprache in Ungarn er- streben? Sie muss mit der magyarischen Sprache gleichberechtigt wer- den. Ohne eine Welt- und Verkehrssprache kann ein so vielspra- chiges Land wie Ungarn nicht gedeihen und vorwärts kommen. Wir wollen die Magyaren nicht deutsch machen - Gott bewahre! Sie sollen sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, aber 14 sie sollen auch von uns nichts anderes verlangen und sie sollen den anderen Nationen in Ungarn die Wahl freigeben, wie sie in ihren Komitaten die Amtssprache haben wollen. 40. Was heißt das Wort „deutsch“? In alter Zeit hat man die Deutschen Goten oder gotisches Volk, das heißt Gottes Volk oder gutes Volk, genannt, weil sie das beste, ehrlichste, sittlichste und anständigste Volk - auch Gottes liebstes Volk - waren. Darum haltet Deutsche eure teure Mutter- sprache hoch. 41. Warum ist es das erste, dass die hochgestellten Magyaren, die Herrenleute, ihre Kinder Deutsch lernen lassen? Eben weil die deutsch Sprache eine Weltsprache ist. Nicht wahr, man sieht bei den Herrschaften überall deutsche Dienstleute und deutsche Lehrerinnen! Möchten die Herrschaften ihre Kinder Deutsch lehren lassen, wenn es nicht nötig wäre? Mit der deut- schen und der magyarischen Sprache ist es so wie mit einem edlen, gesunden, jungen Ross und einem lahmen Krampen. Das Ross führt einen in einem Tag über alle Berge, man kann da- mit hin, wohin man will. Das Krampenpferd geht aber wie eine Schnecke und kommt kaum vom Ort. So ist’s mit den Sprachen: Die deutsche Sprache bringt uns schnell in aller Welt herum, mit dem magyarischen Krampen kommen wir nicht vorwärts. 42. Warum verfolgt man unsere Muttersprache? Weil die hungrigen magyarischen Fischkale daraus ein Geschäft machen! 43. Was sollen wir antworten, wenn der Magyare sagt, wir sind Staatsverräter und keine Patrioten, wenn wir unsere Mutterspra- che hochhalten wollen und darum müsste unsere Sprache aus- gerottet werden? Der Magyare tut wie der Wolf in dem Gleichnis von Wolf und Lamm. Beide tranken an einem Bach, der Wolf oben, das Lamm unten und doch fiel der Wolf das Lamm an und sagte, es mache ihm das Wasser trüb. Das Lamm verteidigte sich umsonst, dass es das Wasser gar nicht trüb machen könne, da es ja doch am unteren Laufe des Baches stehe. Der Wolf, dem es aber nur um eine Anklage zu tun war, sagte: „Ja, und doch machst du mir das Wasser trüb, darum fress ich dich.“ So heuchlerisch, wie der Wolf, ist der Magyare auch. Der Deutsche hat gewiss bisher im Land kein Wasser getrübt und war immer ein guter Patriot. Der Magyare hat ihn aber fressen wollen, das heißt ihm die Mutter- sprache nehmen wollen, darum das Geschrei überall: Die Deut- schen sind unsere Feinde, sie wollen uns unsere Sprache neh- men, darum müssen wir sie magyarisieren. Geradeso wie der Wolf es mit dem Lamm gemacht hat! 44. Was soll der Deutschungar für Zeitungen lesen? Auf keinem Fall magyarische! Und von deutschen Zeitungen nur solche, die für das Recht der deutschen Muttersprache aus voller Kraft einstehen! 45. Welches sind solche deutsche Zeitungen? Deutschungarischer Volksfreund in Temeswar, Deutsches Volks- blatt für Syrmien, Semliner Volksblatt, Ungarisch-Weißkirchner Volksblatt, Wiener Deutsche Zeitung, Wiener Deutsches Tag- blatt, Wiener Deutsches Volksblatt! 46. An welche Zeitung soll sich der Deutschungar wenden, wenn er einen Rat will oder überhaupt etwas wissen will? Deutschungarischer Volksfreund in Temeswar, innere Stadt, Pe- tőfigasse 4 oder Deutsches Volksblatt für Syrmien in Ruma (Sla- wonien) 47. Was muss der Deutschungar kennen? Die Rechte, die ihm auch jetzt das Gesetz gibt, auf seine Mutter- sprache! SoNNTAGSBLATT