Präsentation der Minority SafePack
Initiative vor der Europäischen Kom-
mission
05.02.2020, Quelle: FUEN
Unterschriftensammlung für den Minority SafePack in Wieland/
Villány
„Es ist das erste Mal, dass wir uns mit der Europäischen Kom-
mission auf Augenhöhe über unsere Minority SafePack-Initiative
seit ihrer Einführung im Jahr 2013 getroffen haben. Wir haben bei
Vizepräsidentin Jourová, Kommissarin Gabriel und Beamten der
Europäischen Kommission echtes Interesse an der Initiative fest-
gestellt. Wir machten deutlich, dass wir die bestehenden EU-Po-
litiken zur Unterstützung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt
und zum Schutz der autochthonen Minderheitengemeinschaften
und Sprachgruppen als Teil unseres europäischen Erbes stärken
wollen. Wir hoffen, dass die kommenden sechs Monate die nö-
tige Unterstützung und Überzeugung bringen werden und dass
die Europäische Kommission am Ende beschließen wird, auf der
Grundlage unserer Vorschläge legislative Maßnahmen zu ergrei-
fen“, erklärte Loránt Vincze, Präsident der FUEN und Mitglied
des Europäischen Parlaments während einer Pressekonferenz,
die im Europäischen Parlament im Anschluss an das Treffen in
der Europäischen Kommission organisiert wurde.
Die Gesetzesvorschläge, die auf den neun Punkten der Euro-
päischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“ basieren, wurden
am Mittwoch, den 5. Februar 2020, der Europäischen Kommis-
sion vorgestellt. Die MSPI-Delegation traf Věra Jourová, Vize-
präsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und
Transparenz - und so verantwortlich für das System der Euro-
päischen Bürgerinitiative -, Mariya Gabriel, die für Innovation,
Forschung, Kultur, Bildung und Jugend zuständige EU-Kommis-
sarin sowie mehrere Vertreter des Generalsekretariats und der
Generaldirektion.
„Die Europäische Union hat bei weitem den größten Einfluss auf
das alltägliche Leben der europäischen Bürgerinnen und Bür-
ger und ist heute einer der wichtigsten Garanten für die Achtung
der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte, aber auf EU-Ebene
fehlt es noch an einer Politik zum Schutz nationaler und sprach-
licher Minderheiten. Um diese Lücke zu füllen, haben wir das
Minority SafePack initiiert“, erklärte FUEN-Präsident und Euro-
paabgeordneter Loránt Vincze in seiner Präsentation. Er nannte
vier Gründe, warum diese Lücke gefüllt werden muss. Der erste
ist das Kopenhagener Dilemma: Während die Achtung der Rech-
te nationaler Minderheiten zu den politischen Kriterien gehört, die
ein Beitrittskandidat zum Zeitpunkt des Beitritts erfüllen muss,
gelten solche Kriterien nicht für Staaten, die bereits Mitglied der
EU sind. Zweitens: Die Kommission hat zwar die Achtung von
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten über-
prüft, aber bisher noch nie die Rechte von Minderheiten. Drittens
SoNNTAGSBLATT
tragen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kräfte sowie
die Globalisierung zu einem sich beschleunigenden Trend der
Assimilierung und des Sprachverlusts bei. Der vierte Grund ist
der institutionelle Standpunkt, denn es wäre erfreulich, endlich
eine Bürgerinitiative zu sehen, die zu solch einem Erfolg führt,
dass die von Bürgerinnen und Bürgern gewünschten legislativen
Maßnahmen von der EU verabschiedet werden.
Der Vertreter des Bürgerkomitees von MSPI und FUEN, Ehren-
präsident Professor Hans Heinrich Hansen, stellte die Geschich-
te der MSPI vor. Die ersten Diskussionen begannen 2009 darü-
ber, wie das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative genutzt
werden kann. 2013 wurde die Initiative der Europäischen Kom-
mission unter der Leitung von Jose Manuel Barroso vorgestellt.
Die Europäische Kommission weigerte sich im Nachhinein, die
Initiative zu registrieren. Nachdem das Bürgerkomitee gegen die
Ablehnung Berufung eingelegt hatte, begann das Verfahren vor
dem EU-Gerichtshof in Luxemburg. Nachdem die MSPI 2017 in
Luxemburg das Verfahren gewonnen hatte, akzeptierte die Euro-
päische Kommission nach Verhandlungen 9 von 11 Vorschlägen
und veranlasste die Registrierung. Die erfolgreiche Unterschrif-
tenkampagne (die in Ungarn maßgeblich von der Jakob Bleyer
Gemeinschaft realisiert wurde, Red.) endete 2018 mit 1.128.385
beglaubigten Unterschriften und erreichte in 11 Mitgliedsstaaten
den erforderlichen nationalen Schwellenwert. Als Rumänien die
Entscheidung der Kommission zur Registrierung der MSPI an-
focht, fällte das EU-Gericht Ende 2019 seine Entscheidung: „Die
Entscheidung macht deutlich, dass die Vielfalt der EU nicht nur
die Vielfalt unter den Mitgliedstaaten, sondern auch die Vielfalt
innerhalb dieser Mitgliedstaaten bedeutet und dass die EU die
Pflicht hat, diese Vielfalt zu schützen“, betonte Professor Han-
sen.
Die Gesetzesvorschläge der MSPI wurden von den Mitgliedern
des Bürgerkomitees, Anke Spoorendonk, Dänin aus Deutsch-
land - Mitglied des Präsidiums der Freien Europäischen Allianz,
Valentin Inzko, Kärntner Slowene - Hoher Repräsentant der
UNO für Bosnien und Herzegowina, FUEN-Vizepräsident Da-
niel Alfreider, Deutsch- und ladinischsprachige Gemeinschaft in
Italien - stellvertretender Landeshauptmann der Autonomen Re-
gion Trentino Südtirol - und Giuanna Beeli, Rätoromanin aus der
Schweiz - Präsidentin der Jugend Europäischer Volksgruppen
- sowie dem Minderheitenrechtsexperten Frank de Boer vorge-
stellt. Thomas Hieber, Anwalt des Minority SafePacks - Mitarbei-
ter der FUEN, Generalsekretärin Éva Adél Pénzes, Rechtsbera-
ter Roman Roblek, Politikberater Johan Häggman, Politikberater
des Minority SafePacks Dénes András Nagy und der Leiter der
Kommunikation Előd Balázsi-Pál nahmen an dem Treffen auch
teil genauso Dóra Szilágyi als Mitglied des Europäischen Dialog-
forums der FUEN und István Virág aus dem Büro von Loránt
Vincze - Mitglied des Europäischen Parlaments.
Die Gesetzesvorschläge der Minority SafePack-Initiative
Die Minority SafePack-Initiative hat zum Ziel, die Rechte natio-
naler und sprachlicher Minderheiten zu fördern und ihren Schutz
auf EU-Ebene zu gewährleisten. Sie fordert die EU auf, die ihr
dafür zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen. Obwohl
der EU-Vertrag die Achtung der Rechte von Personen, die Min-
derheiten angehören, als einen Wert der EU aufführt, fehlen ent-
sprechende EU-Maßnahmen und rechtliche Schritte der EU zum
Schutz nationaler und sprachlicher Minderheiten.
Das erste Kapitel der Legislativvorschläge ist eine Empfehlung
des Rates zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und
sprachlichen Vielfalt in der Union durch eine wirksame Sprach-,
Bildungs- und Kulturpolitik für nationale und sprachliche Minder-
heiten in den Mitgliedstaaten.
(Fortsetzung auf Seite 8)
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