Sonntagsblatt 1/2018 | Page 28

Die Frau war ganz verzweifelt . „ Mein Gott , die Kinder !”
Aber plötzlich wurde es still . Das Pferd blieb stehn . Es wusste vielleicht , wo die Kinder lagen . Sie weinten nicht .
Lisi zitterte vor Angst .
Dann drückten sich die Kleinen nacheinander vom Wagen . Sie hatten nur einen großen Schreck bekommen , ansonsten war ihnen nichts passiert . Sie konnten die Gefahr nicht einmal erahnen . Erst als sie die verzweifelte Mutter sahen , fingen sie an zu schreien und weinen .
Lisi umarmte die Kinder überglücklich . Sie konnte sie nicht loslassen . Dann gingen sie Hand in Hand nach dem Wagen , den der Junge wieder beladen hatte . Schritt für Schritt , in langsamem Tempo kamen sie endlich zu Hause an .
Die Oma fiel fast in Ohnmacht , als sie zuerst von den Kindern und dann von ihrer Tochter die Geschichte hörte .
Lisi brachte das Pferd in den Stall . Sie versorgte es und bürstete es an diesem Tag länger . Als Dank , dass es auf die Kinder aufgepasst hat . Zum ersten und zum letzten Mal hatte sie das Ross
ausgeliehen .
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Leserbriefe
Kommentar zum Bericht „ Die deutsche Volksgruppe im Krebsgang “ von Georg Krix ( SB 3 / 2017 )
von Andreas Puhl
Unlängst verbrachte mein Sohn Andreas Thomas einige Tage in Budapest . Im Briefkasten fand er das auch von ihm geschätzte Sonntagsblatt , und beim Durchblättern desselben habe - so berichtete er - der Georg Krix-Aufsatz auf seine Augen wie ein Magnet gewirkt . Nach der Lektüre des - mit traurigen Feststellungen gespickten - Berichtes habe er nur schwer ein Gefühl der Enttäuschung und des Unverständnisses über das leichtsinnige - wenn nicht gar respektlose - Verhalten heutiger Ungarndeutscher in Bezug auf die von ihren Voralteren gepflegte deutsche Muttersprache unterdrücken können .
Das Staunen meines Sohnes über den Unwillen vieler - von der Vertreibung verschonten - Schwaben , sich der - von ihren Eltern und / oder Großeltern übergebenen - Mundart ( meistens des Schwäbischen ) zu bedienen , war wohl deshalb so groß , weil er ( mein Sohn ) - ein in Stuttgart mit summa cum laude diplomierter und im frankophonen Brüssel ( bei dem Physik-Nobelpreisträger Prigogine ) promovierter Physiker - sich nicht zu schade ( zu fein ) war , sich stets mit seinen - ehemals zu Bogdaner Bauern gehörigen vertriebenen - Großeltern und seiner Urgroßmutter „ BOG- DANERISCH “ zu unterhalten , selbst in Anwesenheit - und zum Erstaunen - seiner „ reichsdeutschen !“ Freunde .
Ich selbst , ein 1947 aus Ungarn Vertriebener , frage mich deshalb auch , wie es denn sein kann , dass Deutsche Hemmungen haben könnten , sich mit Stolz und in bewußter Demonstration ihrer Kenntnis der schwäbischen Muttersprache und ihrer deutschen Abstammung zu bekennen ?
Folklore , die Präsentation von Trachten ist kein Ersatz ; denn damit , dass sie an Festtagen Tanzgruppen auftreten oder Chorsängerinnen - einige Worte ablesend - singen lassen und - nach den Worten eines aufmerksamen Landsmannes - voller Stolz der Welt zeigen , „ hogy milyen egy sváb mulatság !“, locken sie doch keinen Hund mehr hinter dem Ofen vor . Selbst wenn sie dabei auch ein homerisches Gelächter ernten , wird ihnen noch immer nicht bewusst , dass sie den einst - auch von den Madjaren und Slawen - ihren Vorfahren erwiesenen Respekt längst verloren haben .

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Der Leserbrief von Franz Wesner in Sonntagsblatt 4 / 2017 „ Ungarisch – madjarisch “ ( Seite 30 ) ist hochinteressant , sollte jedoch , um das Thema ausgiebiger-verständlicher zu machen , mit einem vor 20 Jahren im „ Der Donauschwabe “ erschienenen Beitrag ergänzt werden - Georg Krix
„ Madjarisch ” und „ ungarisch ”
Gedanken und Betrachtungen von Dr . Gerhardt Hochstrasser
1994 sind im Teil II des Bandes „ Ausgewählte Probleme europäischer Landnahmen des Früh- und Hochmittelalters ” ( herausgegeben von Michael Müller-Wille und Reinhard Schneider im Jan Thorbecke Verlag , Sigmaringen 1994 ), zur methodischen Grundlagendiskussion im Grenzbereich zwischen Archäologie und Geschichte , auch zwei besonders interessante Arbeiten über die Landnahme der Ungarn aus archäologischer und historischer Sicht erschienen ( Mesterházy S . 23 — 64 , Győrffy S . 67 — 79 ).
In seiner Arbeit „ Die Landnahme der Ungarn aus historischer Sicht ” ging György Györffy auf den Namen Magyaren — Ungarn ein . ( Richtigerweise kann man die Mehrzahl von Ungar nur mit „ Ungaren ” bilden , wie es auch bei Magyar — Magyaren , Bulgar — Bulgaren , Onogur — Onoguren , Chasar — Chasaren , Tatar — Tataren usw . der Fall ist . Dann bliebe „ Ungarn für den Landesnamen vorbehalten und auch schriftlich vom Volksnamen Ungaren ” unterscheidbar . — G . H .) Er belegt trefflich , dass die am Ende des 9 . Jahrhunderts in Pannonien landnehmenden Ungar ( e ) n „ in ihrer physischen Gestaltung , Sprache und Kultur von den altugrischen Magyaren so weit entfernt und von türkischer Oberschicht , Gefolgschaft und Volksteilen so stark infiltriert ( waren ), dass die heterogenen landnehmenden Ungaren von den Byzantinern mit Recht als Turkoi bezeichnet wurden ”. Auch könne die Bezeichnung „ Magyaren ” „ für die mit Slawen zusammenlebenden Ungaren des 10 . Jahrhunderts noch weniger gelten ( S . 68 ). Der Name „ Magyaren “, „ eine Bezeichnung , die seit dem 19 . Jahrhundert in den Fremdsprachen aus politischen Gründen bewußt verbreitet wurde ”, gälte laut Györffy „ also für das heterogene Kriegervolk der landnehmenden Ungaren nicht , nur für die Ungarn einer früheren Periode , als die magyarischen Stämme noch nicht mit Onoguren und Chazar-Türken zusammengelebt hatten .” Recht als Turkoi bezeichnet wurden ”. Auch könne die Bezeichnung „ Magyaren ” „ für die mit Slawen zusammenlebenden Ungaren des 10 . Jahrhunderts noch weniger gelten ( S . 68 ). Der Name „ Magyaren “, „ eine Bezeichnung , die seit dem 19 . Jahrhundert in den Fremdsprachen aus politischen Gründen bewußt verbreitet wurde ”, gälte laut Györffy „ also für das heterogene Kriegervolk der landnehmenden Ungaren nicht , nur für die Ungarn einer früheren Periode , als die magyarischen Stämme noch nicht mit Onoguren und Chazar-Türken zusammengelebt hatten .”
Wenn Györffy ( S . 67-68 ) so überzeugend belegt , dass die in Pannonien landnehmenden Madjaren ( Magyarok ) wegen ihrer ongur-türkischen Infiltration eigentlich Ungar ( e ) n heißen müssten , so ist dieser letztere Name kein Problem für die außerhalb Ungarns gesprochene deutsche Sprache , da diese ja sowieso dem lateinischen Sprachgebrauch ( Hungarus , Hungaros ) gefolgt war . Man fragt sich also , weshalb er diese Erklärung in deutscher Sprache propagiert ? Es ist doch wohl so , dass er seine Landsleute nie überzeugen können wird , sich nun „ ungároi ” ( Einzahl : „ ungár ember ”) und ihr Land „ Ungárország ” zu nennen . Und wenn also der Name „ magyarok “ und „ Magyarország ” im Lande selbst weiterhin gültig bleibt , hat es doch kaum Sinn , im Ausland „ ungárok ” und „ Ungárország ” als gültigen Namen zu verlangen . Anders war die Situation im vormaligen Österreich-Ungarn und anders ist sie noch heute in Rumänien . So z . B . hatte Prof . Carl Göllner im Bukarester „ Neuen Weg ” vom 13 . Januar 1990 un- sonntagsblatt