Sonntagsblatt 1/2017 | Page 4

paparlaments . Sollte die Türkei die Todesstrafe tatsächlich wieder einführen , wäre das wohl das vorläufige Ende der Beitrittsver - handlungen .
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan , der neue US- Prä sident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin – diese drei Männer werden dieses Jahr sicherlich im Fokus stehen . 2017 kann aber auch in anderer Hinsicht ein Schicksals - jahr für die Europäische Union werden , meint der SPD-Europa - abgeordnete Jo Leinen : „ Bei einem Wahlsieg der Nationalisten in Frankreich oder den Niederlanden , droht die Europäische Union auseinanderzubrechen .” Die Franzosen wählen Ende April , die Niederländer Mitte März .
Etwa zur gleichen Zeit feiern die Staats- und Regierungschefs in Rom den 60 . Jahrestag der Römischen Verträge . Sie sind der Grund stein für die heutige Europäische Union . Eine Union , die sich in einem schlechten Zustand befindet – und der man ein Jahreshoroskop wünscht , in dem steht : 2017 wird für Sie beruflich und privat ein erfolgreiches und versöhnliches Jahr .
2017 verspricht ein unruhiges Jahr zu werden , ein Jahr der Wei - chenstellungen . Viel wäre gewonnen , wenn die EU die richtigen Schlüsse aus der wachsenden Unzufriedenheit zieht und die EZB die Zinswende einleitet .
25 Jahre nach Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags braucht es eine neue Vision für Europa . Das „ Modell Brüssel ” hat sich of - fensichtlich abgenutzt . Ein Durchhangeln wird auch nicht mehr lange gut gehen , eine Rezession würde der aktuelle Status Quo nur schwerlich überstehen können .
In der Vergangenheit suchte die ( EU ) bei Rückschlägen übli cher - weise ihr Heil in einer stärkeren Integration . Die Bevölkerung in den einzelnen Ländern ist nun aber immer weniger bereit , den Weg und das Tempo mitzugehen . Vielleicht rächt es sich allmählich , dass die EU-Behörden in der Vergangenheit immer mehr Aufgaben übernommen , gleichzeitig aber ihre besondere Legi timierungs - pflicht oft vernachlässigt haben . Der heutige Präsident der EU- Kommission , Jean-Claude Juncker , wurde 1999 im Spiegel zitiert mit den Worten : „ Wir beschließen etwas , stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab , was passiert . Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände , weil die meis ten gar nicht begreifen , was da beschlossen wurde , dann machen wir weiter – Schritt für Schritt , bis es kein Zurück mehr gibt .”
Der Höhenflug europaskeptischer oder offen anti-europäischer Parteien in nahezu allen EU-Ländern zeigt , dass es so nicht weitergehen kann . Mehr Integration wo nötig , so viel Subsidiarität wie möglich . Auf diesen Nenner haben es die Weisen vom Sachver - ständigenrat in ihrem jüngsten – von der Politik allerdings wie gewohnt lediglich zur Kenntnis genommenen – Gutachten ge - bracht .
Ein Mehr an Harmonisierung benötigen wohl vor allem die Bereiche Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sowie das Thema Klimaschutz . Das passt im Übrigen auch zu den geschichtlichen Linien des ursprünglichen Friedensprojektes Europa als Antwort auf die beiden verheerenden Weltkriege . Viele andere Bereiche können dagegen der nationalen Selbstbestimmung überlassen werden . Benötigt wird somit ein System der verschiedenen Geschwin - digkeiten . Europa muss stärker als Optionenraum wahrgenommen werden . Die bestehenden unterschiedlichen Kooperations - möglichkeiten sollten stärker wertgeschätzt und positioniert werden . Neben der EWU sind hier die Europäische Union und die Europäische Freihandelsassoziation EFTA zu nennen , in denen die Freizügigkeit von Gütern , Dienstleistungen , Kapital und Per - sonen unterschiedlich geregelt sind . Eine Art Cafeteria-Prinzip : Jeder verpflichtet sich nach eigenem Gusto und zahlt dann entsprechend !
Nach vorne schauend ist mit unruhigen Zeiten zu rechnen . An dystopischen Szenarien mangelt es derzeit nicht . 2017 wird ein Jahr der Weichenstellung . Einige grundsätzliche Weisheiten wären dabei sicherlich hilfreich . Vor über 2000 Jahren waren es Gold , Myrrhe und Weihrauch , heute könnten es Subsidiarität , Zinsen und nachhaltige Förderung der Beteiligung an Produktivkapital sein . Möge die Übung gelingen .
Das wären also die globalen wirtschaftlichen Aussichten , aber was ist bei uns in Ungarn zu erwarten ? Als EU- und NATO- Mitglied können wir uns keine total unabhängige Politik leisten . Um die Zukunftsperspektiven des Landes zu sichern , müssen auch wir uns anpassen . Nur gemeinsam schaffen wir es , aus diesem Labyrinth von zahlreichen Krisen seit einem Jahrzehnt herauszufinden .
N . B . Ebinger
PRESSEMITTEILUNG – 6 . Februar 2017

Neue Schritte auf dem eingeschlagenen Weg

Die Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen bestimmte nächste Maßnahmen für zukunftsweisende Politik
Neue Bildungseinrichtungen in eigener Hand , ein modernes Jugend lager , ein optimiertes Kindergartenwesen , nagelneue Lehrpfade und noch intensiver betreute Jugendpolitik – das , und noch vieles mehr initiierte die Vollversammlung der Lan - desselbstverwaltung der Ungarn deutschen an ihrer jüngsten Sitzung . Die wichtigsten Fragen , die das 39-köpfige Gremium am 4 . Februar in Budapest diskutierte , bekräftigten das vorsorgliche Denken der LdU , sich für die Schaffung der bestmöglichen Umstände in der ungarndeutschen Bildung und Kulturpflege einzusetzen .
Fünfmal im Jahr tagt in der Regel die höchste Körperschaft der Ungarndeutschen , um die wichtigsten Richtlinien ihres öffentlichen Lebens festzulegen . An der ersten diesjährigen Sitzung wurden anhand der Berichte der Ausschüsse die wichtigsten Projekte des Jahres 2016 bewertet . Im Bereich Kultur sind wichtige Initiativen zur Verbesserung des Theaterwesens gefördert worden , und großen Wert hat man auf die Durchführung abwechslungsreicher Kulturveranstaltungen gelegt .
Zu den herausragenden Ergebnissen im Bildungsbereich gehörten diverse Fortbildungs- , Austauschprogramme und Verbesse - rungs maßnahmen im Sinne des LdU-Bildungsleitbildes , sowie die erhebliche Erweiterung des Netzwerkes der von deutschen Selbst - verwaltungen getragenen Bildungseinrichtungen .
Großen Akzent hat man im vorigen Jahr auch auf Jugendarbeit gelegt : der Jugendausschuss der LdU war bemüht gewesen , un - garndeutsche Kinder- und Jugendorganisationen mit einander zu verbinden , um die Jugendstrategie auf der Basis fester Partner - schaft zu vollziehen .
Auch zwei wichtige , vom Bundesministerium des Innern und dem Ministeriums für Humanressourcen geförderte Investitionen an LdU-Einrichtungen fielen auf das vergangene Jahr : Gebäude und Bühnentechnik der Deutschen Bühne Ungarn , des einzigen professionellen deutschsprachigen Theaters im Lande wurde rundum renoviert , und auch die Erneuerung des Jugendlagers im Iglauer Park in Waschludt begann . Angetretene Wege werden auch 2017 gegangen . Die Vollver - samm lung gab ihre Zustimmung zur Trägerschaftsübernahme von sechs neuen Schulen bzw . Kindergärten . Somit wird die Zahl der von deutschen Selbstverwaltungen betätigten Bildungsein -
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