• Kultur • mein ( ungarn- ) deutschtum ( 26 )
Besonderheiten die Verschleppung deutschstämmiger Zivilisten aus Ungarn in die Sowjetunion 1944 / 1945 zusammen .
In ihrem Vortrag „ Integration im Prinzip – Diskriminierung in der Praxis ” schilderte Historikerin Dr . habil . Ágnes Tóth die Maß - nahmen , die die ungarische Regierung von 1948 bis 1956 ergriff , um die Grundlagen für die gesellschaftliche Integration der im Land verbliebenen Ungarndeutschen zu schaffen , um aus ihnen „ gute Patrioten und selbstbewusste sozialistische Werktä tige ” zu erziehen . Der sich vor allem mit Oral History beschäftigende György Ritter klärte Formen , Erscheinungen , Auslegungen und grundlegende Terminologien der Deportation .
Der Ablauf und die Folgen der Deportation der ca . 31 000 Un - garn deutschen zum verharmlosend nur „ Malenkij Robot ” ge - nannten Wiederaufbau in die Sowjetunion zeigt zahlreiche Ge - meinsamkeiten mit der Verschleppung der 11 000 Deutschen aus dem ehemaligen Jugoslawien , der etwa 70 000 Personen aus Ru - mänien und 10 000 aus dem Karpatenvorland . Aus den Referaten der zur Konferenz eingeladenen Geschichtswissenschaftler Dr . Zoran Janjetovic , Hannelore Baier und Dr . Erzsébet D . Molnár aus Serbien , Rumänien bzw . der Ukraine zeichnete sich die tragische Schicksalsgemeinschaft der deutschen Nationalität in Mittel- und Südosteuropa ab .
Laut der Geschichtslehrerin des Valeria-Koch-Bildungszent - rums , Ágnes Amrein-Pesti , der Leiterin des Organisationsteams der Geschichtstagung ist es sehr wichtig , auch im Kreise von Päda - gogen diese Themen zu behandeln , denn es müssen auch die aktuellsten Forschungsergebnisse in den Unterricht eingebaut werden . Durch die Darstellung der gemeinsamen Schicksalsschläge des Deutschtums im Karpatenbecken können die Schüler das Thema „ Malenkij Robot ” in einem neuen Kontext geschichtlicher Ereig - niszusammenhänge interpretieren .
Historischer Hintergrund : Die Verschleppung ungarischer Staatsbürger zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion begann im Dezember 1944 : arbeitsfähige Perso - nen deutscher Abstammung oder mit deutsch klingendem Na - men wurden mobilisiert , einwaggoniert und in die Sowjetunion transportiert , um dort zum Wiederaufbau des Landes gezwungen zu werden . Ein Viertel bis ein Drittel der Verschleppten starb und kehrte in die Heimat niemals zurück .
Die Vertreibung der Ungarndeutschen zuerst in die amerikanische , und später in die sowjetische Besatzungszone Deutsch lands begann am 19 . Januar 1946 . Die Zwangsaussiedlung war Teil der großen europäischen Bevölkerungsverschiebung nach dem Zweiten Weltkrieg : aufgrund der Idee der Kollektivschuld und wegen des Bevölkerungsaustausches zwischen der Tschecho - slowakei und Ungarn wurden etwa 220 000 , vor allem vermögende Ungarndeutsche aus ihrer Heimat vertrieben .
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Stefan Pleyer : Mein ungarländisches Deutschtum – ein Sonderweg zur Identität
Einem jungen Mann ist es selbstverständlich , sich früher oder später auf den manchmal scholligen Weg der Identitätssuche zu begeben . Natürlich auch wir , Jugendliche , versuchen dazu den richtigen Pfad zu finden , wo am Ende uns selbst finden können . Ein weiser Mann sagte : „ Solum Ipsum ”– das bedeutet : völlig mir zu sein , im Sinne der Metaphysik , auf diese Weise erfüllen wir unser wichtigstes Ziel während unseres Seines .
Obwohl ich diese Mahnung nicht wirklich beherzigt habe , streb te ich bereits in meinem Kindesalter danach . Meine erste solche Erinnerung ist datiert auf mein 9 . Lebensjahr , damals besuchte ich die dritte Klasse der St . Emmerich Katholischen Grund - schule in meiner Heimatstadt Ratzenmarkt ( ung . Ráckeve , Komi - tat Pesth ). Dieser Jahrgang gilt als bedeutungsvoll für die kleinen Schüler , weil der Lehrplan in dieser Zeit um solche Fächer ergänzt wird , die den Grundstein für die Identität der Kinder legt , ich meine damit vor allem das Lesen . Ein Pfeiler von meiner Persönlichkeit stand durch meine Priester-Lehrer auf festem Fundament : Gottgläubig und katholisch wurde ich erzogen , die Basis meiner Weltanschauung war entstanden , woran ich heute auch noch festhalte . Einmal kehrte ich von der Schule heim , und wie alle Kinder , begann ich aus irgendwelchem Grund den Wohnzimmerschrank durchzuwühlen . Sofort fand ich eine kleine braune Kiste , worin sich alte Dokumente , Papiere mit Schnörkel - schrift versteckten . Irgendwie konnte ich sie doch buchstabieren : T-a-u-f-s-c-h-e-i-n , B-u-r-g-e-n-l-a-n-d , unter diesen waren die Fotos von meinen Großeltern aus ihrer Jugendzeit – ich zog die Konsequenz , dass diese sicherlich aus einer fremden Zivilisation stammenden Schreiben zweifellos etwas mit unserer Familie zu tun haben . Ich befragte diesbezüglich meinen Vater , ich setzte mich hin , und er erzählte mir unsere Familiengeschichte geduldsam , wer wir eigentlich sind – diese Herkunftsgeschichte erfuhr er von den Großeltern , und sie ebenfalls von den Urgroßeltern : „ Merk dir , Junge , wir sind Deutsche , und unsere Familie kam in der Zwischenkriegszeit aus dem österreichishen Burgenland , aber die Ahnen stammten aus Bayern , welches Land sie wegen ihrer Religion verlassen mussten .”
Von diesem Moment an wurde alles anders , die Deutungs - rahmen wurden stark umformiert – die brandneuen Informatio - nen machten mich vollmotiviert . Zu meiner Heimatstadt Ratzen - markt habe ich keine enge Verbindung , meine Eltern kamen aus Budapest , wo das „ deutsche Element ” relativ verbreitet ist . Viele deutsche Dörfer befinden sich in dieser Gegend wie Sankt Martin , Wetsch oder Ujfluch-Ratzenmarkt . Aus diesem Grund war mir die deutsche Abstammungsgemeinschaft weder in der Schule noch im Gymnasium fremd , jedoch genoss ich in den Augen meiner donauschwäbischen Klassenkameraden einen Sonderstatus : Sie zählten laut Schülersprache zu den „ Schwaben ”, aber man typologisierte mich als „ einen Deutschen ” oder „ Österreicher ”. Zum Bei - spiel trug ich in der Grundschule eine schwarze russische Uschan - ka-Mütze wie mein Vater : Die anderen hatten keine Ahnung , was für eine Kopfbedeckung dies sein soll , so nannten sie das einfach „ deutsche Mütze ”, weil ich sie trug .
Auch meine Erziehung verstärkte diesen Sonderstatus : Durch meinen Vater und meine Großeltern bin ich in einer Bürgerfami - lie , in einer intellektuellen Welt , aufgewachsen , was zur Schaffung meines Selbstbildes wesentlich beitrug . Meine Eltern wollten um jeden Preis einen Intellektuellen aus mir machen : einen Univer - sitätslehrer oder solchen , der die Rechtsanwaltskanzlei meines Vaters weiterführt . Das Familienleben verlief zwischen Bücher - regalen , die mit Werken von antiken Denkern , Schriftstellern beladen war . Ein konkretes Ereignis ist in Erinnerung geblieben : Mein Vater schrieb einmal das altgriechiche Epitaph der Lakonier von Simonides in mein Geschichtsheft . In dieser Zeit , als ich 10 – 11 war , entschloss ich mich , Historiker zu werden .
Nach der Grundschule und nach dem Sakrament der Firmung gewann in der Gymnasialzeit meine Identität einen neuen Bau - stein hinzu . Vor meiner Geburt und auch heute noch hängt das historische Wappen des Ungarischen Königreichs neben dem Kru zifix und dem Bild meiner Urgroßeltern , also die Treue zum Vaterland war in meines Vaters Weltbild schon immer präsent . Ehrlich gesagt , wurde ich am Endre-Ady-Gymnasium ein richti-
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