Sonntagsblatt 1/2016 | Page 18

eine neue Gemeinde aufbauen oder übernehmen und sich an die - se Gemeinschaft gewöhnen . Die Gemeinde muss sich auch an den neuen Priester gewöhnen . Welche positiven und welche negativen Auswirkungen hat so ein Umzug ? Das kann vor allem positive Auswirkungen haben für die Priester . Man ist wieder mehr gefordert , man kommt auf neue Ideen , die einem auf dem alten Platz nicht mehr eingefallen sind . Neue Möglichkeiten erschließen sich , und die Gemeinde bekommt auch eine neue Sichtweise , die Predigten verändern sich , es kommt was Neues , es wird was weggelassen . Es gibt auch welche , denen es nicht passt , und auch welche , die sich darüber freuen . Wie ist es für Sie persönlich gewesen , von Nadasch nach Bonnhard zu ziehen ? Das war nicht einfach Ich war dreizehn Jahre in Nadasch , ich hatte sehr viele persönliche Kontakte geknüpft , es hat mir dort gut ge - fal len , aber im Priestertum ist es drin , dass man manchmal umziehen muss . Also es kommt nie unerwartet , dass man eine Dispo - sition bekommt . Ich bin mit Freude hier nach Bonnhard gekommen und hab Nadasch meinem Nachfolger hinterlassen . Ist es im Falle der ungarndeutschen Orte oder Priester eine zusätzliche Aufgabe , für die deutschen Messen zu sorgen ? Wird das berücksichtigt bei den Umzügen ? Wenn der Nachfolger deutsch spricht , wie jetzt in Nadasch mein Nachfolger , dann kann er die Messe auf Deutsch lesen , aber er pre digt nicht deutsch . Der Bischof nimmt ein bisschen Rücksicht , sicher . Aber da gibt es so viel , was er bedenken muss , ich weiß nicht , ob das in der ersten Reihe steht , ob einer deutsch spricht oder nicht . Wichtig ist , dass dort , wo Anspruch auf die deutsche Sprache ist , die Leute deutsch singen und beten können , während und außerhalb der Messe , dass der Priester es zulässt , dass die Leu te den Glauben in der Muttersprache ausüben können , und sofern er deutsch spricht , hilft er da mit . Wie sieht es derzeit mit diesem Anspruch aus ? Ich kenne keine Probleme , mehr oder weniger ist das gelöst . Natürlich ist die deutsche Sprache als Minderheitensprache sehr zurückgegangen , schon in den letzten Jahrzehnten . Seit dem letzten Jahr hat sich nichts verändert . Was ist Ihre Aufgabe in diesem Bereich als Referent für Nationalitä - ten der Diözese Fünfkirchen ? Zum Beispiel , wenn ein Priester nicht Deutsch kann , aber die Gemeinde eine deutsche Messe möchte zum Kirchweihtag oder zu einem besonderen Fest , dann kann der Priester mich rufen und ich lese die deutsche Messe oder verschiedene Gottesdienste . Im Sommer habe ich auch mehrere Trauungen in deutscher Sprache gehalten . Meine Aufgabe ist , die deutschen Wallfahrten zu organisieren . Alles , was mit deutscher Minderheit und Glauben zu tun hat gehört zu mir . Tauscht man sich unter den Pfarrern auch aus , gerade bei so einem Umzug ? Ja , wir treffen uns regelmäßig , da wird darüber gesprochen , wie die eine und wie die andere Gemeinde ist , was man hier und dort gemacht hat , was zu machen wäre , was habe ich nicht gemacht , aber was ich dem anderen rate zu machen . Was ist Ihr Ziel hier in Bonnhard ? Ich lerne die Leute kennen . Es gibt hier mehrere kleine Ge - meinschaften . Wir hatten auch viel mit dem Religionsunterricht zu tun . Das Pfarrhaus muss renoviert werden . Wie oft gibt es denn in Bonnhard eine deutsche Messe ? Normalerweise einmal im Monat , am ersten Sonntag im Monat , um halb acht in der Früh . Gab es keine Anfrage bezüglich einer Erhöhung dieser Zahl ? Da gab es keine Anfrage und ich möchte das jetzt auch nicht er - weitern . Aber wenn eine größere Gruppe kommt , mehr als zwanzig Leute , oder eine Pilgergruppe , die eine deutsche Messe haben möchte , dann besteht die Möglichkeit , dazu eine Extramesse in deutscher Sprache einzusetzen .
Christina Arnold ( Entnommen aus Neue Zeitung , Budapest )
Ja , Pfarrer Wiegand steht auch anderenorts gerne zur Verfü - gung , wenn er gefordert wird . Dazu ein Beispiel :

„ Septemberfest ” in Nagykozár

Jedes Jahr organisiert die Deutsche Selbstverwaltung in Nagyko - zár einen „ Deutschen Nationalitäten Nachmittag ”, mit dem die Deutsche Tradition wiederbelebt werden soll . Sie fand im letzten Jahr am 26 . September statt . Das Programm begann mit einer deutschsprachigen Römisch- Katholischen Messe , die von Pfarrer Stefan Wigand zelebriert wurde .
Weiter ging es um 17.00 Uhr mit einer bunten Kulturveranstal - tung im Kulturhaus , wo unsere örtlichen Kulturgruppen mit Sang , Tanz und Blasmusik auftraten .
Im Anschluß wurden die Gäste mit einem Pörkölt , Pogatschen und Getränken bewirtet .
Der Tag endete jedoch nicht mit einem deftigen Mahl : Die An - wesenden konnten bei einem Ball noch einmal kräftig das Tanz - bein schwingen .
Wir freuen uns sehr , dass wir mit unserer Initiative aus unseren Traditionen schöpfen und diese hierdurch Fortleben lassen können .
Mária Baron-Herbely Präsidentin der Deutschen Selbstverwaltung Nagykozár
Handlungen aus dem geschichtlichen Kontext betrachtet

Blickwechsel Ungarn : die Wahrheit dazwischen ?!

Dass aktuelle ungarische Positionen und Reaktionen oft auf Unverständnis bei deutschen Gemütern stoßen , ist eine Tatsache . Zurückzuführen ist die wohl darauf , dass der Blick für die gewachsene Geschichte dahinter fehlt , um sich ein Urteil bilden zu können . Das wurde den 50 Teilnehmern des Fairen Frühstücks am 28 . November deutlich . Der Diözesanfachausschuss „ Verantwortung für die Eine Welt ” des Kolpingwerkes hatte einen Kenner sowohl der ungarischen als auch deutschen Geschichte eingeladen . Prof . Nelu Bradean-Ebinger ist tätig an der wirtschafts wissen schaft - lichen Corvinus-Uni ver sität in Budapest . Eben falls war er Profes - sor für germanistische Lin guistik an der Uni ver sität in Miskolc . Seine deutschen Vorfahren kamen als sog . Do nau schwa - ben nach Un garn .
Selbst Teilhabender an der ungarischen Ge schichte gab Bradean-Ebinger einen kur - zen Abriss über die Ge - schichte Un garns , die klar die Unterdrückung des Vol - kes für lange Jahrzehnte unter wechselnden Herr -
v . l .: Erwin Fath , Alois Zeller , Prof . Nelu Bradean- Ebinger , Sonja Tomaschek , Franz Mayer
schaf ten widerspiegelt . Er hob hervor , dass Ungarn heute frei und eine parlamentarische Republik sei – demokratisch organisiert . Das kleine Land , bevölkerungszahlenmäßig kleiner als Bayern , erlebte 2010 einen politischen Wechsel , der 2014 eine Bestätigung erhielt .
18