Sonntagsblatt 1/2015 | Page 10

sb15-1 : sb14-2 . qxd 2015.02.12 . 8:44 Oldal 10

Ganz ohne Sprache in eine glänzende Zukunft ?

Symposium der Konrad-Adenauer-Stiftung lässt diesbezüglich noch Fragen offen Von Richard Guth
Die Sozialisationspfade der beiden Gesprächspartner hätten gar nicht anders verlaufen können . Beide aus einer ungarndeutschen Familie stammend , dennoch mit unterschiedlichem Sprach mus - ter . „ Meine Muttersprache ist Ungarisch ”, bekennt sich die Pädagogin Eva Priegl aus Tscholnok und berichtet über Schwie - rigkeiten bei der Tradierung der deutschen ( Groß- ) Mutter spra - che an ihre Kinder . Ganz anders im Falle des IT-Kunden dienstlers Gabriel Werner aus Fünfkirchen , der im ungarndeutschen Nim - mesch in einem nach eigenem Bekunden schwäbischen Umfeld aufgewachsen ist . Der Vater zweier Töchter spreche konsequent deutsch mit dem Nachwuchs , den Willen zum Spracherhalt zeigt auch die Tatsache , dass eine der Töchter bereits die einsprachige Grundschulklasse am Valeria-Koch-Schulzentrum Fünfkirchen besucht . Beide verbindet das ehrenamtliche Engagement im Verein Ungarndeutscher Kinder ( VUK ), der sich mit gezielten Angeboten an ungarndeutsche Eltern mit zweisprachigem Profil wendet . Beide berichten von einem Trend der letzten Jahre im Kreise junger Eltern , die deutsche Sprache ( sei es die Schrift - sprache oder die Mundart ) an die kommende Generation weiterzugeben .
Die Teilnehmer der Gesprächsrunde sind in dieser Hinsicht sicherlich in einer exponierten Lage , und wie der Gast des Abends , Hartmut Koschyk ( CSU ), Beauftragter der Bundes - regierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten , formulierte , auch Vertreter einer aktiven deutschen Minderheiten - elite . Zu ihnen gehörte an diesem Abend auch Tekla Maticz , Prä - sidentin der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher ( GJU ), mit der diese Zeitung im vergangenen Jahr ein Interview geführt hat . Ihr Beispiel , dreisprachig aufgewachsen in einer deutsch-kroatischen Familie , zeigt die Chancen einer bi- oder multilingualen ungarndeutschen Zukunft . Denn die ungarndeutsche Jugendar - beit stand im Mittelpunkt dieses Gesprächs , das am 19 . Januar 2015 , dem Gedenktag der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen , im Budapester Haus der Ungarndeutschen ( HdU ) stattfand . Eine Jugendarbeit , die seit den Wahlen im vergangenen Jahr zu Recht in den Mittelpunkt des Interesses der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen ( LdU ) gerückt zu sein scheint . Die Gründung eines Jugendausschusses und die Nominierung von zahlreichen jungen Vertretern für die Voll - versammlung der LdU sind ein Zeichen in die richtige Richtung . Aber bei Weitem noch nicht ausreichend . Die selbstkritische Frage von Hartmut Koschyk , Sohn heimatvertriebener Schlesier und Kenner deutscher Minderheiten in Europa , ob die Bundesrepublik genug für die ungarndeutsche Min derheit tue , ist dabei zu begrüßen und als eine Chance zu betrachten . Denn der Beauftragte der Bundesregierung berichtete über die Erhöhung des Etats für deutsche Volksgruppen in Europa und zeigte die Bereitschaft des Mutterlandes , sich im Dialog mit den ungarischen und ungarndeutschen Partnern über die Verwendung dieser Mittel zu befinden . Zurecht betonte Ko - schyk die Bedeutung institutionalisierter Strukturen wie die Selbst verwaltungsstrukturen , die auch nach Eindruck von Koschyk Chancen böten für die Verwirklichung der kulturellen Autonomie . Gerade bei diesem Punkt ging die Veranstaltung aber nicht weit genug . Ein offenes Gespräch und das Zulassen von Publikumsfragen wären hier sinnvoll gewesen .
Denn die sprachliche Situation , eng verbunden mit der Schul - frage , stand zwar im Raume , sie wurde aber offen von keinem der Gesprächsteilnehmer angesprochen . Sicherlich stimmt die Fest - stellung des vormaligen GJU-Präsidenten und jetzigen Vor - sitzenden des Jugendausschusses der LdU , Emil Koch , dass es auch ungarndeutsche Jugendliche gäbe und geben werde , die die deutsche Sprache zwar nicht beherrschten , weil sie nicht die Gele - genheit dazu hätten oder gehabt hätten , eine Natio - nalitätenschule zu besuchen , aber die sich trotzdem zum Ungarndeutschtum bekannt hätten . Hier hätte sich die Gelegenheit geboten , auf die dringenden Probleme des ungarndeutschen Bildungswesens ( die Problematik des deutschen Nationalitätenunterrichts , der oft den Grundsätzen des Deutsch- Fremdsprachenunterrichts folgt , das Fehlen flächendeckender zweisprachiger Bildungsangebote , die mangelhafte Fachlehrerversorgung durch fehlende Hochschulan ge bote , die Gefährdung bestehender Angebote durch Kürzungen im Bildungssektor und wegen schwindender Nachfrage ) hinzuweisen . Dies ist aber nicht geschehen .
Dies ist umso bedauerlicher , denn institutionelle Strukturen ohne festes Fundament nicht von Bestand sein können . Noch ist Zeit , um entgegenzusteuern . Damit es weiterhin leuchtende Bei - spiele gibt wie das von Gabriel Werner . Denn eins ist sicher : Möge die ungarndeutsche Identität vielfältig sein , ohne Sprache wird sie zu einem folkloristischen Traditionspflegeritual verkommen . Heu - te bereits teilweise traurige Realität .

Neujahr

Nun ist das alte Zeitentor Ins Schloss gefallen . Das junge Jahr tritt bloß hervor Aus Wolkenhallen . Es trägt die Sonne in der Hand Die goldene Rose . Es birgt sein sterndurchwirkt Gewand : Die Menschenlose . Es spricht : „ Ich bin ein Kind der Zeit Und muss bald sterben . Ihr sollt aber die Ewigkeit , Den Himmel erben .” Ihr geht durch Kampf und Leid und Not , Ihr Erdenkinder , Und schafft euch Leben durch den Tod Als Überwinder . Der Gottgeborne Friede hält Die Arme offen : Glaub , lieb und kämpfe , arme Welt ! Dich krönt dein Hoffen . Und stehst du vor der Zukunft blind . Sei stark ! Sei stille ! Das ist des Ewigen liebstes Kind : Der gute Wille .
Am 2 Januar 1938 – von Ilse Frank – damals im Sonntagsblatt erschienen ( Eingesandt von Josef Trabert , Wemend )
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