Fortsetzung von S . 1 Wachet auf , es ruft die Zeit
Er begrüßte die Gäste , würdigte den Tag , dankte den Selbstverwaltungen für die Mühe ( sie sollen die Sache in eigene Hand nehmen ), bemängelte die parlamentarische Vertretung der Volksgruppe , erläuterte das Wappen , überreichte anschließend Auszeichnungen und dem scheidenden deutschen Botschafter Otto- Raban Heinichen einen Rosmareinstrauß (“ bei den Ungarndeutschen geht es bergauf ”) und lud dann beim dritten Auftritt alle Anwesenden zu einem Neujahrsempfang ein .
Laut dem in Budapest erscheinenden Neuen Pester Lloyd darf der Vorsitznede guter Hoffnung sein , daß er “ seinem Ziel , mit den Ungarndeutschen ins ungarische Parlament einzuziehen , ein gutes Stück nähergekommen ” ist .
Bischof Michael Mayer aus Fünfkirchen segnete das Wappen mit Weihwasser und einem für diesen Anlaß verfaßten Gebet ein . Es wurde von Josef de Ponte aus Wudigess ( heute in Deutschland ) vor Jahrzehnten geschaffen , war und ist das Wappen der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn und recht symbolträchtig .
Die Sonne , schon immer ein Wahrzeichen der Deutschen auch in Ungarn , strahlt Lebenskraft und Zuversicht aus , der Halbmond versinnbildliche - Deutungen zufolge - den zahlenmäßigen Rückgang der Volksgruppe durch Vertreibung und andere Heimsuchungen , die Ofner Burg die Treue zum Vaterland Ungarn , das Kreuz die Religiosität , der Pflug Fleiß und Schaffenskraft . Die Donau , auf der seinerzeit viele gerufene Siedler nach Ungarn kamen , verweise auf die ehemaligen und nach längerer Unterbrechung wiederhergestellten Verbindungen zu den Herkunftsländern , zu den heute dort lebenden Vertriebenen und zeige nicht zuletzt auch den Weg , der Ungarn nach Europa führen soll .
Schöne Worte
Grußbotschaften übermittelten Staatspräsident Árpád Göncz , Staatssekretär Csaba Tabajdi , Staatssekretär Gustav Wabro ( Stuttgart ), parlamentarischer Staatssekretär Horst Waffenschmidt ( Bonn ). Verlesen wurde das Glückwunschschreiben von Ministerpräsident Gyula Horn . Es waren wirklich schöne Worte .
Erstmals wurde die von der LdU gestiftete Auszeichnung für hervorragende Leistungen , die Ehrennadel in Gold , übberreicht und zwar an Frau Theresia Lunczer ( Budapest ), Simon Kishegyi ( Nadwar ), Anton Rittinger ( Bonnhard ), Engelbert Rittinger ( Raizpeter ) und Teofil Rétfalvi ( Hartau ). Nächste Angehörige bekamen Blumensträuße .
Solisten , Duos , Sing- und Tanzgruppen aus Steinamanger , Nimmersch , Fünfkirchen , Schorokschar , Tatabánya , Sankt-
Iwan und Werischwar boten ein Kulturprogramm , das sich sehen und hören ließ . Es reiht sich ein in die bisher besten kulturellen Darbietungen der Ungarndeutschen . Erfreulicherweise machten viele Schulkinder und Jugendliche mit . “ Damit wir voller Hoffnung in die Zukunft gehen ” - sang der Kinderchor des Lenau- Vereins .
Zum Schluß erklang das Europa-Lied , die Ode an die Freude von Friedrich Schiller : Freude , schöner Götterfunken ...
Im Wandelgang draußen erfreute dann Tischleindeckdich . Zwischendurch hatte man Hunger und Durst gekriegt . ( Ich selber freilich hatte - vielleicht als einziger - wieder mal Pech . Ich verbrachte ein paar Minuten bei Gesprächen , und bis ich dann dran kam , standen zwar noch ein paar Gläslein Wein da , aber die Platten waren restlos leergeputzt . Ein Kollege von der Deutschen Selbstverwaltung im Budapester XIII . Bezirk brachte von irgendwo einen halben Kipfel her . War der fein !)
Viele schlummern noch
Der erste Tag der ungarndeutschen Selbstverwaltungen ließ erkennen : Die LdU , noch eher der Vorstand , hat durchhaus das Zeug - und auch die Mittel - dazu , schillernde Feste auszurichten . Das soll nun erklärterweise Tradition werden . Frisch auf ! Schließlich lebt der Mensch nicht vom Brot ( und der Arbeit ) allein . Er braucht auch frohe Feste .
( Das wußten schon die alten Römer . Ihre Spiele , Wettrennen und anderen Vorführungen in der Arena sollten vergnügen , vom kargen Alltag ablenken . Anlässe boten große Siege , Aussöhnungen und andere wichtige Ereignisse . Die Huldigungen galten den Götttem und den Kaisern .)
Am ersten Tag der Selbstverwaltungen schien die Sonne . Niergendwo auch nur ein Wölkchen . Die meisten werden sie auch nicht vermißt haben . Als wär ’ alles in Butter .
Freilich : Nicht alle künftigen ähnlichen Feiern werden unbedingt nach einem Leisten veranstaltet werden müssen . Wo so viele Menschen mit gleichen Aufgaben und Zielen beisammen sind , würde doch bestimmt auch ein Meinungs- und Erfahrungsaustausch Nutzen bringen : Was tatsächlich erreicht wurde , wo der Schuh drückt , wie es weiter- , wo es langgehen soll , wie die Selbstverwaltungen die Sache der Ungarndeutschen wirklich in die eigene Hand nehmen können . Ein Tag kann doch den anderen lehren . Gute , bessere Ergebnisse täten sehr not . Den Selbstverwaltungen und natürlich insbesondere der gesamten Volksgruppe .
Und viele Ungarndeutsche müssen ja erst noch geweckt werden . Wachet auf , es ruft die Zeit !
G . Hambuch
Deutschtum - ein verbrauchter Begriff ?
Der Verein für das Deutschtum im Ausland ( VDA ) bekam seinen Namen 1908 . Vorläufer war der 1881 gegründete “ Allgemeine deutsche Schulverein für Erhaltung des Deutschtums im Ausland ”. 1880 war in Wien der “ Deutsche Schulverein ” enstanden , mit der gleichen Aufgabe , durch Förderung von Schulen Deutschen im Ausland bei der Bewahrung deutscher Sprache und Kultur beizustehen .
Wenn die Vereinsgründung 1881 in Berlin den Begriff DEUTSCHTUM aufgriff , dann als zusammenfassendes Bekenntnis zu Werten , die Deutsche in aller Welt verbinden sollten - vor allem deutsche Sprache und Kultur . Da war keine übergreifende , politische Zielsetzung im Spiel , schon gar nicht nationalistischer Expansionsdrang . Die Gründer 1881 und 1908 kamen zumeist aus dem Bürgertum . Man sah in Bau und Förderung deutscher Schulen das geeignete , friedliche Mittel , um Deutschtum im Ausland zu beleben und zu erhalten , und folgte bürgerlichem Bildungsideal .
Deutschtum im Ausland sollte nicht absondern vom Staatsvolk , herausheben aus Rechten und Pflichten der Staatsbürger . Doch auch die Deutschen sollten ihr Sprach- und Kulturgut voll einbringen und bewahren können . Man stand \ in Übereinstimmung mit dem Eid , den Karl Anwandter ( 1848 Abgeordneter im Preußischen Landtag ) nach Chile ausgewandert , seinen eingewanderten Landsleuten ans Herz legte : “ Wir werden ehrliche , arbeitsame Chilenen sein , wie nur der Beste unter ihnen es sein kann .” Er sah in angemessener Erhaltung des Deutschtums keinen Widerspruch zu diesem Gelöbnis eher das Gegenteil . Der um 1813 hervorgetretene Begriff DEUTSCHTUM ist heute in Deutschland umstritten . Er sei veraltet , überholt unverständlich . Mißbrauch durch nationalsozialistischen Allmachtswahn habe ihn untauglich gemacht . Das reicht bis zum weder historisch noch heute zu rechtferigbaren Angriff , der VDA sei mit dem Wort Deutschtum nationalistisch eingefärbt . . Dies alles - vor allem , weil das Wort *
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