SchollZ 7/2021 Nr. 26 | Page 56

und sehr viel mache . Am liebsten natürlich vor Ort und persönlich . Aber jede / r Abgeordnete , der oder die seine Pflicht macht , verbringt auch viel Zeit in Schulen , in Vereinen usw . und nimmt da eben auch mit und auf , was Jugendliche für Interessen haben .
Wie oft gehen Sie denn zu Europaschulen oder machen Interviews wie dieses ?
Das ist schwer zu sagen , es ist nicht regelmäßig und unter der Pandemie hat das natürlich sehr gelitten . Seit der Pandemie waren es in virtueller Form nicht nicht viele , aufgrund von Datenschutz und Komplikationen . Davor vielleicht grob gesagt einmal im Monat ; die Ferien dann logischerweise ausgenommen .
Axel Heyer ( vom Besucherdienst des EU-Parlaments , Anmerk . d . Red .): Aber damals kamen dann auch Schulklassen bzw . Besuchergruppen ins Parlament , die Sie dann treffen konnten . Das sind im Jahr dann noch zusätzlich ein paar Dutzende .
Katarina Barley : Absolut , wir haben als Abgeordnete die Möglichkeit , Menschen durch das Parlament zu führen . Schulklassen kommen sehr häufig und dann ist da auch immer mind . eine Stunde Diskussion mit drin . Ich freue mich schon darauf , wenn das wieder möglich ist .
Was sind gerade zentrale Themen , die Sie in Ihrer Arbeit beschäftigen ?
Natürlich , wie überall , steht im Moment die Corona-Pandemie im Vordergrund . Die ganze Sache mit der Impfstoffbeschaffung ist für die EU nicht gerade eine Erfolgsstory ,
wobei man da fairerweise sagen muss , dass die EU im Bereich der Gesundheitspolitik so gut wie keine eigenen Zuständigkeiten hat und
56 deswegen alle gerade kritisierten Entscheidungen dann teilweise mit den Leuten selbst besprochen worden sind , die sie hinterher kritisieren . Die Pandemie zu bekämpfen und die Folgen aufzufangen macht einen sehr großen Teil der jetzigen Arbeit aus . Bis letzter Woche war der Brexit auch noch Thema . Es gibt nach dem Ausstieg immer noch viel zu regeln , was man vielleicht in der Öffentlichkeit gar nicht mitbekommt . Viele Sachen sind noch gar nicht abschließend geklärt . Mein persönliches Steckenpferd ist die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie , da habe ich sehr viel zu tun . Leider muss man sagen , dass die Verhältnisse in Polen und Ungarn und inzwischen auch in Slowenien und anderen Staaten immer schlechter werden und wir wirklich kaum noch von demokratischen Verhältnissen sprechen können . Das ist eine große Gefahr für die Europäische Union .
Wir persönlich merken natürlich auch , dass Corona gerade ein sehr zentrales Thema ist . Sind Sie der Meinung , dass der Klimawandel gerade vielleicht aus dem Fokus gerät ?
Im Ideal vielleicht , politisch eher nicht . Wenn ich jetzt für die europäische Ebene spreche , waren

" Man kann einfach nicht so gut miteinander reden und verhandeln , wenn man sich nur auf dem Bildschirm sieht ."

" Ich finde , dass die Pandemie zutage getragen hat , dass es eben nicht geht , dass jedes Land macht , was es will ."

wir uns zu Beginn der neuen Legislaturperiode 2019 alle einig , dass wir zwei große Komplexe haben , die für uns im Vordergrund stehen : Das ist zum einen der Klimaschutz und zum anderen die Digitalisierung . Dann kam Corona und dessen riesige Hilfspakete , die 750 Milliarden Euro beansprucht haben . Die Prämissen , die vorher gesetzt wurden , sind auf diese Gelder übertragen worden . Die Länder müssen sagen , wofür sie Geld beantragen wollen , dabei ist aber festgelegt , dass 37 % an den Klimaschutz gehen und weitere 20 % müssen sich mit Digitalisierung beschäftigen . Auf europäischer Ebene gelingt das schon ganz gut , was wir uns wünschen . Nämlich , dass Klimaschutz kein isoliertes Thema ist , was einer erledigt , sondern ein Querschnittsthema ist , mit dem sich alle beschäftigen müssen .
Entstehen durch Corona gerade Probleme in der Zusammenarbeit oder Kommunikation zwischen den Mitgliedsstaaten ? Zu welchen Problemen kann das noch führen ?
Wir haben die gleichen Probleme wie alle anderen auch . Man kann einfach nicht so gut miteinander reden und verhandeln , wenn man sich nur auf dem Bildschirm sieht . Gerade in so Sachen wie Ausschussverhandlungen , wenn man sich mit 60-70 Leuten online trifft . Entweder hat man total kleine Bildschirmausschnitte von jedem oder man sieht nur den , der spricht . Man kriegt gar nicht die Atmosphäre mit , man bekommt nicht mit , wie ein Vorschlag aufgenommen wird , die ganze Mimik und Gestik als Reaktion fehlt ; ob da jetzt manche die Augen rollen oder so . Das ist echt schwierig . Deswegen hat Corona auf der Ebene die Arbeit sehr viel schwieriger gemacht , gerade die Arbeit unter den Mitgliedsstaaten .