SchollZ 12/2018 Nr. 21 | Page 35

Wer bin ich? Das Rätsel ums Thema Gender das sehr häufig und ich fühle mich  darin bedeutend wohler. Ohne mag  ich an manchen Tagen das Haus gar  nicht verlassen. Ich wünschte schon,  dass die Pubertät einfach an mir  vorbeigezogen wäre. Das ist auch das,  woran ich gemerkt habe, dass ich  transgender bin. Im „falschen Körper  geboren“ fühle ich mich trotzdem  nicht. Es ist mein Körper, der kann gar  nicht DER falsche sein. Sowieso gibt  es nicht die eine Weise oder das eine  Kriterium, an dem man das bemerkt.  Rückblickend kann ich nicht sagen, ob  ich, wenn ich davon gewusst hä e,  Pubertätsblocker genommen und  mich dann vielleicht sogar für eine  Hormontherapie entschieden hä e.  Ich ha e jedenfalls immer große  Panik davor, ich könnte irgendwann  SEHR weiblich aussehen. Heute bin  ich mir sehr unschlüssig darüber, ob  ich (teilweise) eine Angleichung an  das männliche Geschlecht machen  möchte. Ein paar Jungen haben irgendwann  angefangen, mich mit der männlichen  Version meines Vornamens zu rufen.  Fragt mich nicht warum. Vermutlich  war es ein Gag, denn sie haben  darüber stets gelacht. Andererseits  sagt man, dass andere Menschen  o mals Dinge wissen oder zumindest  ahnen, bevor man selbst es tut. Als  ich mich dann mit LGBT+ angefangen  habe zu beschä igen, bin ich (in dem  Glauben, einfach nicht das typische  Mädchen zu sein) an dem Begriff  "Demifemale" hängen geblieben. Der  besagt, dass man sich zum Großteil  als Mädchen, zu einem anderen Teil  aber als etwas Anderes iden fiziert ‐  das kann männlich sein, oder eine der  vielen anderen geschlechtlichen  Iden täten, die unter den Oberbegriff  "non‐binary" / "nicht‐binär" fallen.  Das passt, dachte ich mir. Aber je  länger ich darüber nachdachte, desto  mehr fing ich an, mit mir selbst  Prozente zu verhandeln. Vielleicht  war ich 80% weiblich, 20% nicht‐ binär, vielleicht auch nur 70‐30.  Irgendwann kam ich mir sehr albern  vor und habe Abstand genommen  vom Thema Gender, um meinen Kopf  ein wenig frei zu bekommen.  Irgendwann habe ich mich dann dazu  entschlossen, mich einfach als non‐ binary zu bezeichnen. Sympathisiert  habe ich auch mit "agender", aber  das wiederum ist ein Begriff mit einer  sehr spezifischen Defini on, was ich  damals nicht wollte. Es war mir  wich g zu wissen, dass ich kein  Mädchen sein musste und auch kein  Junge, sondern einfach ich selbst, was  auch immer das war. Heute sage ich, dass ich transgender  bin. Das sagen zu können hat ein paar  Jahre gedauert. Per Defini on ist zwar  jeder, der sich mit einem anderen  Geschlecht iden fiziert als mit dem,  das auf der Geburtsurkunde  eingetragen wurde, gesellscha lich,  aber wird es als binär‐transgender  verstanden. Heute ist mir das egal  und ich kläre interessierte Menschen  in meinem Umfeld darüber auf, denn  das Thema ist mir wich g. Niemand  muss Labels benutzen. Heute benutze  ich sie ‐ egal ob für Geschlecht oder  Orien erung ‐ nur noch, um mich  selbst zu erklären, denn anscheinend  ist es für andere Menschen ein  wich ges Thema, wie sich ein Mensch  iden fiziert, besonders dann, wenn er  nicht cisgender und heterosexuell ist.“ LGBTQ+- What?! 35