SchollZ 12/2018 Nr. 21 | Page 32

würde. Da die meisten Menschen die  Begriffe Asexualität und Aroman k  gar nicht erst kennen, haben sie gar  nicht erst eine Vorstellung davon.  Trotzdem kommen häufig die  gleichen Fragen auf, wenn sie dann  damit konfron ert werden. Hier ist es  sehr empfehlenswert, einfach mal  nach "asexuality bingo" zu googeln.  Das sind Bingoze el, die gefüllt sind  mit Stereotypen. Einerseits ist das  schon unterhaltsam, andererseits  sehr traurig, dass sie überhaupt  entstanden sind. Hat man als Asexueller gar keinen  Sexualtrieb oder wie hat man sich  das vorzustellen? Asexuelle Personen können einen  Sexualtrieb haben, müssen das aber  nicht. Es gibt einen Unterscheid  dazwischen, einen Sexualtrieb zu  besitzen und sich zu anderen  Menschen sexuell hingezogen zu  fühlen. Auch gibt es einen  Unterschied dazwischen, wie man  fühlt und wie man handelt. Zunächst  einmal ist Asexualität keine  Enthaltsamkeit, denn das wäre eine  Entscheidung. Darüber hinaus  können Asexuelle natürlich Sex  haben (und den auch mögen), denn  auch das ist eine Entscheidung. Wie ergeht es dir mit Sex und  Roman k in den Medien? Wie  fremd kommen dir diese Themen  vor? Kannst du sie irgendwie  verstehen oder wie ist deine  Wahrnehmung bezüglich dieser  Dinge? Früher kam mir das sehr fremd vor.  Irgendwann habe ich einen  Fernseher ins Zimmer bekommen  (…). Ich habe angefangen, Romanzen  zu schauen, wohl wissend, dass  Hollywood nun wirklich kein Abbild  der Realität zeigt. Aber auch wenn  Dinge in Filmen überzogen sind,  steckt ja etwas dahinter. Was der  ganze Trubel um roman sche  Gefühle soll, habe ich trotzdem nie  verstanden. Sex‐Szenen in Filmen konnte ich mir  sehr lange nicht anschauen und  selbst bei Küssen habe ich mich  peinlich berührt gefühlt. Mi lerweile  geht das (…). Sexuelle Anziehung nachvollziehen  kann ich schon irgendwie,  roman sche nicht wirklich. Wenn  Paare andauernd aneinander kleben,  32 SchollZ finde ich das bis heute eigenar g. Ich  gehe in ein LGBT+ Jugendhaus und  habe dort einen Freund, der sich  ebenfalls als aroman sch und  asexuell iden fiziert. Wir haben eine  Zeit lang herumgefragt, wie andere  Menschen „Liebe“ definieren.  Herausgekommen sind sehr  verschiedene Antworten, aber  wirklich verstehen tun wir keine  davon. Hast du je an einer Pride Parade  teilgenommen? Ja, an vier! Und es ist toll. Zumindest  dann, wenn man mit guten Leuten da  ist. Mein erster CSD (Christopher  Street Day) war in Frankfurt am  Main, vor einem Jahr. Ein paar  Wochen später in Stu gart, dann  dieses Jahr in Mi elhessen und erst  kürzlich wieder in Frankfurt. Es ist  laut, es ist bunt und es herrscht eine  gute S mmung, egal ob man in der  Parade mitlau  oder als Besucher  dort ist. Ich bin nicht poli sch ak v,  finde es aber trotzdem schade, dass  die Pride Parades in Deutschland  wirklich mehr das sind. Eine Parade.  Und keine Demonstra on. Trotzdem  finde ich es wich g, Präsenz zu  zeigen. Ich habe auch eine Ace Pride  Fahne, die ich immer als Umhang  trage :) Hast du irgendwelche Lieblingsfilme  oder ‐bücher, die sich mit LGBTQ+  auseinandersetzen? Da Young Adult Novels nicht mein Fall  sind ‐ nein. Aber es gibt ein Buch  namens "Every Heart a Doorway", in  welchem Charaktere queer sein  sollen und auch einer sich explizit als  asexuell bezeichnet. Ansonsten fällt  mir kein Buch ein, das ich tatsächlich  gelesen habe und sich mit dem  Thema auseinandersetzt. Ich kriege  nur auf Blogs mit, dass da sehr viel  Bewegung ist und immer mehr  Bücher mit LGBT+ Charaktere  erscheinen ‐ und auch zunehmend  verfilmt werden. Übrigens. Es gibt queere  Filmfes vals! Zu solch einem möchte  ich irgendwann einmal hin. Hast du einen Wunsch an die  Gesellscha  im Umgang mit  LGBTQ+? Ich bin in einem vollkommen offenen  Umfeld aufgewachsen, was LGBT+  angeht. Umso erschrockener war ich,  als mir in einem queeren Jugendhaus  Menschen davon erzählt haben, sie  haben Angst davor, sich vor ihrer  Familie zu outen. Ein Junge mit  polnischen Wurzeln erzählte von  seiner sehr religiösen Mu er, von der  er schon weiß, dass sie es keinesfalls  gut auffassen würde, wenn  herauskäme, dass er schwul ist. (…) Ein anderer Junge, den ich vor  einem Jahr getroffen habe, wurde  von seinen Eltern nach dem Ou ng  ebenfalls rausgeschmissen. Er lebte  dann ein paar Wochen bei Freunden  und ist dann zu seinen katholischen  Großeltern nach Spanien gezogen,  hat dort sein Abi gemacht und  studiert jetzt wieder in Deutschland.  Seine Großeltern haben ihn mit  offenen Armen empfangen. Einen  Konflikt mit ihrer Religion sahen sie  nicht. Sie sind sogar aus der Kirche  ausgetreten, weil diese ihren Enkel  nicht unterstützt hat. Gläubig sind sie  natürlich nach wie vor. Mir wurden noch viele weitere  Geschehnisse erzählt. Ich verstehe,  dass manchmal der religiöse  Hintergrund und Überzeugungen, mit  denen man großgeworden ist,  schwer sein können, zu überwinden.  Wenn das eigene Kind sich outet, ist  es noch immer das eigene Kind, der  gleiche Mensch wie noch vor fünf  Minuten oder fünf, zehn Jahren. Ich  finde es sehr erschreckend, dass das  scheinbar in viel zu vielen Familien  schnell egal zu sein scheint. Natürlich gibt es genügend posi ve  Beispiele, gerade was das Thema  Akzeptanz in allen Genera onen  angeht. Ein Freund von mir hat sich  bei seinen Großeltern als Transident  geoutet. Die haben das absolut  posi v aufgenommen. An die  Pronomen und den neuen Namen  mussten sie sich natürlich erst einmal  gewöhnen, da brauchten seine Eltern  auch ein wenig. Heute findet er  Unterstützung in der ganzen Familie. Außerdem fände ich es sehr schön,  wenn weniger angenommen wird,  dass man heterosexuell ist. Warum  wird man gefragt, ob man einen  Freund oder eine Freundin habe,  ansta  einfach danach zu fragen, ob  man in einer Beziehung sei? Das  hieße nämlich auch, dass man in  keiner norma ven Beziehung sein  muss, um die Frage mit "ja"  beantworten zu können.