SchollZ 12/2018 Nr. 21 | Page 25

gerecht wird, auch wenn diese seit  Geburt so aussahen. Ein ähnliches Problem kommt bei den  Frauen auf, die nicht bluten, obwohl  sie eigentlich noch Jungfrau sind. Es  kann nämlich sein, dass ihr Häutchen  einfach dehnbarer ist als das anderer  Frauen oder dass ihr  Jungfernhäutchen vorher schon zuvor  in ihrer Jugend „gerissen“ ist, also  beschädigt wurde, was auch bei  Ak vitäten wie Gymnas k, Vol gieren  oder dergleichen passieren kann. In patriarchalischen Kulturen wie  diesen ist der Wert der Frau eng  gebunden an ihre Jungfräulichkeit;  ein soziales Konstrukt. Denn, verloren  hat sie nichts. Was ist der Unterschied  zwischen dem ersten Mal Sex haben  und dem ersten Mal Fahrradfahren?  Ins Kino gehen? Verreisen? Klar, es  steckt mehr Verantwortung mit  dahinter, gerade in Bezug auf  mögliche Folgen wie Schwangerscha   oder Geschlechtskrankheiten,  außerdem sollte die betroffene  Person sich unbedingt selbstständig  bereit dazu fühlen und sich nicht,  unter keinen Umständen, von  anderen dazu überreden lassen.  Aber abgesehen davon? Wieso sollte  die Jungfräulichkeit, egal ob das  Mädchen tatsächlich schon Sex ha e  oder nicht, egal wie ihr  Jungfernhäutchen ihr von der Natur  gegeben wurde oder nicht, darüber  entscheiden, wie viel Wert sie ist? Ob  sie „rein“ ist, oder „unrein“, „prüde“  oder „locker“, „respektabel“ oder  eine „Schlampe“? Es sollte absolut niemanden etwas  angehen, welche Entscheidungen  eine Frau hinsichtlich dessen trifft.  Die Stellung der Frau in der heu gen  Gesellscha , zumindest in den  Industriestaaten, sollte sich bisher  weit genug gewandelt haben, um  dem Mann gleichzustehen und von  solcherlei Trivialitäten‐ die nun  wirklich niemanden außer ihr etwas  angehen –nicht bes mmt werden. Es  liegt ganz bei jedem einzelnen  Individuum, ob überhaupt, wann, wo  und mit wem es sexuell ak v werden  möchte oder nicht. Auch, wenn die  heu ge Gesellscha  angesichts  dessen sicherlich schon auf dem Weg  der Besserung ist, ist noch längst  nicht alles perfekt. Das S gma,  welches unterschwellig diesem  Thema beiwohnt, ist noch immer  präsent. Und es wird Zeit, dass es  verschwindet. Weiteres zum Thema findet ihr hier: BBC Interview (Aria Ahmadzai, Camelia Sadeghzadeh, 2017)mit einer Frau, die einem Virginity‐Test unterzogen  wurde: h ps://www.bbc.com/news/world‐asia‐42112827 Amnesty Interna onal Ar kel (2011) über ägyp sche Zwangsjungfräulichkeitsuntersuchungen von weiblichen  Demonstran nnen: h ps://www.amnesty.de/2011/3/24/aegypten‐demonstran nnen‐zu‐jungfraeulichkeitstests‐gezwungen Zeit Online Ar kel (Nastaran Nawras, 2017) über afghanische, zwangsverheiratete Frauen und ihre  Jungfräulichkeit: h ps://www.zeit.de/gesellscha /2017‐10/jungfraeulichkeit‐afghanistan‐ehe‐tradi on‐fluechtlinge Ar kel der Süddeutschen Zeitung (Harald Hordych, 2016) über den Mythos der Jungfräulichkeit und blu ge  Be laken: h ps://www.sueddeutsche.de/leben/sexualitaet‐mythos‐jungfraeulichkeit‐heilige‐oder‐hure‐1.3165649 Jetzt Ar kel (Berit Dießelkämper, 2017) über künstliche Jungfernhäutchen: h ps://www.jetzt.de/koerperbilder/kuenstliches‐jungfernhaeutchen Internetseite, die künstliches Blut verkau , um Frauen Blutungen in der Hochzeitsnacht zu ermöglichen (Stand:  27.Juli 2018): h ps://www.virginia‐care.de/de/virginiacare‐blutkapseln‐12h‐2‐stueck.html Zeit Online Ar kel (Anita Blasberg, 2007) über die frühere Pubertät der heu gen Genera onen: h ps://www.zeit.de/2007/28/Beginnt_die_Reife_immer_frueher LGBTQ+- What?! 25