SAC Sommer 2020 PizTerri_Magazin_Sommer_2020_low | Page 21

Ins Tal des Lichtes in einem Akkord. Diese spontane Aktion erfasste uns mit würdigem Erstaunen und im Schutz der angerufenen Götter setzten wir die Reise fort. Auf dem Dach eines Hauses wurde Korn gedro- schen, am Fluss wusch eine junge Hausfrau Wäsche im eiskalten Wasser, eine alte Frau trug Yakmist im gefüllten Rückentragkorb, Kinder schleppten Säcke mit undefiniertem Inhalt auf dem Heimweg und einheimische Leute gingen auf dem Weg zu Fuss oder zu Pferd und jedes Mal er- tönte ein «Namasté». Ihr Lächeln bezeugte die in- nerliche friedliche Haltung der Leute. Wieder sind wir zwei Tage in den hohen Tälern des Himalajas zu Fuss unterwegs. Die Überque- rung des höchsten Punktes unserer Reise, des Neng La (5390 m ü. M.), führte uns ins Tal von Saldang. Es ist das Tal der Stupas, Chorten und Klöster. Ein belebtes, lichtdurchflutetes Tal. Wir durchwanderten es in zwei Tagesmärschen und begegneten wiederum zahlreichen Bewohnern. Fünf Mönche setzten sich – auf unsere Bitte – auf ihre Plätze im grossen Kloster und beteten ge- meinsam laute Sutren in unserer Anwesenheit. Um diese Gebete wirken und verbreiten zu lassen, er- tönten am Schluss Pauke, Glöckchen und Hörner Zwei Tage später haben wir den Pass Jyanta La hinter uns gelassen und wanderten ins Tal von Dho Tarap. Auf der Passhöhe auf 5200 Metern wurden wir von den Gipfeln des Dhaulagiri begrüsst. Mächtig glänzten die Achttausender in der Sonne. Zum Anfassen nah und doch so weit entfernt machten die vom ewigen Schnee bedeck- ten Spitzen auf uns einen bleibenden Eindruck. Die kahlen Stellen der Hochebene waren mit kleinen Steinen bedeckt. Es war nicht zu übersehen, dass der Fels einst unter dem Meeresspiegel lag. Die einsam ein neueres Gebäude. Es beinhaltete ei- ne Käserei. Der Käser bereitete die letzten Laibe für den Transport zur Hauptstadt vor. Die Lebens- mittel aus Yakmilch sind köstlich. Mit dem Label «Upper Dolpo» erzielen sie auf dem Markt gute Preise. Die Sanitätsstation, die Schule und die Kä- serei sind durch eine Stiftung aus Italien, Frank- reich und der Schweiz erstellt worden. Einheimi- sche Fachkräfte sind jetzt hier angestellt und für die Führung verantwortlich. Strahlende Achttausender Erosion brachte die versteinerten Tiere wieder zum Vorschein. Einige schöne Exemplare landeten in unseren Rucksäcken als Erinnerung. Auf dem lan- gen Marsch ins Tal sahen wir Herden von Blau- schafen, die Bharal oder Bleu Ship genannt. Oh- ne einen Flügelschlag glitt der Steinadler über uns vorbei und verschwand nach einer Minute ins Nichts. Die gleiche Strecke legten wir zu Fuss in einer Stunde zurück. In der ersten Ortschaft Tokyu standen wir vor ei- ner Reihe kleiner Stupas, die ein niedriges Klos- ter bewachten. Von der ersten Reise im Jahr 2017 wussten wir, dass dieses Gotteshaus der Familie des Dolpo Tulku Rinpoche, des Oberhaupts der Bon-Buddhisten, gehörte. Der Tulku steht als hoher Lama im Rang gleich hinter dem Dalai Lama und ist die Inkarnation von mehreren Vor- gängern. Die anwesende Schwägerin des hohen Lamas gab uns einen Beutel mit Teeblumen, um diesen seinem Schwager zu übergeben. Wir hatten beschlossen, dass wir Rinpoche in Chur anlässlich seines Vortrages dort besuchen wer- den, was dann zehn Tage nach unserer Rückkehr auch geschah. Die Schüler in Bhjier besuchen den Unterricht im Freien auf über 4000 Metern. 21