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Auf dem Höhenweg nach Bhjier. Der Bartgeier war unser Begleiter.
heit. Die steilen, schroffen Schluchten nahmen uns
ein. Auf- und Abstiege folgten und forderten un-
sere Kräfte vom ersten Tag an. Raben und Krähen
begrüssten uns mit ihren rauen Stimmen. Lautlos
schweiften die ersten Bartgeier und der Weiss-
kopfadler über uns hinweg. Unsere Karawane um-
fasste die fünfzehn Helfer und Träger, 25 Mulis,
ein Pferd und uns, die acht Reisenden aus der
Schweiz. Leider konnten zwei unserer Freunde die
Reise im letzten Moment infolge Krankheit nicht
antreten. Wir waren gefangen in den üppigen
Wäldern und Felswänden umgeben vom Duft der
trockenen, schwülen aber wohlriechenden Luft
der Natur. gab uns Gelegenheit, in die mystische Welt des
Buddhismus einzutauchen. Zahlreiche Chorten,
diese alleinstehenden Türme, waren Zeuge der
tiefen und ehrfürchtigen Verbundenheit der Be-
wohner mit der Religion des Bon-Buddhismus.
Die neuen Holzhäuser im Ort Ringmoo verrieten
einen gewissen Wohlstand, welcher die Touristen,
angezogen von dieser einmaligen Atmosphäre
von Felswänden, Wäldern und See, dem Ort
brachten. Wir brachen frühmorgens des dritten
Tages auf. Über fünf Stunden folgten wir dem
Pfad durch die Felswände den Ufern des Sees ent-
lang. Beim Aufstieg erreichten wir die 4000-Me-
ter-Marke und immer wieder schweiften unsere
Blicke zurück auf diese magische Kulisse. Am obe-
ren Teil des Sees gingen wir durch einen riesigen
Birkenwald. Die kahlen, knorrigen, silberfarbe-
nen Stämme der Bäume verrieten den bevorste-
henden Wintereinbruch. Die letzten Oktoberta-
ge waren angebrochen. Vor dem Verlassen des
Sees liess David, unser Guide, es sich nicht neh-
men, in dieses klare, kalte Wasser einzutauchen.
Nach wenigen Zügen und auf Bitten von Verena
«David, mer bruuchet de noo!» schwamm er
schluchzend wieder ans Ufer.
In vier Tagesmärschen bestiegen wir die Klippen
bis zum See. Die schäumende Kaskade seines
Ausflusses kündigte sein Erscheinen an. Ange-
kommen auf 3600 Metern über Meer, konnten
wir von der Schönheit dieser Landschaft nicht ge-
nug bekommen. Die glitzernde Luft, das tiefblaue
eisige Wasser des Phoksundosees, die weiten Ar-
venwälder, die den würzigen Harzgeruch verbrei-
teten, all dies lud zum Verweilen und Geniessen
ein. Der Besuch des Klosters am Rande des Sees
Rastplatz vor dem nächsten Pass, im Hintergrund die Berge Tibets.
Shey Gompa, ein Zentrum
der Bon-Buddhisten
Auf dem Weg zu unserem nächsten bedeutenden
Ziel stand die Überquerung des hohen Passes Nag-
dalo La (5366 m ü. M.) an, welchen wir vom
Nachtlager aus in drei Stunden bestiegen. Die kal-
te Luft zwang uns nach einigen Klicks der Kame-
ras und einer herzhaften Umarmung zum Abstieg.
Shey Gompa, diese Gegend hat nicht nur Ge-
schichte, sie ist wahrhaftig in einem magischen
Kraftzentrum gelegen. Die Vereinigung zweier
Flüsse und ihr Weiterlauf geben dem weiten Tal
das sternförmige Aussehen. Mit gebührendem Ab-
stand zum Kloster am Südhang sahen wir unsere
gelben Zelte. Noch fehlte uns eine halbe Stunde
Marsch bis dorthin und schon kam uns Pirti Baha-
dur mit der Teekanne entgegen und reichte uns
die willkommene Stärkung für die letzten Anstren-
gungen der Tagesreise. Shey ist für die Buddhis-
ten des Dolpo ein heiliger Ort. Das Kloster im An-
gesicht des Kristallberges ist Zentrum für die Pilger,
die diesen heiligen Kristallberg umrunden. Der
Berg hat diesen Status erlangt, weil von seiner
Spitze aus der heiligste Berg Kailash in Tibet zu
sehen ist. Alle zwölf Jahre versammeln sich die
Ohne Weg und Pfad und über einen gefrorenen Bach.
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