's Dorfblattl Haiming - Digitalausgabe Dorfblattl Haiming Winter 2018 - 01/18 | Page 22

Wie alles begann
Chronik
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Wie alles begann

Tourismus in Ochsengarten

Ochsengarten, einst ein Inbegriff ländlicher Abgeschiedenheit, erlebte in den letzten Jahrzehnten einen beeindruckenden Aufschwung. Aus dem kargen Bergbauernweiler ist eine attraktive Freizeit- und Urlaubsdestination geworden. Hier finden Erholungssuchende- im Sommer wie im Winter – was das Herz erfreut: Familienfreundliche Atmosphäre, komfortable Unterkünfte, individuelle Betreuung, ein attraktives Wander- und Skigebiet. Weitere Trümpfe im großen Wettbewerbspoker sind: Bequem zu erreichen, gesunde Höhenlage, fern von Lärm, Stress und Hektik, zwei Skigebiete – ein Skipass, moderne Lifte und Bahnen, Schipisten von leicht bis schwer, mit dem Pistengütesiegel geadelt. Dieser Erfolg stellte sich natürlich nicht von selbst ein; er hat zweifelsfrei viele Väter( natürlich auch Mütter) und hat eine lange Geschichte. Zunächst ist einmal in Erinnerung zu rufen, dass die Leute „ am Barg“ und in Ochsengarten immer schon sehr gastfreundlich waren, teils aus Gutherzigkeit, teils aus Neugierde. Die Haustüren waren nie versperrt und so kam es immer wieder vor, dass Fremde auf der Ofenbank einen nächtlichen Rastplatz fanden. Mit einem „ Ah!“ oder „ Eh!“ war die Sachlage am nächsten Morgen zumeist schon rasch abgeklärt. Walzende Handwerksburschen bzw. Wanderer, die in Stuben und in Heustädeln Unterschlupf fanden, durften auch darauf hoffen, dass ihnen die Bäuerin beim Verlassen des Hofes eine einfache Wegzehrung in die Tasche bzw. in den „ Schnarfer“( Rucksack) steckt. Eine besondere Rolle spielte der Gedanke der Gastfreundschaft natürlich im Ochsengartner Widum. Aus dem 19. Jahrhundert sind uns mehrere Berichte einer vorbildlichen Betreuung von Wanderern überliefert. Das Haus „ Zum Guten Hirten“ wurde 1778- 1783 mit großzügiger Unterstützung des Brixner Fürstbischofs und des Stamser Abtes errichtet; das Widum war bis zum Jahre 1938 auch mit dem Bestand eines Wirtsbetriebes verbunden, der von den jeweiligen „ Geistlign Hearrn“ ausgeübt wurde. Die ersten Schitouristen durchwanderten am 12. April 1909 Ochsengarten. Der Leiter dieser 30-köpfigen Gruppe, Herr Wilhelm Rickmers-Rickmers, notierte in sein Tagebuch: „ Beim Kuraten in Ochsengarten Frühstück mit Musik und Tanz.“ Anzumerken ist dem noch: Die freundlich gewährte Rast beim Kuraten fand auch in den nachfolgenden Jahren in mehreren Presseberichten ein gutes Presse-Echo.

Übrigens: Bereits 1909 hatte man das Touristik-Potential der Feldringer Böden erkannt. Im Dezember wurde über die Tiroler Zeitungen und über die Österreichische Alpenpost verlautbart: „ In Marlstein im Ochsengartentale wird auch ein Weg für Schisport auf die Feldringer Alm offengehalten, wo ein aussichtsreiches, geeignetes Schigebiet vorhanden ist. Man kann von dort nach Silz oder Stams bequem abfahren.“ Am 17. Dezember 1910 war aus der Land-Zeitung bereits zu erfahren: „ Der Platzkauf des Schilehrers Kress aus München in der Alpe Feldringen oberhalb Marlstein im Ochsengartentale ist nun abgeschlossen und soll im kommenden Frühjahr mit dem Bau eines Blockhauses, für Wintersport und auch zur Sommerfrische benützbar, angefangen werden“. Dieses Projekt kam nicht zum Tragen; dafür setzte Alois Neurauter( 1867-1945), Bauer und Gastwirt auf Marlstein, eine nachhaltige Initiative. 1910 erweiterte er seinen Hof um einige Gästezimmer, in die dann, zu allen Jahreszeiten, von treuen Gästen meist schon bei der Abreise für den nächsten Aufenthalt gebucht wurde. 1910 forderte der Oetzer Postmeister und Gastwirt Johann Tobias Haid in einem Antrag an die
Alois Plattner war von 1909 bis 1920 Pfarrer in Ochsengarten; er stammte aus Wenns(* 1875), wirkte als Kooperator in Berwang, Oetz und Silz, war auch Pfarrer in Vinanders und verbrachte seinen Ruhestand in Gries a. B., wo er am 5. März 1954 selig im Herrn verschied.
Landesregierung, dass abgelegene Fraktionen wie Ochsengarten, Köfels, Gurgl und Vent verkehrsmäßig erschlossen werden. 1933 / 34 wurde ein Weg( für Karren und Schlitten) nach Ochsengarten errichtet, an dieser Baustelle waren damals an die 80 Arbeiter beschäftigt. Ab 1946 wurde am Ausbau des Güterweges „ mit Hochdruck“ weitergearbeitet. Bereits ab Weihnachten war ein täglicher Schlittenverkehr eingerichtet werden. Die Ankunft des ersten Autos wurde im November 1949 gefeiert; im Auto saß der Präsident der Tiroler Landwirtschaftskammer Altlandesrat Josef Muigg.( Text und Fotos: Johann Zauner)
Die Einkehr zum „ Guten Hirten“- Gasthaus und Widum zugleich- im Winter 1927
Seite 22 Winter 2018