´s Dorfblattl Haiming
Lebensbild - Engelbert Frischmann
Reisen, Musik und Gipfelsiege
V
iele Haimingerinnen und
Haiminger haben sich über
fast 50 Jahre Busfahrer Engelbert
Frischmann anvertraut, wenn sie
ein öffentliches Verkehrsmittel
brauchten oder Ausflüge und Ur-
laub machten. Vor kurzem feierte
er seinen 80er und wir blicken
mit ihm zurück auf sein Leben.
1964 wechselte Engelbert zur
Ötztaler Verkehrsgesellschaft,
kurz ÖVG. Er wohnte in Zwiesel-
stein und fuhr im Winter mit Lini-
enbussen. „Für die Strecke Inns-
bruck – Obergurgl brauchte man
viereinhalb Stunden“ erzählt er
„und alle wichtigen Dörfer mit
Hotels wurden angefahren.“
Am 1. Mai 1969 bediente er mit
einem Linienbus erstmals das
Dorf Haiming, bis dahin mussten
Fahrgäste an der Bundesstraße
ein- und aussteigen. „Die Busver-
bindung war wichtig für Fahrten
zum Doktor, zum Gericht und an
allerlei Orte“ weiß Engelbert, „es
gab noch kaum Privatautos.“
Der Tourismus war damals im
Engelbert Frischmann erstieg 2017 als sportlicher 80jähriger unter anderem
die Silberspitze bei Zams.
Sommer stärker ausgeprägt,
viele Gäste kamen aus Deutsch-
land vor allem nach Oetz. Wan-
dergäste blieben für 14 Tage
und fuhren gerne für einen Ta-
gesausflug nach Südtirol, oder
Venedig. „Ende der 70er war Ve-
nedig an einem Tag der große
Renner“ weiß Engl, man fuhr mit
zwei bis drei Bussen parallel, um
die Nachfrage zu decken. Klima-
anlagen gab es kaum und der
kühlste Platz für die Ruhezeit am
Zielort war der Kofferraum. Bei
den Südtirol-Fahrten besichtige
man natürlich Weinkellereien
und nicht nur einmal wurde auf
der Heimfahrt im Bus begeistert
getanzt. „Wir Busfahrer fuhren
viele Stunden am Stück, es gab
noch keine Vorschriften, aber
es war wegen des geringen Ver-
kehrsaufkommens viel einfacher
und ungefährlicher zu fahren“,
spricht er die Veränderungen
an. Kleine technische Probleme
konnte er mit handwerklichem
Geschick selbst beheben, denn
die Fahrzeuge waren noch nicht
so elektronisch aufgepeppt wie
heute.
Dann folgten parallel eigene
Ausschreibungen für die einhei-
mischen Reiselustigen. Busfahrer
Engelbert Frischmann, Reiselei-
ter Herbert Rangger und der
geistliche Begleiter Alt-Dekan
Josef Tiefenthaler waren das
Team für dieses Reiseangebot.
Die erste Wallfahrt 1996 zur Selig-
sprechung Otto Neururers nach
Rom begeisterte die Reiseteil-
nehmer, davon viele aus unserer
Gemeinde, rundweg, sodass eine
Tradition für diese Fahrten „mit
den drei Herren“ entstand. Von
Assisi bis Dresden war alles dabei
und Engelbert wurde als erfah-
rener und besonnener Busfahrer
geschätzt. „Es war alles gut und
ich hab viel Schönes erlebt“ so
das Resümee. „Dennoch gab ich
2013 den Schlüssel zwar dankbar,
aber auch sehr gerne ab. Bei den
heutigen Verkehrsverhältnissen
und der überzogenen Bustech-
nik würde ich nicht mehr fahren
wollen.
In seiner Zeit im Innerötztal
lernte Engelbert seine Frau Julie
kennen, die aus Matrei am Bren-
ner stammt und im Ötztal auf
Saison war. 1966 heiratete das
Paar und lebte in Zwieselstein.
Die Kinder Michael, Angelika
und Petra kamen zur Welt, die
Familie kaufte 1971 ein Haus
Ein weiterer wichtiger Bereich
im Leben des 80jährigen ist die
Musik. In eine sehr musikalische
Familie hinein geboren, lernte er
als Bua, Flügelhorn zu spielen.
In Ötztal-Bahnhof trat er 1989
der Musikkapelle bei und ist
seitdem mit Begeisterung da-
bei. Die Kameradschaft ist ihm
wichtig, die Musikkapelle sieht er
als wertvollen Teil des Dorf- und
Pfarrlebens. Engelbert ist auch in
der Bläsergruppe, die zusätzlich
kirchliche Feiern im kleinen Rah-
men musikalisch gestaltet.
Heute geht der Pensionist die
Dinge ruhig an und ist dennoch
aktiv. Noch immer gehören Berg-
touren, Rodelpartien und Wan-
derungen zum großen Genuss
für ihn und seine Frau. Aber auch
die Kartner-Runde zum Jassen
oder der regelmäßige Früh-
schoppen mit den Männern
sind nicht wegzudenken. „Weg-
fahren mag ich nimmer“, sagt er
lachend, „jetzt ist die Zeit, den
Lebensabend hier daheim zu
genießen.“ Das ist dem rüstigen
Pensionisten jedenfalls zu wün-
schen.
(Text: chris; Fotos: privat)
Das „Drei-Herren-Reiseleitungs-Team“ v. l.: Herbert Rangger, Engelbert
Frischmann und Altdekan Josef Tiefenthaler
Winter 2018
Seite 13
Der im Jahr 1937 geborene En-
gelbert wuchs sehr naturverbun-
den auf einem Bauernhof in Im-
sterberg auf. Er half schon als Bua
beim Mähen der steilen Wiesen
oder beim Hüten des Almviehs
auf der Venetalm und das tat
er gern. Das Heu trug man auf
dem Buckel zum Hof und mit den
sechs Geschwistern ging er auf
die umliegenden Berge. Nach
der Schule macht er eine Lehre
als Automechaniker in Umhau-
sen, neben dem VW-Käfer waren
es viele LKW und Busse, die in
die Werkstatt gebracht wurden.
So wundert es kaum, dass er
nach dem Bundesheer 1958 als
LKW-Fahrer in Sölden begann.
Er lieferte Kohlen und Baumate-
rial oder befreite Straßen vom
Schnee. Bald wechselte er nach
Obergurgl und erinnert sich
daran, dass 1960 mitten in die
freie Landschaft hinein die zwei
ersten Hotels von Hochgurgl
gebaut wurden, dem folgte die
Erschließung des Schigebietes.
und zog nach Ötztal Bahnhof.
Dass Tochter Petra aufgrund ei-
ner schweren Erkrankung jung
verstorben ist, war ein schwerer
Schicksalsschlag. Jetzt gibt es
drei Enkelkinder aus Südtirol und
der Leutasch, die bei Besuchen
reichlich Leben ins Haus bringen.