's Dorfblattl Haiming - Digitalausgabe Dorfblattl Haiming Sommer 2018 - 03/18 | Page 14

´s Dorfblattl Haiming Der Kultur auf der Spur: Die Geschichte unserer Gemeinde Erinnerungen an vier Künstler fåckisch …? D as Eigenschaftswort få- ckisch wird heutzutage nur mehr einschlägigen Witzen zugeordnet – und das wohl auch nur mehr von auf besondere Korrektheit bedachten Leuten. Vor 90 Jahren war dieses Wort in der Diskussion um den Bau der ersten Schwimmbäder noch in aller Munde. - Worum ging es? Auf Betreiben des 1928 ge- gründeten Verkehrs- und Ver- schönerungsvereins hegten die Haiminger Gastwirte, den Beispielen von Telfs, Mötz und Oetz folgend, die Hoffnung, durch den Bau eines Schwimm- bades den Tourismus anzukur- beln. Dank der Initiative von Karl Perwög wurde dieser Plan 1929 realisiert und stieß dann aber vonseiten katholischer Vereine auf massiven Widerstand. So verabschiedeten im Mai 1930 rund 800 Teilnehmer der Män- nerwallfahrt zum Locherboden eine Resolution, mit der sie ihrer Empörung über die Verletzung der Sittlichkeit durch „Gemein- schaftsbäder“ Nachdruck ver- liehen. Das gemeinsame Baden von Männern, Frauen und Kindern wurde als Anleitung zur Todsün- de eingestuft und „Familienbä- der“ als „Fåckerei“ denunziert. Die strengen Sittenwächter for- derten von allen Mandataren Mut und Entschiedenheit in der Bekämpfung „dieses sittlichen Übels“. Für die Betreiber der Schwimm- bäder erwuchsen daraus große Probleme; der Ertrag blieb hin- ter den Erwartungen zurück. Es nützte auch nicht, in Erinnerung zu rufen, dass bereits Pfarrer Schlatter geklagt habe: „Wenn mar decht an Plåtz hattn, wo die Leit ounständig bådn kanntn!“ – Das hatte der beliebte Seelsor- ger bereits um die Jahrhundert- wende vorgebracht, weil ...“da- mals schon in Haiming Buabm und Madlen unbeaufsichtigt in Kroutenlackn schwåderten …“ (Text: Johann Zauner) Seite 14 D er ehemalige Ortschronist Karl Hofer hat sich in sei- nen Nachforschungen inten- siv mit den Lebens- und Wir- kungsstationen der Haiminger Künstler Anton und Andreas Schweigl, Jakob Auer und An- dreas Etschmann auseinander- gesetzt. Ich möchte nun hier in kurzen Rückblenden an die Arbeiten dieser bedeutenden Haiminger erinnern. Anton Schweigl Bildhauer, geboren am 14.8.1700 in Haiming als Sohn der Bauers- leute Salomon Schweigl und Ursula geb. Stigger. Er erlernte in Imst das Bildhauerhandwerk, ging auf Wanderfahrt und suchte 1728 in Brünn um Auf- nahme als Meister in der Zunft der Bildhauer an. Sein großes Können bewies er mit der Schaf- fung der Dreifaltigkeitssäule am Brünner Marktplatz. Er schuf hauptsächlich Heiligenfiguren für verschiedene Brünner Kir- chen und für die in der Nähe lie- gende Wallfahrtskirche Kiridein. Anton Schweigl heiratete am 22.2.1729 die Anna Maria Barba- ra Stättner von der Schwaben- gasse in Brünn und hatte mit ihr 15 Kinder. Sein Sohn Andreas übertraf den Vater in seinem künstlerischen Wirken. Anton starb am 24.4.1761 in Brünn. Wiener Künstlers Schletterer in die Wiener Akademie ein und wurde schon vorher von Johann Etkens zeichnerisch gebildet. Durch Schletterer trat Schweigl in künstlerische Beziehung zur blühenden Schule Stanettis in Wien, dort kam er auch in den Einflusskreis von Georg Rafael Donner. Als 1762 die stattliche gotische Altbrünner Kirche „Mariae Himmelfahrt“ baro- ckisiert wurde, baute Andreas den kunstvollen Hochaltar. Die Altäre zahlreicher Kirchen in Mähren und in Schlesien stam- men aus seiner Künstlerhand. Als er nach Brünn zurück kehrte, baute er für junge Maler und Bildhauer eine eigene Hausa- kademie auf. Als anerkannter Künstler starb er am 23. März Hl. Dreifaltigkeit mit sieben Engeln über dem Alt-Brünner Hochaltar von Andreas Schweigl. 1812 in Brünn. Jakob Auer Bildschnitzer, geboren um 1645 als Sohn des Hans Auer Dreifaltigkeitssäule am Brünner Marktplatz, errichtet 1729 von Anton Schweigl. Andreas Schweigl Bildhauer, geboren am 30.11.1735 in Brünn. Andreas trat als Schüler des bekannten und der Christine geb. Götsch am Höpperg. Er lernte bei Mi- chael Lechleitner in Grins. 1672 heiratete er Rosina Lechleitner, Tochter seines Meisters. Arbei- ten in Lambach (Portalplastik) und an der Dreifaltigkeitssäule am Graben in Wien. Zwischen 1695 und 1706 für das Stift St. Florian tätig. Schuf drei Altäre in Grins, zugeschriebene Werke in Zwieselstein, Längenfeld, Fließ, Stanz, Quadratsch und Ischgl. Signierte und datierte Elfen- beingruppe „Sieg der Engel über die Teufel“ im Bayerischen Nationalmuseum. Jakob Auer starb am 7. Mai 1706 in Grins. Andreas Etschmann Bildhauer, geboren zwischen 1662 und 1664 in Haiming als Sohn des Mesners Jakob Etsch- mann und der Anna geb. Gra- maiserin. Lernte bei Jakob Auer in Grins mit Ignaz Waibel, der 1683 nach Buxheim ins Oberall- gäu zog, um dort im Kartäuser- kloster das Chorgestühl zu ge- stalten. Etschmann folgte ihm 1687 nach Buxheim und arbei- tete mit ihm am Chorgestühl. 1690 ging er nach Rot an der Rot, arbeitete dort am Chorge- stühl und an der Sakristei. 1695 – in der Zeit seines größten künstlerischen Wirkens – zieht er nach Marchtal, wo er Chor- gestühl und Sakristei vollendet. Etschmann starb am 2. Juli 1708. Chorgestühl in Rot an der Rot, geschaffen von Andreas Etschmann 1690-1695. Pieta in der Totenkapelle von Ischgl, von Jakob Auer um 1700. Sommer 2018 (Text und Fotos: Manfred Weg- leiter, Karl Hofer)