´s Dorfblattl Haiming
Der Kultur auf der Spur:
Die Geschichte unserer Gemeinde
Erinnerungen an vier Künstler
fåckisch …?
D
as Eigenschaftswort få-
ckisch wird heutzutage
nur mehr einschlägigen Witzen
zugeordnet – und das wohl auch
nur mehr von auf besondere
Korrektheit bedachten Leuten.
Vor 90 Jahren war dieses Wort in
der Diskussion um den Bau der
ersten Schwimmbäder noch in
aller Munde. - Worum ging es?
Auf Betreiben des 1928 ge-
gründeten Verkehrs- und Ver-
schönerungsvereins hegten
die Haiminger Gastwirte, den
Beispielen von Telfs, Mötz und
Oetz folgend, die Hoffnung,
durch den Bau eines Schwimm-
bades den Tourismus anzukur-
beln. Dank der Initiative von Karl
Perwög wurde dieser Plan 1929
realisiert und stieß dann aber
vonseiten katholischer Vereine
auf massiven Widerstand. So
verabschiedeten im Mai 1930
rund 800 Teilnehmer der Män-
nerwallfahrt zum Locherboden
eine Resolution, mit der sie ihrer
Empörung über die Verletzung
der Sittlichkeit durch „Gemein-
schaftsbäder“ Nachdruck ver-
liehen.
Das gemeinsame Baden von
Männern, Frauen und Kindern
wurde als Anleitung zur Todsün-
de eingestuft und „Familienbä-
der“ als „Fåckerei“ denunziert.
Die strengen Sittenwächter for-
derten von allen Mandataren
Mut und Entschiedenheit in der
Bekämpfung „dieses sittlichen
Übels“.
Für die Betreiber der Schwimm-
bäder erwuchsen daraus große
Probleme; der Ertrag blieb hin-
ter den Erwartungen zurück. Es
nützte auch nicht, in Erinnerung
zu rufen, dass bereits Pfarrer
Schlatter geklagt habe: „Wenn
mar decht an Plåtz hattn, wo die
Leit ounständig bådn kanntn!“
– Das hatte der beliebte Seelsor-
ger bereits um die Jahrhundert-
wende vorgebracht, weil ...“da-
mals schon in Haiming Buabm
und Madlen unbeaufsichtigt in
Kroutenlackn schwåderten …“
(Text: Johann Zauner)
Seite 14
D
er ehemalige Ortschronist
Karl Hofer hat sich in sei-
nen Nachforschungen inten-
siv mit den Lebens- und Wir-
kungsstationen der Haiminger
Künstler Anton und Andreas
Schweigl, Jakob Auer und An-
dreas Etschmann auseinander-
gesetzt. Ich möchte nun hier
in kurzen Rückblenden an die
Arbeiten dieser bedeutenden
Haiminger erinnern.
Anton Schweigl
Bildhauer, geboren am 14.8.1700
in Haiming als Sohn der Bauers-
leute Salomon Schweigl und
Ursula geb. Stigger. Er erlernte
in Imst das Bildhauerhandwerk,
ging auf Wanderfahrt und
suchte 1728 in Brünn um Auf-
nahme als Meister in der Zunft
der Bildhauer an. Sein großes
Können bewies er mit der Schaf-
fung der Dreifaltigkeitssäule am
Brünner Marktplatz. Er schuf
hauptsächlich Heiligenfiguren
für verschiedene Brünner Kir-
chen und für die in der Nähe lie-
gende Wallfahrtskirche Kiridein.
Anton Schweigl heiratete am
22.2.1729 die Anna Maria Barba-
ra Stättner von der Schwaben-
gasse in Brünn und hatte mit ihr
15 Kinder. Sein Sohn Andreas
übertraf den Vater in seinem
künstlerischen Wirken. Anton
starb am 24.4.1761 in Brünn.
Wiener Künstlers Schletterer in
die Wiener Akademie ein und
wurde schon vorher von Johann
Etkens zeichnerisch gebildet.
Durch Schletterer trat Schweigl
in künstlerische Beziehung zur
blühenden Schule Stanettis in
Wien, dort kam er auch in den
Einflusskreis von Georg Rafael
Donner. Als 1762 die stattliche
gotische Altbrünner Kirche
„Mariae Himmelfahrt“ baro-
ckisiert wurde, baute Andreas
den kunstvollen Hochaltar. Die
Altäre zahlreicher Kirchen in
Mähren und in Schlesien stam-
men aus seiner Künstlerhand.
Als er nach Brünn zurück kehrte,
baute er für junge Maler und
Bildhauer eine eigene Hausa-
kademie auf. Als anerkannter
Künstler starb er am 23. März
Hl. Dreifaltigkeit mit sieben Engeln
über dem Alt-Brünner Hochaltar von
Andreas Schweigl.
1812 in Brünn.
Jakob Auer
Bildschnitzer, geboren um
1645 als Sohn des Hans Auer
Dreifaltigkeitssäule am Brünner
Marktplatz, errichtet 1729 von Anton
Schweigl.
Andreas Schweigl
Bildhauer, geboren am
30.11.1735 in Brünn. Andreas
trat als Schüler des bekannten
und der Christine geb. Götsch
am Höpperg. Er lernte bei Mi-
chael Lechleitner in Grins. 1672
heiratete er Rosina Lechleitner,
Tochter seines Meisters. Arbei-
ten in Lambach (Portalplastik)
und an der Dreifaltigkeitssäule
am Graben in Wien. Zwischen
1695 und 1706 für das Stift St.
Florian tätig. Schuf drei Altäre in
Grins, zugeschriebene Werke in
Zwieselstein, Längenfeld, Fließ,
Stanz, Quadratsch und Ischgl.
Signierte und datierte Elfen-
beingruppe „Sieg der Engel
über die Teufel“ im Bayerischen
Nationalmuseum. Jakob Auer
starb am 7. Mai 1706 in Grins.
Andreas Etschmann
Bildhauer, geboren zwischen
1662 und 1664 in Haiming als
Sohn des Mesners Jakob Etsch-
mann und der Anna geb. Gra-
maiserin. Lernte bei Jakob Auer
in Grins mit Ignaz Waibel, der
1683 nach Buxheim ins Oberall-
gäu zog, um dort im Kartäuser-
kloster das Chorgestühl zu ge-
stalten. Etschmann folgte ihm
1687 nach Buxheim und arbei-
tete mit ihm am Chorgestühl.
1690 ging er nach Rot an der
Rot, arbeitete dort am Chorge-
stühl und an der Sakristei. 1695
– in der Zeit seines größten
künstlerischen Wirkens – zieht
er nach Marchtal, wo er Chor-
gestühl und Sakristei vollendet.
Etschmann starb am 2. Juli 1708.
Chorgestühl in Rot an der Rot,
geschaffen von Andreas Etschmann
1690-1695.
Pieta in der Totenkapelle von Ischgl,
von Jakob Auer um 1700.
Sommer 2018
(Text und Fotos: Manfred Weg-
leiter, Karl Hofer)