´s Dorfblattl Haiming
Aus der Geschichte
Großbrand in Haiming vor 120 Jahren
ie Feuersbrunst vom 3. Juli
1897 geht als eines der dun-
kelsten Kapitel in die Geschich-
te unserer Gemeinde ein. An
diesem Samstag vor 120 Jahren
brannte das Haiminger Dorf na-
hezu zur Gänze nieder. 67 Häu-
ser fielen dem Feuer zum Opfer,
auch ein Menschenleben war zu
beklagen. Bald setzte eine große
Welle von Hilfsbereitschaft ein
und mit unvorstellbarer Energie,
Zuversicht und mit starkem Wil-
len gingen die Haiminger daran,
ihr Dorf neu aufzubauen.
Gegen drei Uhr morgens er-
wachte der Bauer Karl Hocheg-
ger durch einen Feuerschein, der
seine Schlafkammer erhellte. Er
sprang zum Fenster und sah
eine Flammensäule, die sich an
der nordwestlichen Ecke des ge-
genüberliegenden Stadels des
Alois Nagele, Hausnummer 56,
durch das Dach erhob. Hocheg-
ger schlug sofort Alarm, doch die
herbeigeeilten Leute waren nicht
mehr in der Lage, dem Feuer Ein-
halt zu gebieten, da der Wind die
Flammen nährte. Bald stand das
ganze Unterdorf in Flammen,
zum Unglück wechselte der Wind
und trug die Feuerfunken wie-
der aufwärts. Mit einer rasenden
Geschwindigkeit griff das Feuer
um sich und innerhalb von drei
Stunden stand der größte Teil des
Dorfes in Flammen. Der Mühl-
bach war zum Zwecke der Bewäs-
serung abgekehrt und es dauerte
eine Weile bis dessen Wasser zur
Verfügung stand. Widum und
Mesnerhaus wurden auch ein
Raub der Flammen, das Schul-
haus konnte mit Mühe gerettet
werden. Verschont blieben die
Kirche und der westliche Teil des
Dorfes, dort wo der Gasthof Ster-
zinger steht. Vom eigentlichen
Dorf Haiming blieben insgesamt
15 Häuser verschont. Der Brand
forderte auch ein Menschenle-
ben: Die 52-jährige, taubstumme
Helene Stigger, verbrannte in ih-
rer Küche. Ein irdenes Schüssel-
chen, das in der Totenkapelle in
einer Kiste zu sehen war, barg die
Überreste der Armen.
Außer der Ortsfeuerwehr ka-
men den Haimingern auch die
Feuerwehren von Silz, Oetz,
Sautens, Karres, Imst, Karrösten,
Mötz, Stams, Rietz und Oberh-
ofen zu Hilfe. Die Löscharbeit
gestaltete sich durch den Man-
gel an Wasser, durch den Wind
und die ungeheure Trockenheit
der Objekte, sowie durch die
Menge des erst eingebrachten
Heues sehr schwierig. Die Ret-
tungsmaßnahmen wurden von
Bezirkshauptmann Daum koor-
diniert. Die 10. und 11. Landes-
schützenkompanie von Imst hielt
am Samstag und Sonntag den
Wachdienst. Ebenso waren drei
Gendarmen von Silz, zwei von
Telfs und je einer von Nassereith
und Imst anwesend. Aus der nä-
heren und weiteren Umgebung
erschienen eine große Menge an
Neugierigen, so dass abends an
der Haltestelle für einzelne Sta-
tionen keine Fahrkarten mehr
vorhanden waren. In der Nacht
zum Sonntag übernachteten
die meisten Abbrändler im Frei-
en, am nächsten Tag haben sie
in der Steigge, Magerbach, Silz
und Roppen bei Freunden und
Bekannten Zuflucht gesucht. Der
geschätzte Schaden betrug über
173.000 Gulden.
Sofort wurde ein Hilfskomitee
unter Leitung von Gemeinde-
vorsteher Alois Zoller, Schmie-
demeister Johann Schilcher, Ko-
operator Joel Eberhart, Pfarrer
Anton Senn, den Gemeinderäten
Josef Haid und Eduard Köttner
sowie Alois Raffl gebildet. Nun
folgte eine Welle unvorstellbarer
Hilfsbereitschaft. Gemeinden,
Vereine und Privatpersonen aus
dem ganzen Land unterstützten
die armen Abbrändler mit Geld,
Sachleistungen, Arbeitsdiensten
und organisierten Bälle, deren
Reinerlös für die Haiminger zur
Verfügung gestellt wurde. Be-
reits am 10. Juni 1898 konnte das
Hilfskomitee unter Vorsteher
Alois Zoller seine Tätigkeit ein-
stellen und in den Innsbrucker
Nachrichten vom 15. Juni eine
Danksagung schalten. Haiming
war durch den Mut und Fleiß der
Abbrändler und die großartige
Hilfe von außen auferstanden.
Schon bald konnte man die Ur-
sache des Brandes eruieren, es
handelte sich um Brandstiftung.
Daria P., 34 Jahre alt, hatte, von ih-
rem Vater Josef P. (71) angestiftet,
schon am 11. Oktober 1896 einen
Brand gelegt, damals fielen dem
Brand zwei Doppelhäuser zum
Opfer. Am 3. Juli 1897 legte sie
wiederum Feuer, das beinahe das
ganze Dorf in Asche legte. Das
Motiv war Rache an den Bewoh-
nern von Haiming, weil selbige
der Familie keinen Unterstand
geben wollten. Daria P. wurde zu
15 Jahren schweren Kerker und
ihr Vater Josef P. zu lebensläng-
lichem schweren Kerker verur-
teilt. Der Sohn Chrysanth P. wurde
ebenfalls wegen Brandstiftung
in einem vorhergehenden Fall
zu acht Jahren Kerker verurteilt.
Josef P. starb wenige Monate
nach der Tat in der Strafanstalt
Suben.(Text: Manfred Wegleiter;
Foto: Anton Raffl)
Das Haiminger Dorf liegt in Schutt und Asche. Die Katastrophe vom 3. Juli 1897 führte zu einer großen Welle von Hilfsbereitschaft.
Sommer 2017
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