´s Dorfblattl Haiming
Lebensbild Dagmar Mader
Beim Riesentorlauf 1964 am
Haimingerberg holte sich Dagmar
Raffl den 1. Platz.
D
as Dorfblattl stellt heute
eine langjährige Geschäfts-
frau aus Haiming vor, die durch
ihre Tätigkeit viel vom Dorfge-
schehen der letzten Jahrzehnte
miterlebt hat. Dagmar Mader
geb. Raffl kam 1943 im Hoamat-
haus der „Simeler-Wegleiter-Sip-
pe“ in der heutigen Dorfstraße
14 auf die Welt. Damals gab es im
Haus eine große Landwirtschaft
und eine Gemischtwarenhand-
lung, die ihre Urgroßeltern Simon
und Anna Wegleiter geb. Kuen
führten. Später übernahm das
deren Enkelin, also Dagmars Mut-
ter Karolina, während die Männer
in Kriegsgefangenschaft waren.
Mit vier Jahren zog Dagmar mit
dem vom Krieg zurück gekehrten
Vater Chrysanth Raffl und Mutter
Karolina in das väterliche Eltern-
haus in der Unteren Steigge. Ein
Bruder empfahl Dagmars Mut-
ter Karolina, aufgrund der neu
entstandenen Siedlung (heute
Tränkeweg) doch ein Geschäft
zu eröffnen. Im Jahre 1954 wur-
de in Kufstein die „Handelsver-
einigung Spar Tirol/Pinzgau“ ge-
gründet, Spar nahm bei dieser
Gründung rund 100 selbständige
Kaufleute mit an Bord. Eine von
ihnen war Karolina Raffl. Sie er-
öffnete 1954 ihr Spar Geschäft
am Tränkeweg, arbeitete selb-
ständig, wurde jedoch von Spar
beliefert und konnte in Bereichen
wie Wareneinkauf, Organisati-
on und Marketing auf die Han-
delsvereinigung zurückgreifen.
Die Warenlieferungen von Spar
mussten - heute kaum vorstell-
bar - von den Kaufleuten sofort
bar an den Lieferanten bezahlt
werden.
Die erste Kundschaft im Spar-
Geschäft der Karolina Raffl war
der dreijährige Zedlers Gerhard
(Leitner), der mit dem Rucksackl
und einer Einkaufsliste ins Ge-
schäft kam und – wie damals
üblich – den fälligen Geldbetrag
in ein Büchl schreiben ließ. Am
Monatsanfang bezahlten die
Kunden die Gesamtrechnung des
vergangenen Monats.
Das Geschäft lief gut, die Haus-
besitzer in der Siedlung hatten
fast ausnahmslos Feriengäste
aus Holland einquartiert, die
sich über das Spargeschäft ein-
deckten und die Lebensmittel
in den Küchen ihrer Vermieter
verarbeiteten. Privatvermie-
tung spielte sich damals in den
Wohnräumen der Hausbesitzer
ab. Ende der 60er Jahre brachte
der neue Campingplatz weitere
Kunden für Spar.
Schon im Hauptschulalter rich-
tete Dagmar in aller Früh im Ge-
schäft ihrer Mutter Wurstsem-
meln, die von den Fahrschülern
der Hauptschule um einen Schil-
ling vor Schulbeginn gekauft
wurden. Es konnte gut sein, dass
Dagmar zu spät zum Unterricht
kam, was Direktor Zobl, um ih-
ren Einsatz im Geschäft wissend,
nicht allzu streng zur Kenntnis
nahm.
Schon in dieser Zeit liebte Dag-
mar die Arbeit im Verkauf, den
persönlichen Kontakt zu den
Leuten und den Umgang mit den
Mitarbeitern. Während sie die
Handelsschule in Imst besuchte
verbrachte sie viele Nachmit-
tage im Laden der Mutter. Vater
Chrysanth Raffl hatte ein Säge-
werk und eine Landwirtschaft.
Manchmal war auch die Mithilfe
bei der Feldarbeit durch Dagmar
und deren Geschwister Hella und
Hermann gefragt.
Karolina Raffl erkrankte schwer,
ihre älteste Tochter Hella hatte
bereits Familie, so übernahm
Dagmar 1963 die gesamte Füh-
rung des Geschäftes mit Einkauf,
Verkauf und Buchhaltung, das ab
1970 ihrem Bruder Hermann ge-
hörte. Ihr Traumberuf hatte sich
verwirklicht. der Schweizer Firma Just auf
und schulte 50 Beraterinnen auf
ihre Verkaufstätigkeit ein. 1998
schloss Dagmar ihre aktive Be-
rufslaufbahn ab.
In den 60er Jahren wurde aus
dem klassischen Bedienungs-
geschäft ein „Selbstwahlladen“,
der Vorläufer des Selbstbedie-
nungsgeschäftes. Das Sortiment
von damals entlockt der pensi-
onierten Geschäftsfrau ein Lä-
cheln. Es gab fast alles, nämlich
Lebensmittel, Nägel, Gips, Gar-
tenwerkzeug, Nähzeug, Haus-
haltswaren, Kochgeschirr, Ziga-
retten, Schlecksachen, Schulzeug
und etliches mehr. „Alles war so
persönlich“ schwärmt Dagmar,
„während die Frauen ihre Ein-
kaufskörbe füllten passte ich auf
die Poppelen im Kinderwagen
auf.“ Im Geschäft mit einer Größe
von 400 m 2 beschäftigte Dagmar
Mader in besten Zeiten fünf Ver-
käuferinnen und zwei Lehrlinge
zugleich.
Ein guter Ausgleich zur Arbeit
war für Dagmar die sportliche
Betätigung. Man fand sie am Eis-
laufplatz neben der Volksschule,
beim Schwimmen in Mötz oder
beim Schifahren am Soilesbichl
und in Kühtai.
Nach 25 Jahren nahm sich Dag-
mar eine Auszeit und startete
danach noch einmal beruflich
durch. Sie baute die Tiroler Ver-
tretung für den Versandhandel Privat lernte Dagmar 1968 beim
großen Haiminger Trachtenfest
der Silberbuam, deren Mitglied
und Fahnenpatin sie ist, ihren
späteren Mann Josef Mader aus
Stams kennen. Nach der Hoch-
zeit im Jahr 1969 freuten sie sich
über ihre Kinder Klaus und Ange-
la. Ihre Leidenschaft zum Reisen
in alle Ecken der Welt lebt die
rüstige Pensionistin heute noch.
In Haiming organisiert Dagmar
Mader gemeinsam mit Vroni
Wallnöfer die Jahrgangstreffen
mit einem stets netten Pro-
gramm. „Wichtig sind mir auch
der Vinzenzverein und das Tan-
zen in der Lebensmitte“ ergänzt
Dagmar ihre Erzählungen. Den
Vinzenzverein, bei dem sie auch
als Helferin tätig ist, sieht sie als
geselligen Treffpunkt, an dem sie
oft beim Ladinern zu finden ist.
Das Tanzen ist ihr Jungbrunnen,
der sie gelenkig hält und die Kon-
zentration fördert. Diese Fitness
will sie sich erhalten. Es gibt ja
auch drei Enkelkinder, Dagmar
und Josef verbringen gern ihre
Zeit mit der Familie. Dafür bringt
die rüstige Pensionistin viel Elan
und wohl auch viele Ideen mit.
(Text chris; Fotos: chris (1), privat)
Dagmar Mader hat sich ihren Elan auch in der Pension erhalten.
Frühling 2018
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Geschäftsfrau war ihr Traumberuf