´s Dorfblattl Haiming
Brauchtum und Tradition
Bitten und Beten im Wandel der Zeiten
I
Chronik
m alten Huaminger Bauernjåhr
hatte noch jeder Tag einen
Namen; Arbeiten und Feiern bereicherten das Leben im exakt
festgelegten Rhythmus des Jahreskreises. Das Brauchtum war
tief im Volksglauben verankert.
Mit den unter dem Schutzmantel der Kirche geübten Ritualen
lösten die Menschen ihre Ängste
und schöpften daraus in schwierigen Zeiten auch Hoffnung und
Zuversicht.
Die Existenz der Bauern schien
nämlich ständig von Unheil bedroht. Die Menschen wussten,
dass sie auf den „Segen von oben“
angewiesen sind, sie beteten dafür und baten darum.
Im Lauf der letzten fünf Jahrzehnte ist einiges an Bräuchen
verloren gegangen; bisweilen
sind nur noch „Relikte“ erhalten;
von den einst zahlreichen Prozessionen und Wallfahrten um gutes
Wetter bzw. um Schutz vor Katastrophen ist in Haiming nur mehr
ein Bittgang in jeder der Pfarren
übrig geblieben.
Im 19. Jahrhundert huldigte man
in Oberinntaler Gemeinden be-
reits am 23. April dem heiligen
Georg als „Wetterherrn“ und Viehpatron. Die erste Bitt-Prozession
war auf den Marxn-Tag (Markus,
25. April) angesetzt. Weitere fixe
Tage, um Segen für die Felder und
Schutz vor Unwettern zu erbitten,
waren der 3. Mai (Auffindung des
hl. Kreuzes), der 12. Mai (Fest des
hl. Pankraz), der 16. Mai (Fest des
hl. Nepomuk) und der Sonntag
nach Kassian (13. August); letzter
Termin für einen Bittgang war
der 14. September, am Fest der
Kreuzerhöhung. An diesem Tag
galt nämlich das Wachstum der
Pflanzen als abgeschlossen, deshalb hörte mit diesem Tag auch
der Wettersegen auf, der seit 3.
Mai nach jeder Messe gespendet
worden war.
Fix, bei wechselndem Datum, waren auch die Bittprozessionen an
den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt; es waren die „eigentlichen“
Bitttage. Zum dritten Tag dieser
„Bittwoche“ ist in der Silzer Pfarrchronik verzeichnet: Mittwoch
- Die Haiminger kommen gegen
6 Uhr nach Silz, in der Silzer Pfarrkirche feiert der Haiminger Seel-
sorger die Segensmesse. Gegen
6.45 Uhr ziehen die Silzer mit den
Haimingern zurück nach Oetz, wo
eine Predigt gehalten wird.
Den Pfad des Bittgangs nach Silz
säumten einst 15 RosenkranzBildstöcke mit den Motiven des
„Marianischen Psalters“. Das bedeutete: Den Bittenden war das
Beten des freudenreichen, des
schmerzhaften und des glorreichen Rosenkranzes vorgegeben. Zur Frage, warum die Leute
solche Auflagen und Strapazen
auf sich genommen haben, findet
sich im Lexikon für Theologie und
Kirche (1994) unter Bittprozession
folgende Erklärung: „….Da ausbleibender Segen und Unheil als
Folgen menschlicher Schuld begriffen werden kann, haben Bittprozessionen auch Bußcharakter.“
Für eine Neu-Orientierung bzw.
für eine Anpassung der Bittprozessionen an Gegebenheiten des
21. Jahrhunde