1 Was das Meer, Land und der Dschungel alles so hergeben: Virgilio
Martínez und die von seiner Schwester geleitete Mater Iniciativa sind
stets auf der Suche nach neuen alten Produkten Perus 2 Das Herz
des Martínez’schen Universums: das Central Restaurante im District
Miraflores in Lima 3 Europa-Export: In London betreibt Martínez das
das Lima Fitzrovia sowie das Lima Floral in Covent Garden 4 Botschafter eines Landes: Virgilio Martínez zeigt sein Können und seine Küche
gerne auch außerhalb der peruanischen Landesgrenze. Im Jänner ist
er Gastkoch im Restaurant Ikarus – und versteht sich blendend mit
Patron Eckart Witzigmann und Executive Chef Martin Klein.
Fotos: Shutterstock, Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7,
Musuk Nolte, beigestellt, Ian Boggio
arbeiten sich Martínez und sein Team konsequent durch Peru. Immer auf der Suche nach Produkten, die entweder in Vergessenheit
geraten oder noch nicht einmal für die Küche entdeckt worden sind.
Der von der S.Pellegrino-Liste zum besten Koch Lateinamerikas
gekürte Martínez ist dabei kein Grenzgänger. Was außerhalb der
Landesgrenzen Perus wächst, das kommt nicht über den (Küchen-)
Pass. Radikale Regionalität. Wobei, wenn man die Gesamtheit Perus
betrachtet, dann hat man nicht das Gefühl, dass sich Martínez in
irgendeiner Weise einschränken müsste. 2300 Kilometer Küste,
an der durch das kalte Wasser des Humboldtstroms Anglerfisch,
diverse Muscheln von Jakob bis Auster, Calamari und Oktopusse
in die Netze gehen, das Hochland mit mehr als 3000 Sorten Kartoffeln und alten Getreidesorten und nicht zu vergessen wäre, dass
60 Prozent der Landesfläche Perus von Regen- und Nebelwald
bewachsen sind. Der Amazonas mit Maniok, Lulo, Açai und Co.
lässt variantenreich grüßen.
Versuchen, sich irren, aber niemals aufgeben
Das klingt für Terroir-besessene Europäer und 30-Kilometer-Radius-Radikale vielleicht ein wenig nach Beschiss, aber die Krux liegt
eben genau in der Fülle. Die Wahrscheinlichkeit, in Zentraleuropa
noch ein Produkt zu finden, das es noch niemals in einer Art und
Weise in eine kommerzielle Küche geschafft hat, tendiert gegen
null. In Peru bei einem Nachmittagsausflug in die Berge oder in
den Dschungel kann der wachsame Jäger und Sammler mit einem
Ranzen völlig unbekannter Wurzeln, Kräuter und Früchte zurückkehren. Die individuelle und auf den Punkt gebrachte Aufarbeitung
genau dieser Produkte ist es, die Martínez zu einem ungewöhnlichen
Koch macht. Denn dem Unbekannten genau die Verarbeitung und
Technik angedeihen zu lassen, die es benötigt, um sein gesamtes
Aroma freizugeben, ist die eigentliche Herausforderung, der sich
Martínez seit 2008 stellt.
Da nämlich hat er das Central mit Schwester und Ehefrau gegründet. Ohne viel Kapital, dafür mit viel Enthusiasmus und Engagement.
Bis heute läuft das Restaurant nicht kostendeckend – trotz etwa
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GEHEIMNISVOLLE,
ROTE SINNLICHKEIT
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