Nationalparkplan Band 2 | Page 10

werden, wie sie auf der Karte erscheint; vielmehr handelt es sich hierbei in erster Linie um ein funktionales Gebilde.
Für manche Fragestellungen muss auch das Oberzentrum Neubrandenburg hinzugezählt werden und bei der überregionalen Betrachtung von Urlauberströmen sind Ballungsgebiete wie z. B. Berlin, Hamburg oder Hannover für den Nationalpark sozioökonomisch relevant.
Soweit jedoch Abweichungen nicht erwähnt sind, soll in diesem Nationalparkplan unter der Nationalparkregion das oben beschriebene gelten.
Im Rahmen des vorgenannten Forschungsvorhabens wurde ebenfalls ein ökologisches Vorfeld für den Nationalpark ermittelt. Es umfasst Flächen, die in ökologischer Hinsicht mit dem Müritz-Nationalpark in funktionalem Zusammenhang stehen. Dies sind im wesentlichen:
• Wald- und Forstflächen außerhalb des Nationalparks, die mit Wald- oder Forstflächen im Nationalpark in Verbindung stehen, jeweils bis hin zu größeren Zerschneidungsachsen,
• die gesamte Müritz inklusive Kleiner Müritz, Müritzarm und Müritzsee, die Seenkette nördlich Mirow, als vom Nationalpark angeschnittenes Gewässersystem,
• unmittelbar außerhalb des Nationalparks gelegene Nahrungsflächen des Kranichs und nordischer Gänse sowie
• über das Landschaftsbild mit dem Nationalpark in Beziehung stehende Offenlandflächen wie die Enklave Kratzeburg und die Bereiche um Boek, Roggentin, Userin, Neustrelitz, Wokuhl, Grünow und Carpin.
3 Siedlungs- und Landnutzungsgeschichte
3.1 Frühgeschichtliche Entwicklung
Etwa um 8000 v. Chr. besiedelten die ersten nomadisierenden Sammler, Jäger und Fischer das Müritzgebiet. Mit der Einführung des Ackerbaus und der Viehzucht wurden die Menschen in der Jungsteinzeit( ca. 3000 v. Chr.) sesshaft, und es entstanden Siedlungen mit dörflichem Charakter. Aus dieser Zeit existieren noch zahlreiche Großsteingräber( Serrahn, Gotthun). Die ebenfalls noch in großer Anzahl vorhandenen Hügelgräber stammen aus der Bronzezeit( ca. 1800 – 600 v. Chr.).
In der darauf folgenden Eisenzeit, die bis in das 7. Jh. n. Chr. reicht, wird Bronze durch das heimische Eisen ersetzt. Die relativ dünne Besiedelung durch Germanenstämme im
Müritz-Gebiet hielt über mehrere Jahrhunderte an. Als sie das Land während der Völkerwanderung wieder verließen, eroberte der Wald die Felder zunächst zurück.
Später( 7./ 8. Jh.) drangen slawische Stämme aus dem Osten in den mecklenburgischen Raum ein. Im Müritzgebiet siedelte sich der Stamm der Obotriten an. Der allgemeine Landausbau erfolgte in einer ersten Periode im 7. bis 9. Jahrhundert. Im 11. und 12. Jh. wurden in einer zweiten Periode zahlreiche Siedlungen neu angelegt.
Diese slawischen Siedlungen und Burgwälle wurden bevorzugt an Gewässern angelegt, wobei möglichst eine natürliche Schutzlage angestrebt wurde( Halbinseln, Inseln; z. B. Werder am Specker See, Burgwallinsel im Feisnecksee). Die Slawen nannten die Müritz“ morcze”, kleines Meer. Davon leitet sich der heutige Name ab( U. SCHOKNECHT; G. SCHLIMPERT unveröffentl. 1989).
3.2 Mittelalterliche Entwicklung
Bereits in der ersten Hälfte des 10. Jh. unternahm der deutsche Staat unter Heinrich I. erste Versuche zur Unterwerfung der slawischen Stämme zwischen Elbe und Oder. Nach wechselvollen Kämpfen kam es aber erst zweihundert Jahre später zu einer endgültigen Unterwerfung durch die Sachsen, die letztlich zum völligen Untergang des slawischen Reiches führte.
Die Politik der Sachsenherzöge und des slawischen Adels war nach 1167 auf eine Verständigung und eine allmähliche Verschmelzung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gerichtet. Sie förderte in erheblichem Maße die Einwanderung und Ansiedlung von niederländischen und deutschen Bauern in den durch die kriegerischen Auseinandersetzungen verwüsteten und bevölkerungsarm gewordenen Gebieten.
Sie ließen sich in bereits bestehenden slawischen Dörfern nieder( z. B. Federow 1230 gegr., Kargow Mitte 13. Jh. gegr.) oder gründeten neue Siedlungen( z. B. Schmachthagen), wobei die Siedlungs- und Ackerflächen durch Waldrodungen und Entwässerungen von Feuchtflächen gewonnen wurden. Daneben kam es besonders im Müritzgebiet auch zur Um- und Neuansiedelung slawischer Bauern. Das Ergebnis der Siedlungsphase des 12. und 13. Jh. war ein erheblicher Ausbau der Siedlungsstruktur und die starke Zurückdrängung der Waldfläche zugunsten des Ackerlandes.
Auch die Ortsformen änderten sich. Neben den übernommenen slawischen Weilern, Gassen-, Sackgassen- und Zeilendörfern entstanden Planformen wie Angerdörfer( Kratzeburg), Straßendörfer( Groß Dratow) und Hagenhufendörfer( Ankershagen).
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