1 Einleitung
In Mitteleuropa sind im Laufe unserer Kulturgeschichte nahezu alle Flächen in Nutzung genommen worden. Unmerklich waren schon frühzeitig Wildnisgebiete, in denen Naturprozesse ohne Einfluss und Nutzung des Menschen möglich sind, verschwunden. Die Intensität dieser Nutzung erhöhte sich mit der industriellen Revolution um ein Vielfaches und brachte enorme Veränderungen in der einst bäuerlich geprägten Landschaft mit sich. Dies äußerte sich vorerst im Verschwinden von Arten sowie kulturabhängigen Lebensräumen, später in empfindlichen Veränderungen des Landschaftshaushaltes.
Spätestens seit dem Welt-Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 ist das Ziel der Landeskultur als nachhaltige Entwicklung von Landschaftsräumen genannt( sustainable development). Aber auch schon vorher gab es Bemühungen, Nachhaltigkeit im Umgang mit Naturgütern zu entwickeln. So war die Einführung der geregelten Forstwirtschaft eine erste Antwort auf die Waldvernichtung und die daraus entstandene Rohstoff- und Energiekrise vor ca. 150 Jahren. Gleichzeitig formierte sich die Naturschutzbewegung anfangs mit dem Ziel der Erhaltung von einzelnen Arten, später unter Einbeziehung der Landnutzung und deren Geschichte mit dem Ziel der Entwicklung einer neuen Landeskultur. Ein Ergebnis dieser Arbeit war 1990 das „ Nationalparkprogramm“ der DDR. Hier bestand das Ziel in der Ausweisung großer Schutzgebiete, die einerseits Modellprojekte für nachhaltige Landnutzung( Biosphärenreservate und Naturparke) und andererseits wieder Wildnisentwicklung( Nationalparke) ermöglichen sollen. Der Müritz-Nationalpark ist ein Ergebnis dieses Programms und somit Bestandteil einer nachhaltigen Landeskultur in Mecklenburg-Vorpommern geworden.
Die rechtliche Sicherung des Gebietes erfolgte mit der Verordnung über die Festsetzung des Nationalparks „ Müritz- Nationalpark“ vom 12. September 1990. Gemäß § 5 Abs. 2 dieser Verordnung soll in angemessener Frist ein Pflegeund Entwicklungsplan erstellt werden. Die Entwicklung des Müritz-Nationalparks soll im vorliegenden „ Nationalparkplan“ beschrieben werden. Dies ist kein klassischer „ Pflege- und Entwicklungsplan“ mit Schwerpunkt auf dem Biotopmanagement, weil sowohl kulturgeschichtliche als auch sozial-ökonomische Gesichtspunkte in einem Entwicklungsnationalpark eine hervorragende Bedeutung haben. Es ist aber ein Fachplan, der räumliche und zeitliche Schwerpunkte festlegt und sich dabei mit anderen Fachplanungen sowie vielfältigen Nutzungsinteressen umfassend auseinandersetzt.
Wegen der intensiven Verflechtungen( z. B. des Verkehrs, des Tourismus, der Gemeindeentwicklung und der Öffentlichkeitsarbeit), die naturgemäß zwischen einem Großschutzgebiet und seinem Umfeld bestehen, muss der Plan über das Nationalparkgebiet hinaus auch die Nationalparkregion betrachten.
Dementsprechend und dank finanzieller Förderung durch die Europäische Union wurde die vorliegende Planung erstellt und für sie der Begriff „ Nationalparkplan” gewählt, der im folgenden Verwendung findet. Der Nationalparkplan hat gutachtlichen Charakter, d. h., er entfaltet keine eigene rechtlich bindende Wirkung. Diese kann erst dadurch entstehen, dass die Inhalte des Nationalparkplanes bei der Fortschreibung des Landschaftsrahmenplanes für die Planungsregion 4 „ Mecklenburgische Seenplatte“ aufgenommen werden. Jedoch hat auch dieser nur gutachtlichen Charakter. Erst nach dessen Abwägung durch den Regionalen Planungsverband und Aufnahme der raumbedeutsamen Inhalte in das Regionale Raumordnungsprogramm erhalten diese eine rechtlich bindende Wirkung.
Das Ergebnis der Nationalparkplanung setzt sich wie folgt zusammen:
1. Der Band „ Leitbild und Ziele“ beschreibt
• das allgemeine Leitbild für Nationalparke in Deutschland,
• das Leitbild für den Müritz-Nationalpark,
• die für den Müritz-Nationalpark bestehenden Leitlinien und Entwicklungsziele
• sowie Vorstellungen zur Einbindung des Nationalparks in die Region.
( Anm.: Zur besseren Übersicht wurden die Leitsätze bzw. Zielaussagen der einzelnen Kapitel durch farbige Hinterlegung hervorgehoben.)
2. Der Band „ Bestandsanalyse“ stellt den Kenntnisstand über das Gebiet zusammen:
• räumliche Lage und Landschaftsgeschichte des Nationalparkgebietes,
• gesetzliche und planerische Rahmenbedingungen,
• natürliche und kulturlandschaftliche Verhältnisse,
• soziale und wirtschaftliche Verhältnisse der Nationalparkregion,
• Quellenverzeichnis.
3. Die Projektübersicht enthält sowohl vom Nationalparkamt vorgeschlagene als auch mit den jeweils Betroffenen bereits abgestimmte oder realisierte Projekte bzw. Maßnahmen. Diese Projektübersicht wird entsprechend dem jeweils erreichten Arbeitsstand fortlaufend ergänzt.
4