Mumifiziert – Die konservativen Linken in Deutschland Die Konservative Linke in Deutschland | Page 2
zepten verharren lässt – sie ist politisch
mumifiziert.
Am Beispiel der „Neuen Züricher Zei-
tung“ macht Andreas Wehr deutlich, dass
in dieser schweizerischen Zeitung nichts
steht, was nicht „ein strategisches Ziel ver-
folgt“, und er macht deutlich, dass es da-
bei um die internationale, strategische
Aufstellung der Schweiz geht. Das sehe ich
genauso. Nur, warum legt Andreas Wehr
diesen gleichen Maßstab nicht an die
deutsche Presse an? Warum fragt er nicht
nach den strategischen Motiven, die in der
deutschen Leitpresse mit deren G-20-
Kritik verfolgt werden?
Wir erleben, wie die Partei DIE LINKE Stück
für Stück in das herrschende politische
System hineingezogen wird. Die Art, wie
diese Partei immer mehr faule Kompro-
misse zwecks „Regierungsfähigkeit“ und
Akzeptanz im bundesdeutschen Politzirkus
eingeht, hat seine historischen Vorläufer
und aktuellen grünen Parallelen.
Immer weitergehender wird eine notwen-
dige und eindeutige antikapitalistische Po-
sitionierung ausgeblendet. Der Sog der auf
Kapitalbesitz basierenden und gesteuerten
„freiheitlich-demokratischen, parlamenta-
rischen Grundordnung“ lässt sie vergessen,
dass man Kapital nicht abwählen und kapi-
talistische Ausbeutung nicht wegregieren
kann.
Worauf zielt die bundesdeutsche li-
berale Leitpresse ab?
Deutschland, als Hegemon von Deut-
scheuropa - und neben China der größte
Gläubigerstaat auf der Welt -, weitet seine
strategischen Ambitionen aus, stößt in das
Vakuum vor, das die USA auf ihrem Rück-
zug als Weltführer und Weltpolizist hinter-
lassen. Das tun die USA nicht freiwillig,
sondern aus einer Position der Schwäche
heraus. Sie können ihre bisherige Rolle
weder ökonomisch noch politisch-
militärisch durchhalten. Wir befinden uns
in einer explosiven Zeit weltweit ver-
schärfter Konkurrenz- und Machtkämpfe
und Umgruppierungen.
Mediale Argumente und strategi-
sche Motive
Beschäftigen wir uns zunächst mit einer
aktuellen Nachlese zu den G-20-Protesten.
In dem Artikel „Linke und Liberale gegen
G20 – wie sich die Argumente glei-
chen“ vertritt der frühere Mitherausgeber
der „Zeitschrift für Sozialistische Politik
und Wirtschaft – spw“ und Gründer des
Marx-Engels-Zentrums Berlin Andreas
Wehr zum wiederholten Mal die Position,
Linke und Liberale hätten in das gleiche
Anti-G20-Horn geblasen.
Solche Zeiten gab es in der Geschichte
schon früher, zum Beispiel Ende des 19.
Jahrhunderts, als sich in der „unipolaren
Welt“ einer imperialistischen englischen
Supermacht das deutsche Kaiserreich und
die damalige USA für eine „multipolare
Welt“ stark machten: Sie forderten ihren
„Platz an der Sonne“ in einer neu aufzutei-
lenden Welt ein.
Die Linken hätten profillos nach der Pfeife
von liberalen Leitmedien getanzt, die
schon lange vor dem Gipfel das „Drehbuch
für die G20-Proteste“ geschrieben und
„die Linie der Kritik“ vorgegeben hätten.
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