Fazit: Im Allgemeinen wusste keiner, was |
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er von der jüngsten Geschichte erzählen sollte, jeder sah sich als Opfer, es gab nichts zu sagen, und man versuchte, im stärker werdenden Wohlstand, in der Geborgenheit der Familien, das Geschehene zu vergessen. Von Jahr zu Jahr wurde es besser, materiell spürbar durch neue Möbel, die nicht kantig, sondern rund waren, durch den Einzug neuer Geräte in den Haushalt, wie Waschmaschine, Kühlschrank und Staubsauger. Mit dem Wohlstand kamen auch Farben in die neue Wohnkultur. Die Angewohnheit, die Wände eines Zimmers unterschiedlich zu gestalten, die Verwendung neuer Materialien, ließ allmählich ein spielerisches Lebensgefühl erkennen. Und plötzlich kannte jeder irgendjemanden, der einen schwarz-weiß Fernseher besaß. Es kam zu regelrechten Fernsehabenden, die als soziale Treffen gesellschaftlich wichtig wurden. Schnell wurde es auch besser im Sinne des geistigen und allgemein kulturellen Klimas, vor allem durch Einflüsse des fernen Wiens. Jedes Jahr wurden die Touristen mehr. Im Sommer bevölkerte die Stadt ein Sprachengewirr. Über die Jahre entwickelte sich ein brodelndes, hektisches Geschiebe auf den Plätzen und Straßen, das- auch mir zur Freudedie sonst so verschlafene Altstadt bis spät in die Nacht belebte. Aber auch die Salzburger machten sich auf den Weg. Waren es anfänglich nur wenige, wurden es immer mehr Reisende, die es sich leisten konnten, an die Strände der Adria oder in die Toskana |
zu fahren. Bald wurden auch die slowenischen und kroatischen Küsten und Inseln für Urlaubsaufenthalte entdeckt. Auch die Szene strahlte aus und zog Künstler von weit heran. Sogar der so selbstständige wie weltoffene Grafiker und Zeichner Markus Vallazza sollte sich einige Jahre hier niederlassen. Ein Teil der Salzburger Künstler, die sich auf ihren Leinwänden allgemeiner geben wollten, eigneten sich den in den Fünfziger Jahren gefundenen Malstil des „ informell abstrakten“ an. Sie arbeiteten ihn für ihre Zwecke um, strengten sich an, auf solche Weise für sich und ihre Umgebung mehr Sensibilität und Wahrnehmungsgewinn zu erzielen. Auf der Suche nach Anerkennung taten sie sichan den von der Globalisierung dahergewehten Trends und Moden beteiligen, die woanders für andere entwickelt wurden, um sich für sein Kleinstädtertum zu entschädigen. |
Ähnlich verhalten sich auch die meisten Ausstellungshäuser, schließen sich gern der Tendenz der Globalisierung an, die ganze Welt zu provinzialisieren. So bekommt man in Salzburg zwar mehr als früher, aber kaum Eigenständiges zu sehen, was nicht schon woanders gelobt und abgefeiert worden ist. Was nicht heißt, dass es auch so zu bemerkenswerten Schauen, zu interessanter Kunst kommen kann, nur weist sie eben meistens weg von Salzburg und den Salzburgern. Ein Nachteil für jene Künstler und Bürger der Stadt für die es keinen Widerspruch bedeutet Eigenständigkeit mit selbstbewußter Weltoffenheit zu verbinden.
Am Anfang der siebziger Jahre erlebte die an Salzburg scheinbar spurlos vorbeigegangene 68er Bewegung ausgerechnet hier ihren österreichischen Höhepunkt: Die so genannte „ Nixon Demonstration“ gegen den Militäreinsatz der USA in Vietnam, bei der beinahe die Landung des Flugzeuges mit dem amerikanischen Präsidenten von tausenden Demonstranten, die die Landebahn besetzt hielten, verhindert wurde.
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