K-Colors of Korea July 2014 | Page 16

ganzen Anlage nicht eine Ziege und nicht einen Liter Milch gesehen. Plötzlich kam da jemand und hat uns Ziegenmilchjoghurt zum Probieren angeboten. Jemand hat dann gefragt, wo die Ziegen und die Milch sind, und die Antwort war dann, dass die Ziegen im Moment nicht so viel Milch geben, deshalb sei es gerade sehr ruhig in der Anlage. Natürlich hat man da dann das Gefühl, dass das nicht stimmen kann, und wir haben uns gedacht, dass diese Joghurts wohl extra für uns aus der Hauptstadt in die Anlage gebracht worden sind. Auf dem Deckel der Joghurts war nämlich das Logo der Heilsarmee zu sehen. Auch auf einer der Maschinen war dieses Logo drauf und wir haben dann erfahren, dass das Geschenke von der australischen Heilsarmee waren. Es hat mich sehr erstaunt, dass das erlaubt war, dass diese Maschinen nicht versteckt oder weggeholt wurden. K: Hat man sonst westliche Einflüsse im Land gesehen? JH: In der Hauptstadt habe ich einmal jemanden mit Inlineskates gesehen. Man hat auch überall einfach Äpfel kaufen können, in Restaurants und so. Aber sonst haben wir nicht gross westliche Einflüsse gesehen. Die Leute tragen auch alle die gleichen Kleider, nicht wie bei uns. An einem Abend waren wir im 1.-Mai-Stadion gewesen, da hat es eine riesige Show gegeben. Im Voraus konnte man Karten kaufen, und die billigsten für Touristen haben 80 Euro gekostet. Jepp und ich sind dann zwischen Nordkoreanern gesessen, und jemand hat uns gefragt wo wir herkommen. Als wir gesagt haben, dass wir aus Holland sind, hat er nicht gewusst, was das ist. Das war das erste und einzige Mal, dass wir von fremden Nordkoreanern angesprochen worden sind, die Leute waren sonst wirklich sehr zurückhaltend. Dieses 1.-Mai-Stadium ist riesig, mit etwa 150‘000 Sitzplätzen, aber nur ein Drittel davon war voll. Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Leute dann doch mit Begeisterung bei der Show dabei sein würden, aber man hat gemerkt, die Leute haben einfach geklatscht, wenn geklatscht werden musste. Es war alles sehr strukturiert. Die Leute waren schon mit Freude dabei, aber sehr zurückhaltend für unser Empfinden. K: Was hat man vom nordkoreanischen Alltagsleben gesehen? JH: Wenn man über Land fährt, sieht man hunderte und tausende von Leuten unterwegs, alle laufend. Man sieht sehr wenige Fahrräder, die Leute laufen von A nach B und tragen immer etwas bei sich. Auf den 16 Feldern arbeiten sie alle von Hand, nur ab und an sieht man einen Ochsen, zweimal haben wir von weitem auch einen Traktor gesehen, aber die waren unglaublich alt. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es auf dem Land nicht, nur in der Stadt. Man sieht oft Geleise, aber wir haben nur einmal eine Lokomotive ohne Waggons gesehen, sonst nichts, und das war in der Hauptstadt. Auf dem Land haben wir nie einen Zug gesehen. Man sieht kaum alte Leute, und Behinderte, etwa im Rollstuhl, sieht man überhaupt nicht. Dafür sieht man überall Soldaten, aber auch sie arbeiten auf den Feldern. Überall auf dem Land gibt es Checkpoints, man kann also nicht einfach so von A nach B gehen, sondern man muss ständig anhalten. Wir selber sind nie aus dem Bus gestiegen, sondern die Reiseführer haben das immer geregelt. Man wird also ständig kontrolliert, aber nicht nur wir als Touristen, sondern auch die Einheimischen. K: Welches Erlebnis hat den grössten Eindruck hinterlassen? JH: Das Mausoleum von Kim Ilsung. Man bekommt dort einen Kassettenrekorder mit Kopfhörern, auf dem Texte zum Mausoleum eingespielt sind. Das erste, was man sieht ist ein Bild an der Wand, auf dem die trauernde Bevölkerung abgebildet ist. Auf der Kassette wird dann sehr dramatisch geredet, „Das ganze Land weinte Tag und Nacht“, und das geht immer so weiter, „alle Bauern weinten Tag und Nacht“, und am Ende kommt man auf ein Bild, auf dem Ausländer abgebildet sind, und auf der Kassette heisst es, „Die ganze Welt weinte Tag und Nacht“. Danach kommt man in eine riesige Halle, ein bisschen kleiner als ein Fussballfeld, alles aus Marmor und mit farbigem Licht beleuchtet. Man hört eine Art Trauermusik. Am Ende der Halle steht Kim Ilsung in Marmor. Das hat einem dann wirklich beeindruckt, mit der Musik und allem, dass man dann plötzlich das Gefühl gehabt hat, ja, das ist traurig. Danach kommt man in die Halle, wo er aufgebahrt ist, und das ist wirklich traurig. Als wir herausgekommen sind, sagte Jepp zu mir, „Du, ich musste fast weinen.“ Das hat mich sehr berührt. K: Gab es negative Erlebnisse oder etwas, das Ihnen Angst gemacht hat? JH: Nein, überhaupt nicht. Man bekommt gar keine Chance dazu, weil das alles im Voraus so geplant. Es gab keinen Moment, in dem ich mich unsicher gefühlt hätte. Es wird nichts gestohlen und man wird nicht betrogen.