Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2020 | Page 42

42 Im Gespräch interaktiv 1|2020 bestehen. Diese können dann für die Durchführung der je - weiligen produktspezifisch notwendigen Montageprozesse und -abläufe zusammengesetzt werden. Bei Bedarf ist ein einfacher und schneller Austausch von Pro - zessmodulen oder eine Ergänzung durch zusätzliche Prozess - module möglich. Wichtig sind hier die standardisierten Schnitt - stellen zwischen den Funktionseinheiten, insbesondere für den Teiletransport- und Informationsfluss. Das ist nicht nur ein Vorteil für die produzierenden Unternehmen, sondern auch für die Hersteller von Montagesystemen. Diese können ihre Montagezellen kundenunabhängig vorbereiten und müssen dann »nur noch« die eigentlichen Prozessstationen integrieren. Ein Vorreiter dieser »Modulstandardisierung« war zum Beispiel bereits vor über 20 Jahren die Firma Wolf Produk tions - systeme GmbH in Freudenstadt. »Wir sollten die aktuelle Krise als eine grundsätzliche Chance nutzen, um unsere derzeitigen Produktions - strukturen zu überdenken.« Wandlungsfähigkeit ist die schnelle Anpassung der vorhandenen Montagestrukturen an zeitlich nicht vorhersehbar wechselnde Aufgaben. Das ist das Idealsystem eines jeden Produk - tions planers. In der Praxis sind diese Systeme aber noch überwiegend im Forschungsstadium angesiedelt. Dies ist unter an - derem dadurch begründet, dass hier schon zu Beginn Inves t i - tionen getätigt werden müssen, von denen man oftmals nicht absehen kann, ob sie jemals genutzt werden. Könnte ein höherer Automatisierungsgrad künftig helfen, besser aus diesen Krisen zu kommen? Ein höherer Automatisierungsgrad alleine hilft nicht, um besser durch zukünftige Krisen zu kommen. Dazu müssen wir unsere Montagesysteme heute schon an Aufgaben anpassbar machen, die wir jetzt noch nicht kennen – also wandlungsfähig gestalten. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass wir unsere (automatisierten) Montagen am Standort Deutschland halten. Nur so können unsere Planer auch in globalen Krisenzeiten kurzfristig reagieren. Wir sollten die aktuelle Krise als eine grundsätzliche Chance nutzen, um unsere derzeitigen Produktionsstrukturen zu überdenken. Die Forschungsaktivitäten im Bereich der wandlungsfähigen Produktionssysteme müssen weiter ausgebaut und zusammen mit den Industrieunternehmen validiert werden. Wie können Unternehmen prüfen, wo Automatisierung sinnvoll ist? Eine Automatisierung wird klassischerweise dann als sinnvoll bewertet, wenn damit die vom Unternehmen erwartete Rendite erreicht wird. Oftmals muss die Automatisierungs - frage auch unter den Punkten »reproduzierbare und dokumentierbare Produktqualität« bewertet werden. Ebenso können ergonomische Aspekte in die Bewertung einfließen. Um eine übersichtliche, gesamtheitliche Darstellung von Auto - matisierungspotenzialen in einer bereits existierenden Montage zu erhalten, hat das Fraunhofer IPA eine Vorgehensweise zur Ermittlung der »Fitness for Automation« und der Priorisierung bezüglich der zu erwartenden Einsparungspotenziale entwickelt. Die am Fraunhofer IPA entwickelte Automatisierungs-Poten zial - analyse (APA) stellt eine systematische Methode zur Bewer tung von Montageprozessen hinsichtlich ihrer Automatisierungs - eignung dar. Indem die Automatisierung sexperten sämtliche Prozesse in einer Montagelinie oder auch in einem Montage - bereich einheitlich bewerten, kann der subjektive Anteil an der Prozessauswahl minimiert werden. So entsteht eine be - gründete und nachvollziehbare Grundlage für weitere Real i - sierungsentscheidungen. Die APA lässt sich typischerweise innerhalb weniger Tage durchführen und ist seit Kürzerem auch als App verfügbar. Und ganz neu: In Zeiten von Corona bieten wir die APA auch virtuell an, indem wir verschiedene digitale Tools nutzen. (s.S. 16) Welche Rolle spielen dabei die Produktentwicklung und die Bauweise des Produkts? Das ist tatsächlich eine der Kernfragen bei der Automatisie - rung. »Design for Automation« muss heutzutage als allererstes in die Produktentwicklung einfließen. Dabei spielt auch die folgende Frage eine entscheidende Rolle: Ist ein Bauteil oder ein Prozess für das Erreichen der Produktfunktionalität tatsächlich notwendig oder kann die Funktionalität auch einfacher erreicht werden? Der beste Prozess ist der, den man