Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2020 | Page 41
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Herr Wößner, die Corona-Krise hatte die Produktion eine Zeit -
lang voll im Griff. Welche Beobachtungen machten Sie hierzu?
Das gesundheitliche Wohlergehen der Mitarbeiter steht natürlich
an erster Stelle. Im administrativen Bereich können die
Möglichkeiten von Home-Office genutzt werden. Die Produk -
tion kann man nicht so einfach mit nach Hause nehmen. Je
mitarbeiterintensiver eine Produktion strukturiert ist, umso
aufwendiger ist es, die von der Politik vorgeschriebenen und
auch notwendigen Schutzmaßnahmen zu gewährleisten.
Gerade jetzt wären Corona-resistente, flexible Roboter-
Kollegen eine existenzielle Hilfe für viele Montagebetriebe.
Vonseiten der Politik wurde immer wieder der Wunsch laut,
dass Unternehmen plötzlich ihre Produktion auf Equipment
für die Krise wie Atemschutzmasken, Ge sichtsvisiere oder
Beatmungsgeräte umstellen. Mehrere Unternehmen haben
das von sich aus auch umgesetzt. Wie ist das mit der gleichen
Produktionsumgebung und -ausrüstung technisch möglich?
Das wird dadurch möglich, dass sich die Unternehmen bereits
in der Vergangenheit mit dem Thema »Flexibilität« auseinandergesetzt
haben. Sie haben ihre Montagebereiche nicht nur
als »Einzweck«-Systeme optimiert, sondern auf das sogenannte
Ganze gesehen. Schon aus der Mathematik weiß
man, dass das lokale Maximum in den seltensten Fällen auch
das globale Optimum ist. Dies gilt auch für strategische
Planungsentscheidungen in einem Unternehmen.
Reicht hierfür eine flexible Produktionsumgebung oder bedarf
es der Wandlungsfähigkeit? Wie unterscheiden sich diese?
Flexible Montagesysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass
sie sich schnell und mit geringem Aufwand an geänderte
Rahmenbedingungen anpassen lassen. Dies kann zum Beispiel
eine Veränderung der Ausbringungsmenge sein, indem man
mehr oder weniger Mitarbeiter einsetzt. Auch Prozessan pas -
sungen in den Grenzen eines Bereichs, der bei der Planung
bereits vorgesehen war, sind möglich. Um den Ablauf jedoch
für die Montage eines anderen Produkts grundlegend zu
ändern, sind diese Freiheitsgrade nicht ausreichend.
Was ist für die geforderte Wandlungsfähigkeit konkret nötig?
Man spricht heute immer mehr von rekonfigurierbaren Mon -
tagesystemen. Es handelt sich dabei um Baukastensysteme,
die aus autonomen, standardisierten Funktionseinheiten