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WIRTSCHAFT

Handelsbarrieren ?

Die schrittweise Rückkehr zur Normalität nach der Pandemie wirkt sich positiv auf die Weltwirtschaft aus . Laut dem Wirtschaftsverband economiesuisse dürfte das BIP im laufenden Jahr um 3,4 Prozent zulegen . Christoph Mäder , Präsident von economiesuisse , äussert sich zum Rahmenabkommen-Aus .
INTERVIEW SIMONE LEITNER
LIFESTYLE Christoph Mäder , etwa die Hälfte aller Exporte aus der Schweiz geht in die EU . Doch nun wurde das Rahmenabkommen mit der EU beerdigt . Zeichnen sich bereits unüberwindbare Handelsbarrieren ab ? CHRISTOPH MÄDER Ich möchte betonen , dass die bilateralen Abkommen auch ohne Rahmenabkommen bestehen bleiben . Im Bereich des Land- und Luftverkehrs , der Personenfreizügigkeit oder beim vereinfachten Zollverfahren an den EU-Grenzen sind derzeit keine negativen Auswirkungen erkennbar . Anders sieht es beim Abkommen über den Abbau der technischen Handelshemmnisse MRA aus , das für die Exportwirtschaft sehr wichtig ist . Dank diesem Abkommen können Schweizer Unternehmen ihre Produkte ohne zusätzliche administrative Hürden in der EU auf den Markt bringen . Weil die EU das MRA aber nicht mehr aktualisieren will , zeichnen sich neue Handelshürden ab . Konkret geht es um höhere administrative Hürden und damit verbundenen höheren Kosten . Unüberwindbar sind diese Handelsbarrieren nicht , aber sie verschärfen die Wettbewerbssituation für Schweizer Unternehmen in der EU .
Der Versuch , rund 120 bilaterale Verträge über Wirtschaftsbeziehungen in einem Abkommen zu bündeln , ist gescheitert . Dabei wäre es auch um die Modernisierung der laufenden Verträge gegangen . Was passiert nun mit den alten Verträgen ? Das Rahmenabkommen hätte lediglich fünf Binnenmarktabkommen umfasst : das Freizügigkeitsabkommen , das Luft- und das Landverkehrsabkommen , das Abkommen über landwirtschaftliche Produkte und eben das MRA . Seit 2018 will die EU nach eigenen Aussagen ohne ein Rahmenabkommen keine neuen Marktzugangsabkommen mit der Schweiz abschliessen und die bestehenden Abkommen nicht mehr aktualisieren . Es sei denn , sie hat ein überwiegendes eigenes Interesse daran . Wenn die bestehenden Abkommen nicht mehr aktualisiert werden , verlieren sie langsam und stetig an Bedeutung für die Schweizer Unternehmen .
Die bilateralen Verträge gelten zwar weiterhin . In welchen Branchen ist das Tagesgeschäft trotzdem empfindlich gefährdet ? Dies gilt sicher für die Medizinaltechnik- Branche . Seit dem 26 . Mai 2021 gilt in der EU eine neue Medizinprodukte-Verordnung . Diese konnte wegen der Blockade durch die EU nicht in das MRA aufgenommen werden . Damit müssen Schweizer Exporteure von Medizinprodukten in die EU neu eine zweite Zertifizierung für den europäischen Markt vornehmen und sie müssen eine ständige Vertretung in der EU haben . Der Branchenverband Swiss Medtech rechnet für die rund 350 betroffenen Schweizer Unternehmen mit einmaligen Kosten von 110 Millionen Franken und jährlich wiederkehrenden Kosten von etwa 75 Millionen Franken für die Einrichtung einer EU-Vertretung . Dieselben Regeln gelten auch für den Import von Medizinprodukten aus der EU in die Schweiz . Aber auch andere Branchen sind betroffen : Zurzeit wird in der EU die Maschinenrichtlinie durch eine Maschinenverordnung ersetzt . Sollte diese nicht in das MRA überführt werden