Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 49
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
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Abschließend muss auf die Güte der Modelle eingegangen werden. Anhand der korrigierten
R²-Werte kann man auf eine schwache bis bestenfalls mittlere Anpassungsgüte der Modelle
schließen, was zeigt, dass es sich bei gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nicht um
ein völlig unerklärliches Phänomen handelt, das zugleich aber nicht vollständig durch die
herangezogenen Ansätze erklärt werden kann. Insgesamt sind die Koeffizienten auch sehr
klein, was ein Hinweis für eher geringe Effektstärken ist. Insbesondere die Sozialisationsund Desintegrationstheorie können nicht bestätigt werden. Dies kann jedoch ein für Bayern
spezifischer Befund sein, da diese Theorien in anderen Studien durchaus relevant sind.
Zusammenfassend zeigt sich somit, dass GMF auch in Bayern festgestellt, jedoch nicht
eindeutig erklärt werden kann.
5.4
Vergleich mit anderen Forschungsergebnissen
In Ansätzen ist auch der Vergleich mit Forschungsergebnissen für Deutschland interessant,
um Bayern bezüglich GMF im gesamt-deutschen Kontext einordnen zu können. Dazu wird
der Beitrag von Zick, Hövermann und Krause (2012) in der letzten Ausgabe von Deutsche
Zustände (Folge 10) verwendet. Dort werden insgesamt zwölf GMF-Elemente untersucht
und erklärt. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass hier bei der Messung der Einstellungen eine vierstufige Skala verwendet wurde und teilweise andere Fragen zur Erfassung der
GMF-Elemente gestellt wurden. Insbesondere die Theorie der sozialen Identität, politische
Desillusionierung bzw. Institutionenvertrauen und individuelle Deprivation können als
Erklärungsansätze in dieser und unserer Studie verglichen werden. Es zeigt sich, dass
Menschen mit hoher Bildung weniger starke abwertende Einstellungen gegenüber Minderheiten haben. Frauen neigen weniger zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als
Männer. Bezogen auf die politische Desillusionierung bzw. das Institutionenvertrauen zeigt
sich, dass hier eine höhere Erklärungskraft vorliegt als bei Zick et al. (ebd., S.74 und S.79).
Insbesondere bei der Abwertung von Homosexuellen hat dieser Erklärungsansatz hier eine
wichtige Bedeutung, bei Zick et al. jedoch nicht. Die Theorie der sozialen Identität ist hinsichtlich des Zugehörigkeitsgefühls zu Deutschland in beiden Studien ähnlich: Wer sich
eher stark mit Deutschland identifiziert, hat feindseligere Einstellungen gegenüber Minderheiten, als Personen, die dies nicht tun. Ebenso verhält es sich mit der geringen Aussagekraft der individuellen Deprivation: Die gefühlte Benachteiligung kann nur eingeschränkt
als Ursache für GMF identifiziert werden (ebd., S.79).
Insgesamt gibt es zwischen den Studien insbesondere bei den soziodemografischen Merkmalen Gemeinsamkeiten, jedoch auch Unterschiede bezüglich der theoretischen Erklärungsansätze. Das GMF-Syndrom ist in Bayern im Vergleich zu Deutschland weder besonders stark, noch besonders schwach ausgeprägt und kann mit keinem der verwendeten
Erklärungsansätze eindeutig erklärt werden (R2 hier: 12% bis 35%; R2 Zick et al.: 16% bis