Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 47
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
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Theorie der sozialen Identität: Ein ausgeprägtes Gefühl, Deutsche oder Deutscher zu sein,
geht in allen Fällen mit ausgeprägterer Ablehnung der betrachteten Gruppen einher: Menschen, die sich zu Deutschland in hohem Maße zugehörig fühlen, haben also feindseligere
Einstellungen gegenüber der jeweiligen Gruppe, als Menschen, die sich nicht so stark mit
Deutschland identifizieren. Die Veränderungen liegen im Bereich zwischen 0,15 und 0,34.
Hingegen haben Menschen, die sich als WeltbürgerInnen betrachten, bei fast allen Elementen (höchst-) signifikante negative Koeffizienten, was bedeutet, dass sie die betroffenen
Gruppen weniger stark abwerten, als Menschen, die sich nicht als Weltbürgerinnen oder
Weltbürger identifizieren16. Die Ergebnisse der Identifikation mit der Welt (Weltbürgertum)
können ad hoc folgendermaßen interpretiert werden: Womöglich ist ein Weltbürgertum
eher in einer offenen, humanistischen Einstellung begründet.
Bei der Religionszugehörigkeit fehlen die Ergebnisse für Menschen, die dem Judentum,
dem Islam oder anderen religiösen Gruppen angehören. Grund dafür sind die geringen
Fallzahlen in diesen Gruppierungen, weshalb eine Einzelbetrachtung nicht sinnvoll ist.
Dennoch wurden diese religiösen Minderheiten in den Modellen berücksichtig. Bei den
Elementen Muslimenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Abwertung von Homosexuellen
und Abwertung von Flüchtlingen gibt es (hoch) signifikante und positive Einflüsse der
Kategorie Katholisch: Menschen, die der katholischen Religion zugehörig sind, werten die
betroffenen Gruppen um 0,18, 0,09, 0,19 bzw. 0,12 Indexpunkte stärker ab, als Menschen,
die keiner Religion zugehörig sind.
Kontakthypothese:
Da nach verschiedenen Bereichen differenziert wurde, in denen Kontakt zu den betrachteten Personengruppen bestehen kann, gehen hierzu vier unabhängige Variablen in die Modelle ein. Insgesamt erweisen sich nur zwölf der 32 Koeffizienten als signifikant. Am ehesten scheinen Kontakte im Freundes- oder Bekanntenkreis mit geringeren Feindseligkeiten
einherzugehen, wobei die Kausalität hier besonders unklar ist. Zwar können Kontakte Vorurteile und ablehnende Einstellungen verringern, aber gerade in diesem Bereich ist auch
davon auszugehen, dass man Kontakte nur mit Personen eingeht, die man nicht ablehnt.
Kontakte am Arbeitsplatz, denen man vermutlich nicht so einfach ausweichen kann, zeigen
nur hinsichtlich der Muslimenfeindlichkeit, der Abwertung homosexueller Personen und
des Rassismus signifikante, die Ablehnung verringernde, Effekte. Kontakte in der Verwandtschaft zeigen einen solchen Effekt hinsichtlich der Muslimenfeindlichkeit und beim
16
Es wurde ebenfalls erhoben, ob sich die Befragten als Bayerinnen oder Bayern fühlen. Zusatzanalysen zeigen, dass auch das Zugehörigkeitsgefühl zu Bayern mit ablehnenderen Einstellungen
korreliert. Da aber das Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland und zu Bayern zusammenhängen
und die Aufnahme des Zugehörigkeitsgefühls zu Bayern in die Regressionsmodelle deren Güte
nicht erhöht, haben wir darauf verzichtet diese Ergebnisse im Einzelnen zu berichten.