Kati
„Träumst du, Kati?“ Das ist meine Mama, die bei der Küchenkombination
steht und schaut, dass ich arbeite.
Und ja, die Kati, das bin ich. Kati Gruber, sechste Klasse, wohnhaft an der
Märzgasse in Romanshorn, meine Hobbys sind: mit Freundinnen
rausgehen, Sport treiben und die Schule besuchen.
Ihr habt richtig gehört. In die Schule gehen ist ein Hobby von mir. Krass,
oder? Das ist erst seit einigen Wochen so. Vorher gehörte die Schule
einfach dazu, da musste man hin. Ob man wollte oder nicht. Allgemeine
Schulpflicht. Das steht in so einem Gesetz. Darüber habe ich mir nie gross
Gedanken gemacht. Doch jetzt ist alles anders. Everything changed.
Ihr habt euch diesen Frühling sicher auch anders vorgestellt, oder? Wie
ihr alle wollte auch ich Kolleginnen und Kollegen treffen, Fussball spielen,
auf dem Platz beim Schulhaus herumhängen und quatschen. Doch es ist
anders gekommen. Anstatt draussen an der Sonne zu sitzen, verbringe
ich meine Tage hier an unserem Esstisch und arbeite für die Schule.
«Distance-Learning» heisst das Zauberwort. Lernen auf Distanz. Und das
alles wegen dieser komischen Krankheit.
«Kati!» Mama schaut streng zu mir hinüber.
«Unsere Kleine hat mal wieder Mühe, sich zu konzentrieren.» Das sagt
meine grosse Schwester Mägi, die sich gerne lustig über mich macht.
«Selber Kleine», zische ich und schaue sie böse an.