GASTRO Branchenbuch 2017 BB_2017 | Page 81

DIENSTLEISTUNGEN

Die heimische Hotelbranche

„ Österreichs Hotellerie braucht einen Belastungsstop und aktivierende Maßnahmen, um Innovation und Wachstum weiter zu forcieren. Ein Exit-Szenario für hochverschuldete Verlustbetriebe würde der gesamten Branche helfen!“, sagt ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer
Die ÖHV präsentiert die größte Branchenanalyse der österreichischen Hotellerie: Top-Betriebe haben noch ungenütztes Potenzial, Non-Performer brauchen Exit-Szenario!
( Bilder + Grafiken: ÖHV)

Österreichs Tourismus genießt in aller Welt einen ausgezeichneten Ruf: „ Zu Recht!“, hält Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, fest: „ Die Betriebe in der internationalen Auslage sind top. Das zeigt auch die größte Branchenanalyse der österreichischen Hotellerie. Unser Anspruch ist aber, die Nr. 1 bei Innovation und betrieblicher Wertschöpfung in Europa zu werden. Nur so werden wir weiter als Wirtschafts- und Beschäftigungsturbo in Österreich spielen können.“ Der langjährige Branchenexperte Mag. Clemens Westreicher hat mehr als 3.000 Bilanzen aus 2010 und 2015 analysiert. Er untersuchte die Entwicklung der finanziellen Situation nach Bundesländern und Umsatzgrößenklassen. Präsentiert wurde die Studie von Westreicher und Reitterer beim größten Branchen-Event des Jahres, dem ÖHV-Hotelierkongress 2017 von 15. bis 17. Jänner in Bad Ischl.

Umsätze steigen stark, Kosten stärker Über die gesamte Hotellerie hinweg sind die Umsätze im Beobachtungszeitraum um 27 Prozent gestiegen, die Kosten um 29 Prozent: „ Das rückt die oft gefeierten Nächtigungsrekorde ins rechte Licht: Die Steuern, Abgaben und Gebühren galoppieren den Zimmerpreisen davon“, bestätigt Reitterer. Viele Gesetzesänderungen waren teuer für die Branche: die Streichung der Energieabgabenvergütung, die Anschaffung neuer Kassensysteme, die Auflösungsabgabe, die Allergenverordnung, Investitionen in den Nichtraucherschutz. Seit 2016 wirken sich auch die jüngsten Belastungen wie die Erhöhung der Umsatzsteuer von zehn Prozent auf 13 Prozent, die Verlängerung der Abschreibungsdauer um sieben Jahre und die erhöhte Grunderwerbsteuer in den Bilanzen negativ aus.
Belastungsstop dringend nötig „ Ein Blick auf die Bilanzen zeigt: Schaffen wir bei Steuern und Bürokratie nicht bald den Turnaround, werden sich die Betriebsschließungen fortsetzen“, warnt Reitterer. Denn die Marktbereinigung hat bereits eingesetzt: Zwischen 2010 und 2015 sank die Zahl der Hotels, Gasthöfe und Pensionen um sechs Prozent. Nur spezifische Maßnahmen für die Branchenspitze, das Mittelfeld und die Low-Performer würden eine optimale Performance gewährleisten, so Reitterer. Gerade jetzt, in Zeiten guter Nachfrageentwicklung, müssen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen für die nächsten Jahre gesetzt werden.
Das Spitzenfeld: sehr gute Performance, aber auch ungenütztes Potenzial Die Top-Betriebe sind sehr gut aufgestellt:
● Ihr GOP beträgt 28 Prozent der Betriebsleistung.
● Die fiktive Schuldentilgungsdauer liegt im Top-Segment bei hervorragenden fünf Jahren.
● Die Kapitalrentabilität der Top-Performer liegt im Durchschnitt bei 13 Prozent.
Aber sie können nur einen Teil ihres Potenzials abrufen: zu viel Zeit, zu viel Geld fließen in Bürokratie, Regulierung und Steuern statt in Marktbearbeitung, Qualität und Human Resources. Das gesetzliche Verbot der Ratenparität und die Investitionszuwachsprämie werden diesem Segment helfen, notwendig wären allerdings endlich Maßnahmen im Bürokratieabbau, eine weitreichende Liberalisierung der Gewerbeordnung und natürlich eine realistische Abschreibungsdauer.
„ Für die breite Mitte ist es bereits 5 vor 12!“ Es fehlt an Geld für Investitionen und Innovationen, die Preisdurchsetzung ist zu schwach –
GASTRO Branchenbuch 82