Literatur
Baikal. DerOstenruft.
N
icola Haardt selbsterfährt Sehnsucht. Das gibt dem Nacherleben
auf gut 300 Seiten erwärmenden
Rückenwind. Sie erklärt nicht, sie schildert Erfahrenes. Sie versucht sich nicht
als Russlandversteherin, sie bringt Weiten und Widersprüche näher.
Bochum, Berlin, Polen, Ostsee, Kaliningrad, Litauen, Lettland, Russland vor
allem hinter dem Ural, Sibirien, Baikal,
Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan,
Russland, Ukraine inklusive Krim, Polen,
Brandenburg, Recklinghausen, Bochum... 554 Tage, von März 2005 bis
September 2006. Winter, Berge, Sandsturm. Das ist eigentlich zu viel zu erzählen. Sie selbst spürt den vollen Speicher
aufden letzten Etappen.
Vorher gelingt es ihr trefflich, uns ihre
Wegegefühlslagen mitfühlen zu lassen.
Unsicherheiten und Ängste als Alleinreisende vor dem riesigen Ziel. Dann die mit
den Kilometern wachsende Selbstsicherheit, die durch freundliche Neugier kräftig
gefüttert wird. Unglaublich die Zahl und
Art der Einladungen zu Tee und interessanteren Getränken, vielfältigem Essen,
Beherbergungen und Kulturerleben. Das
Großartigste am Buch ist für mich die
Vielschichtigkeit der kleinen Begegnungen und Ereignisse wie der stabile Kochgenuss auf Kuhfladen, selbst den Hundeschaschlikgeschmack teilt sie uns mit.
Diese Spezialität der auch in Zentralasien wohnenden Koreaner ist ein Einblick
unter vielen in Begegnungen Nicola
Haardts mit unterschiedlichsten nationalen Minderheiten, die mehr oder minder
vorurteilsvoll oder respektvoll in den meist
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FahrRad Frühling 201 5
einsamen Weiten der ehemaligen Sowjetunion ihre Schicksale meistern. Unterwegs triff