FahrRad 1/2015 | Page 64

Literatur Baikal. DerOstenruft. N icola Haardt selbsterfährt Sehnsucht. Das gibt dem Nacherleben auf gut 300 Seiten erwärmenden Rückenwind. Sie erklärt nicht, sie schildert Erfahrenes. Sie versucht sich nicht als Russlandversteherin, sie bringt Weiten und Widersprüche näher. Bochum, Berlin, Polen, Ostsee, Kaliningrad, Litauen, Lettland, Russland vor allem hinter dem Ural, Sibirien, Baikal, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Russland, Ukraine inklusive Krim, Polen, Brandenburg, Recklinghausen, Bochum... 554 Tage, von März 2005 bis September 2006. Winter, Berge, Sandsturm. Das ist eigentlich zu viel zu erzählen. Sie selbst spürt den vollen Speicher aufden letzten Etappen. Vorher gelingt es ihr trefflich, uns ihre Wegegefühlslagen mitfühlen zu lassen. Unsicherheiten und Ängste als Alleinreisende vor dem riesigen Ziel. Dann die mit den Kilometern wachsende Selbstsicherheit, die durch freundliche Neugier kräftig gefüttert wird. Unglaublich die Zahl und Art der Einladungen zu Tee und interessanteren Getränken, vielfältigem Essen, Beherbergungen und Kulturerleben. Das Großartigste am Buch ist für mich die Vielschichtigkeit der kleinen Begegnungen und Ereignisse wie der stabile Kochgenuss auf Kuhfladen, selbst den Hundeschaschlikgeschmack teilt sie uns mit. Diese Spezialität der auch in Zentralasien wohnenden Koreaner ist ein Einblick unter vielen in Begegnungen Nicola Haardts mit unterschiedlichsten nationalen Minderheiten, die mehr oder minder vorurteilsvoll oder respektvoll in den meist 64 FahrRad Frühling 201 5 einsamen Weiten der ehemaligen Sowjetunion ihre Schicksale meistern. Unterwegs triff