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Immer absurdere Befehle!
Sie können bei jeder Abstimmung frei entscheiden – noch. Waren Sie für die
M
inarettverbotsinitiative oder dagegen? Unterstützen Sie die Ausschaffungs
initiative oder nicht? Sind Sie für die lebenslange Verwahrung von nicht
t
herapierbaren Sexual- oder Gewaltstraftätern oder dagegen? Das ist Ihr Recht!
Nationalrat Lukas Reimann, Wil (SG)
Und es ist auch Ihr Recht, etwas mittels Volksinitiative oder Referendum
zur Abstimmung zu bringen! Es gibt
bei jeder Abstimmung Argumente für
und gegen etwas. Aber seien Sie auf
keinen Fall gegen die direkte Demokratie, nämlich Ihr Recht, über all
diese Fragen selber zu entscheiden.
Genau das ist heute gefährdet.
Direkte Demokratie als
Bremse
Von uns Bürgerinnen und Bürgern geht alle Staatsgewalt aus.
Mit dem Recht auf Volksabstimmungen können wir unsere Stimme viel differenzierter
zum Ausdruck bringen: Vor
Volksabstimmungen kommt
es zu einer breiten, oft zugespitzten, aber doch auch
aufklärend wirkenden Diskussion. Volksabstimmungen decken Widersprüche
zwischen Politikern und Wählern auf.
Immer wieder entscheiden die Bürgerinnen und Bürger anders als zuvor
das Parlament. Wer gefragt wird, wendet sich nicht ab.
Ausufernder EGMR fernab
jeglicher Vernunft
In den vergangenen Jahren uferten die
Urteile des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte (EGMR) immer
weiter aus. Sie griffen damit immer
mehr in die Souveränität der Schweiz
ein – obwohl bei der Unterzeichnung
der EMRK keine Rede von derart
weitgehenden Beurteilungen und Verurteilungen aller möglichen und unmöglichen Rechtsbereiche der Schweiz
war. Nein, so war das ganz sicher nicht
gemeint. Und die Kritik an den Urteilen des EGMR wird immer grösser –
von Angela Merkel bis David Cameron. Vielen Urteilen geht jeglicher
gesunde Menschenverstand ab. Sie
finden einige dieser Urteile unten stehend ausführlich beschrieben.
Stossende Urteile des Europäischen Gerichts
hofes für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg:
Asylpolitik ausgehebelt (case of Tarakhel v. Switzerland, 29217 / 12)
Der EGMR stellte am 14. November 2014 im Fall T. fest, dass die Schweiz eine afghanische Familie nicht nach Italien zurückschi cken dürfe (bzw. erst nachdem Italien gegenüber der Schweiz Garantien abgeben kann, dass die Familie in Italien gut
untergebracht wäre), obwohl die Familie in Italien ihr erstes Asylgesuch gestellt hat und das Dublin-Abkommen genau diese
Rückführung ins Erstasylland vorsieht. Den Entscheid fällten 17 Richter in Strassburg.
Kriminelle vor Ausweisung geschützt (affaire Udeh c. Suisse, 12020 / 09)
Aus dem Anspruch auf Schutz des Familienlebens (Art. 8 EMRK) hat der EGMR im Urteil vom 16. April 2013 abgeleitet, dass
die Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe und Sozialhilfeabhängigkeit kein ausreichender Grund sei, einen Ausländer auszuweisen und damit von seinen Kindern zu trennen.
Im Jahr 2001 reiste der Nigerianer unter falscher Identität in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches abgelehnt
wurde. Er verliess in der Folge die Schweiz. Im Jahr 2003 reiste er – mit der Absicht, eine Schweizer Bürgerin zu heiraten –
wieder ein. Die beiden bekamen Zwillinge. Drei Jahre später wurde U. in Deutschland beim Versuch, Kokain einzuführen,
festgenommen und zu 42 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Verbüssung der Haftstrafe reiste U. zurück in die Schweiz zu
seiner Familie. Die Ehe wurde später geschieden. U. blieb in der Schweiz und wurde 2012 erneut Vater. Die neue Partnerin
ist Schweizerin. Das Bundesgericht lehnte im Jahr 2009 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ab. Es begründete dies u.a.
mit der Straffälligkeit von U. sowie mit dessen Sozialhilfeabhängigkeit. Am 16. April 2013 entschieden die Strassburger Richter mit 5 gegen 2 Stimmen zugunsten von U. Die Schweiz hat den EGMR um Neubeurteilung durch dessen Grosse Kammer
ersucht. Diese hat diese Beurteilung jedoch abgelehnt. Damit wurde das Urteil definitiv. Die Schweizer Behörden müssen dem
Kläger 9’000 Euro Genugtuung zahlen.
Kostenübernahme für Geschlechtsumwandlung (affaire Schlumpf c. Suisse, 29002 / 06)
Zu den Menschenrechten gehört nach Auffassung des EGMR das Recht, sich von der obligatorischen Grundversicherung in
der Schweiz eine Geschlechtsumwandlung bezahlen zu lassen (Urteil EGMR vom 8. Januar 2009; Verletzung von Art. 8 EMRK,
entschieden mit 5 zu 2 Stimmen).
Drogenhändler darf in der Schweiz bleiben (BGE 139 I 16 ff.)
X. (geb. 1987) stammt aus Mazedonien. Er reiste im November 1994 im Rahmen eines Familiennachzugs in die Schweiz ein,
wo er in der Folge über eine Niederlassungsbewilligung verfügte. Nach der obligatorischen Schulzeit absolvierte er eine Anlehre als Maler. Am 18. Juni 2010 wurde X. wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer
bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Das Strafgericht befand, dass er sich ohne Notlage am organisierten Drogenhandel und insbesondere an der geplanten Umsetzung von rund einem Kilogramm Heroin beteiligt habe. Das
Migrationsamt des Kantons Thurgau widerrief am 30. März 2011 die Niederlassungsbewilligung von X. und wies ihn aus der
Schweiz weg. Die von X. hiergegen ergriffenen kantonalen Rechtsmittel waren ohne Erfolg. Das Bundesgericht hiess – beeinflusst durch die Rechtsprechung des EGMR – die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten am 12. Oktober 2012
jedoch gut und hob das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 14. September 2011 auf mit dem Ergebnis,
dass X. in der Schweiz bleiben darf.
Dass das Schweizer Volk am 28. November 2010 die Ausschaffungsinitiative gutgeheissen hat, berücksichtigte das Bundesgericht nicht.
Bedeutung und Folgen dieser Urteile
• Die Auslegung und Anwendung der Bundesverfassung hat sich innerhalb der Schranken des Völkerrechts zu bewegen.
• Völkerrecht – auch das nicht zwingende Völkerrecht – geht der Bundesverfassung und den Bundesgesetzen vor.
Auch das Bundesgericht hat auf Druck des EGMR die rechtliche Souveränität der Schweiz preisgegeben und die Verantwortung
für die schweizerische Rechtsordnung dem internationalen Recht und den internationalen Gerichten übertragen. Dies stellt einen massiven Einschnitt in unsere direktdemokratischen Rechte dar.
Menschenrechte als zentraler
Teil der Schweizer Verfassung
Die Menschen- und Grundrechte garantiert die Schweiz in ihrer
Verfassung schon lange. Mit einem Angriff auf diese hat die
Selbstbestimmungsinitiative nichts zu tun, im Gegenteil. Ziel der
Selbstbestimmungsinitiative ist deren Schutz durch Schweizer
Richter, die – im Gegensatz zu den Richtern in Strassburg und
Luxemburg – mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut
sind und den Wert unserer demokratischen Ordnung kennen.
Gerne geht vergessen, dass sämtliche
im internationalen Recht festgeschriebenen Menschenrechte unter der Bezeichnung «Grundrechte» in der
Schweizerischen Bundesverfassung
festgeschrieben sind und teilweise in
den Kantonsverfassungen ergänzt werden. Die Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK), abgeschlossen am 4. November 1950 und für die Schweiz in Kraft
getreten am 28. November 1974, enthält einen Katalog von Menschenrechten und Grundfreiheiten, die vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg (EGMR) angerufen werden können, die inhaltlich
aber nicht weiter gehen als die Grundrechte unserer Bundesverfassung, wie
folgende Aufzählung zeigt:
Mit der neuen Bundesverfassung
vom 18. April 1999 wurden
sämtliche Grundrechte in den
Artikeln 7 – 34 ausdrücklich
festgehalten:
Art. 7: Menschenwürde
Art. 8: Rechtsgleichheit
Art. 9: Schutz vor Willkür und Wahrung
von Treu und Glauben
Art. 10: Recht auf Leben und persönliche
Freiheit
Art. 11: Schutz der Kinder und Jugendlichen
Art. 12: Recht auf Hilfe in Notlagen
Art. 13: Schutz der Privatsphäre
Art. 14: Recht auf Ehe und Familie
Art. 15: Glaubens- und Gewissensfreiheit
Art. 16: Meinungs- und Informationsfreiheit
Art. 17: Medienfreiheit
Art. 18: Sprachenfreiheit
Art. 19: Anspruch auf Grundschulunterricht
Art. 20: Wissenschaftsfreiheit
Art. 21: Kunstfreiheit
Art. 22: Versammlungsfreiheit
Art. 23: Vereinigungsfreiheit
Art. 24: Niederlassungsfreiheit
Art. 25: Schutz vor Ausweisung, Auslieferung
und Ausschaffung
Art. 26: Eigentumsgarantie
Art. 27: Wirtschaftsfreiheit
Art. 28: Koalitionsfreiheit
Art. 29: Allgemeine Verfahrensgarantien
Art. 29a: Rechtsweggarantie
Art. 30: Gerichtliche Verfahren
Art. 31: Freiheitsentzug
Art. 32: Strafverfahren
Art. 33: Petitionsrecht
Art. 34: Politische Rechte
Selbstbestimmungsinitiative
steht für Menschenrechte ein
Die Schweiz garantiert die Menschenrechte nicht nur unabhängig vom
A
nschluss an die EMRK sowie an
A
bkommen der Vereinten Nationen
(insbesondere die UNO-Pakte I und
II), sie geht inhaltlich sogar weiter. Die
Selbstbestimmungsinitiative steht für
die Einhaltung der Menschenrechte
ein und hat Vertrauen in das Schweizer Rechtssystem, dass es diese auch
achtet. Es ist nicht einzusehen, weshalb fremde Richter die Menschenrechte besser schützen würden als unsere höchsten Richter.
Die Selbstbestimmungsinitiative ist
deshalb auch als Vertrauensbeweis zugunsten unseres eigenen Rechtssystems zu verstehen.
Verpolitisierung der
Menschenrechte
Nicht vergessen werden darf in diesem
Zusammenhang, dass Menschenrechte und Grundrechte eingeschränkt
Menschenrechte und
Grundfreiheiten gemäss EMRK:
Art. 2: Recht auf Leben
Art. 3: Verbot der Folter
Art. 4: Verbot der Sklaverei und der
Zwangsarbeit
Art. 5: Recht auf Freiheit und Sicherheit
Art. 6: Recht auf ein faires Verfahren
Art. 7: Keine Strafe ohne Gesetz
Art. 8: Recht auf Achtung des Privat- und
Familienlebens
Art. 9: Gedanken-, Gewissens- und
Religionsfreiheit
Art. 10: Freiheit der Meinungsäusserung
Art. 11: Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Art. 12: Recht auf Eheschliessung
Art. 13: Recht auf wirksame Beschwerde
Art. 14: Diskriminierungsverbot
werden können. Das halten die EMRK
und unsere Bundesverfassung gleichermassen fest. Denn auch im Bereich der Menschen- und der Grundrechte gilt: keine Rechte ohne Pflichten.
Jedem Menschen- oder Grundrecht
stehen immer auch legitime Interessen anderer Personen oder der Gesellschaft gegenüber.
So haben auch Opfer von Gewalttaten
Grundrechte, und nicht nur Täter. Ein
Landesverweis eines Straftäters kann
zwar ein Eingriff in sein Privat- und
Familienleben sein, jedoch hat auch
das Opfer bzw. die Gesellschaft ein
Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und einen Schutz vor wei
teren Delikten des Täters. In der
D
iskussion um Menschenrechte und
Grundrechte gehen der Schutz der
Opfer und die Sicherheit der Bevölkerung leider immer häufiger vergessen.