Edelstahl Aktuell September 2024 | Page 34

Schweißen & Schneiden

Zwei neue Optikkonzepte verbessern die Schweißnaht bei der Hairpin-Fertigung und dem Fügen von Kunststoffen auf Metall Laserbasiertes Schweißen im Leichtbau

Das Strahlwerkzeug Laser ist aus modernen Fertigungen nicht mehr wegzudenken . Dabei wachsen die Anforderungen bezüglich Effizienz und Einsatzmöglichkeiten – und damit auch die Grenzen der Laser . Bei neuen Anwendungsfeldern , Bauteilgeometrien und Werkstoffen kann es passieren , dass konventionelle Optiken mit eingeschränkten Bewegungsradien und limitierten Strahlformungsoptionen nicht mehr ausreichen , um ein fehlerfreies Schweißergebnis zu garantieren . Hierzu zählen z . B . das Zusammenfügen von thermoplastischen Kunststoffen und Metall als Strukturkomponenten in der Fahrzeugkonstruktion und das Verschweißen von Hairpins in E-Motoren . Daher haben die Laserspezialisten von LMB gemeinsam mit Partnern zwei neue Konzepte entwickelt , mit denen sich das Schmelzbad durch eine flexiblere Ansteuerung und präzisere Leistungsverteilung positiv beeinflussen lässt . Mit dem Twin-Weld-Verfahren wird eine bessere Vermischung im Schmelzbad erreicht , sodass Spalte schneller überbrückt werden können . MULTISPOT erlaubt es , die Intensitätsverteilung innerhalb eines Laserfokus lokal und zeitlich zu variieren . So kann die Leistung erstmals präzise an die Schweißnahtgeometrie und die Materialeigenschaften angepasst werden .
Ein Gastbeitrag von Nicki Teumer , freier Redakteur in München , für die LMB Automation GmbH .
„ Der Laser ist ein etabliertes Werkzeug in der Fertigung “, weiß Dipl . -Ing. Peter Schlüter , Geschäftsführer der LMB Automation GmbH . „ Trotz seiner vielseitigen Möglichkeiten und Ausprägungen birgt die Verwendung allerdings ein paar Stolpersteine , die durch Anpassungen und stetige Weiterentwicklung aus dem Weg geräumt werden können .“ So ist Laserstrahl nicht gleich Laserstrahl : Die Form beeinflusst die Produktqualität , indem sie Leistungsdichte , Schnittbreite , Schmelzbaddynamik und Wärmeeinflusszone bestimmt . Je nach Anwendung kann der Strahl fokussiert , aufgeweitet oder geteilt werden . Besonderes Augenmerkt sollte dabei auf dem Schmelzbad liegen , das sich auf die Geometrie , Festigkeit und Mikrostruktur der Verbindung und somit die Qualität der Schweißnaht auswirkt . Je besser sich diese Dynamik mit einer optimierten Optik ort- und zeitunabhängig steuern lässt , desto eher können typische Probleme wie Risse , Poren , Spritzer , Hinterschnitte oder eine unzureichende Durchdringung im Keyhole vermieden werden .
Aufbau einer Optik mit rotierenden Komponenten Ein typischer Fall , bei dem die Kombination aus anspruchsvollem Werkstoff und unzureichender Flexibilität der Optik zu Problemen führen kann , ist das Schweißen von Kupferverbindungen , die z . B . in der Statorfertigung bei den Hairpins gelegt werden . Die viskose Kupferschmelze führt zu einer ausgeprägten Prozessdynamik , wodurch das Material sehr schnell zu spritzen anfängt . Für die Fertigung ist aber ein möglichst spritzarmer Prozess notwendig , da kein ausgeworfenes Material in den Stator gelangen darf . Um dies zu gewährleisten , nutzt LMB im Twin-Weld- Verfahren eine angepasste Bifokal-Optik , die den Strahl in der Vorwärtsbewegung im Vergleich zu herkömmlichen , feststehenden Scanneroptiken zusätzlich teilt und in kleinen Kreisen um die optische Achse rotieren lässt . „ Die beiden Teilstrahlen sorgen im Schmelzbereich durch zwei Keyholes dafür , dass das aufgeschmolzene Material besser vermengt und durch die Drehbewegung in den Spalt hineingedrückt wird “, erklärt Schlüter . Dadurch gewinnt die Schweißnaht an Festigkeit . Gleichzeitig sorgt die Teilung und Rotation dafür , dass die Zeitspanne beim Überfahren eines Referenzpunktes gegenüber nur einem Fokuspunkt halbiert und der gesamte Schweißvorgang damit beschleunigt wird . Mit der Kombination aus hoher Rotationsgeschwindigkeit und flexibler Optik ermöglicht es das Twin-Weld-Verfahren erstmals , alle Konturen mit dieser Optik zu bearbeiten . Mit einer feststehenden Bifokaloptik wäre dies gar nicht erst möglich . Darüber hinaus reduziert die höhere Rotationsgeschwindigkeit deutlich die Anzahl der Poren , die im oberen Bereich der Schweißnaht auftreten . „ Da insbesondere CU-Bauteile sehr stark zur Spritzerbildung neigen , wollten wir dem unbedingt vorbeugen . Dies gelingt uns durch zügiges Anschmelzen und Hineindrücken des erwärmten Materials , sodass es gar nicht erst nach oben aus dem Keyhole entweichen kann “, so Schlüter .
Die neue Bifokal-Optik von LMB teilt den Strahl in der Vorwärtsbewegung im Vergleich zu herkömmlichen , feststehenden Scanneroptiken und lässt ihn in kleinen Kreisen um die optische Achse rotieren . Fotos : LMB Automation GmbH
Laseroptik zum Fügen von Kunststoffen mit einer breiten Naht Thermoplastische Kunststoffe stellen eine neue Herausforderung für das Laserschweißen dar . Sie kommen bei der Realisierung von Leichtbaukonzepten zunehmend als Strukturbauteile zum Einsatz . Das Laserschweißen von Kunststoffen ist zwar nicht neu , wird jedoch vor allem zum Erzeugen relativ schmaler Schweißnähte etwa im Bereich von Mikrofluidanwendungen eingesetzt . Für Strukturbauteile sind hingegen große Anbindungsflächen zwischen den einzelnen Bauteilkomponenten erforderlich , um eine hinreichende Kraftübertragung zu gewährleisten . Damit beim Fügeschweißen von unterschiedlichen Kunststoffen sowie von Kunststoffen mit Metallen höhere Festigkeiten und Dichtigkeiten erreicht werden können , sind breitere Schweißnähte notwendig , als sie sich mit Standardoptiken erstellen lassen . „ Prinzipiell können mit homogenisierten Laserfokussen durchaus breite Schweißnähte erzeugt werden “, wirft Schlüter ein . „ Untersuchungen haben allerdings gezeigt , dass die maximalen Prozesstemperaturen beim Fügen mit einem großen Laserfokus bei klei-
34 edelstahl aktuell | Ausgabe 6 | September 2024