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Studie : Die deutsche Industrie könnte mit Investitionen von rund 52 Mrd . EUR klimaneutral werden „ Die Energiekrise als Chance “
Das verarbeitende Gewerbe ist aktuell für etwa ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich . Fast drei Viertel davon entfallen auf die Eisen- und Stahlindustrie , die Chemiebranche sowie auf die Produktion von Zement und anderen nicht-metallischen Mineralien . Mit kumulierten Investitionen von 2,7 Billionen Euro ( EUR ) könnte das verarbeitende Gewerbe jedoch bis zum Jahr 2050 deutlich über 90 % der Emissionen vermeiden . Zum Einfangen und Lagern der restlichen CO2-Emissionen sind weitere Investitionen von etwa 2,8 Billionen EUR notwendig . Zu diesem Schluss kommt die jüngste Studie des weltweit tätigen Kreditversicherers Allianz Trade .
Notwendig ist dazu ein ganzes Maßnahmenpaket : Die Energieeffizienz muss erhöht werden , statt Kohle , Öl und Gas müssen Wasserstoff und Biomasse als Brennstoff verwendet werden und die Erzeugung von Wärme muss elektrisch erfolgen , beispielsweise über industrielle Wärmepumpen . Da manche Emissionen auch dann noch nicht vermieden werden können , müssen zusätzlich Technologien zur Kohlendioxidabscheidung und dauerhaften Lagerung eingeführt werden .
Maßnahmen einleiten „ Jede Krise ist auch eine Chance : Wenn Industrie und Politik die aktuelle Energiekrise als Chance ansehen und jetzt entsprechende Maßnahmen einleiten , stehen die Aussichten für eine grüne
Die Energieeffizienz muss erhöht werden . Foto : Pixabay
Industrie-Revolution sehr gut “, sagt Markus Zimmer , Senior Volkswirt bei Allianz Trade . „ Die Kohlendioxidemissionen des gesamten Sektors können mit verbesserten Prozessen , nachhaltigen Brennstoffen und Elektrifizierung bis 2050 auf nahezu Null reduziert werden . Erforderlich sind dafür kumulierte Investitionen in Höhe von 2,7 Billionen EUR .“ Von diesen benötigten weltweiten Investitionen entfallen etwa 8 % auf die Europäische Union ( EU ) – das sind umgerechnet 210 Mrd . EUR . Die Hälfte davon allein sind für Investitionen in die Elektrifizierung notwendig . Der Rest verteilt sich zu fast gleichen Teilen auf die Nutzung von Wasserstoff , innovative Produktionsverfahren und neue Technologien .
Restemissionen einfangen „ Hinzu kommen dann noch zusätzliche Investitionen von 330 Mrd . EUR in der EU , um die Restemission einzufangen und dauerhaft zu lagern . Das ist insgesamt also wesentlich teurer . Im direkten Vergleich ist es also sinnvoll , zunächst so viele Emissionen wie möglich zu vermeiden “, sagt Zimmer . Um den Finanzierungsbedarf für die Vermeidung von Emissionen zu decken , müssen die EU28- Länder zwischen 2020 und 2030 jährlich 3 Mrd . EUR ( Deutschland : 0,7 Mrd . EUR ) und von 2030 bis 2050 , wenn die Technologien für den großtechnischen Einsatz bereit sind , 9 Mrd . EUR pro Jahr investieren ( Deutschland : 2,3 Mrd . EUR ). Hinzu kommen auch hier die Zusatzkosten für die Bindung und Lagerung der Restemissionen .
Verbesserte Planungssicherheit „ Das verarbeitende Gewerbe ist in Deutschland eine wichtige Stellschraube für eine letztlich erfolgreiche Energiewende und die Einhaltung der Klimaziele “, sagt Zimmer . „ Die Dekarbonisierung hat zwar ihren Preis , könnte der hiesigen Industrie aber zu einer deutlich verbesserten Planungssicherheit verhelfen und zeitgleich den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen . In Deutschland sind dafür bis 2050 kumulierte Investitionen von 52,4 Mrd . EUR notwendig , den Löwenanteil in der Eisen- und Stahlindustrie ( 16,7 Mrd . EUR ), in der Zellstoff- und Papierindustrie ( 16,3 Mrd . EUR ) sowie in der Chemiebranche ( 9,51 Mrd . EUR ).“ Für die Industrie könnten sich diese Investitionen angesichts der höheren Effizienzen und der erwarteten Amortisierung von Investitionssummen durchaus lohnen : „ Durch die Investitionen würden die industriellen CO2-Emissionen in der EU um 265 Mega-Tonnen gesenkt , das entspricht 92 % der aktuellen Emissionen “, sagt Zimmer . „ Um eine Tonne CO2 pro Jahr zu vermeiden , sind also durchschnittlich Investitionen von 790 EUR notwendig . Bei dem aktuellen CO2-Preis würde sich die Investitionssumme also nach acht Jahren amortisieren .“
34 edelstahl aktuell | Ausgabe 3 | MaI 2023