Dynamo Dresden Dynamo Kreisel zum 4. Dresdner Traditionstag | Page 29
eingebremst hatte. Wenn ich grundsätzlich an
meine Jugend denke, dann stelle ich fest, dass
das Leben mich und vor allem meine Familie
schon auf viel härtere Weise gefordert hat. Der
Krieg, das unendliche Leid und die Folgen
des Zweiten Weltkrieges waren für viele
Jahre ein unglaublicher Eingriff in das ge-
samte gesellschaftliche Leben, welches
quasi nicht mehr vorhanden war. Es ging
damals für alle bei null los.
Weil alles in Schutt und Asche lag.
Ja, genau. Jeder musste mit den unfass-
baren Konsequenzen klarkommen, ob er
wollte oder nicht. Dagegen sind die tempo-
rären Einschränkungen, die wir in diesen
Tagen erleben, doch ertragbar. Nach dem
Krieg gab es Lebensmittelkarten für Brot,
Wurst und Käse, damit die Menschen sich
überhaupt etwas zu essen leisten konnten
und jeder etwas bekam. Heute können wir
zusammen dafür sorgen, dass der Virus
sich nur langsam ausbreitet. Und alles was
wir dafür tun müssen, ist, ein paar Wochen
zuhause zu bleiben.
Hast du damals zusammen mit deiner Familie in
Dresden gelebt?
Nur bis etwa 1946. Wir sind dann als Familie
zu Verwandten aufs Land nach Mecklenburg
gezogen und haben dort bei der Landwirtschaft
mitgeholfen. So hatten wir Unterkunft und genug
Lebensmittel. Ich bin dann ungefähr 1954 nach
Dresden zurückgekehrt und lebe bis heute in
unserer wunderbaren Stadt.
Zurück in die Gegenwart. Wie schützt du dich
aktiv vor dem unsichtbaren Feind, dem Corona-
virus?
Wir haben in den Gängen an jeder Ecke einen
Desinfektionsspender. Dort bedienen wir uns,
wenn wir daran vorbeikommen. Leider müssen
bei uns im Betreuten Wohnen auch das gemein-
same Kaffeetrinken und die gemeinsamen Skat-
sowie Rommérunde ausfallen. Vor allem das
gemeinsame Kartenspielen mit meinen Mitstrei-
terinnen und Mitstreitern vermisse ich schon
sehr in meinem Alltag, denn die Freude am Spiel
ist bei mir stets ein Stück größer als der Ärger
übers Verlieren. Und ich gewinne trotz meines
Ehrgeizes nicht oft. (lacht)
Du bist als Edelfan und sogenannte „Dynamo-
Omi“ auch regelmäßiger Gast bei den Pres-
sekonferenzen im Stadion. Fehlt dir auch der
Kontakt zu Dynamo Dresden?
Diese Frage ist für mich ganz leicht zu beantwor-
ten: Dynamo vermisse ich Tag und Nacht. Wenn
ich munter werde, denke ich an den Verein. Und
abends vor dem Einschlafen wünsche ich mir
jeden Tag, dass es allen Dynamos hoffentlich gut
geht. Bleibt bitte alle schön gesund und passt gut
auf euch auf.
Wenn die Ausgangsbeschränkung vorüber ist,
worauf freust du dich am meisten?
Solange mich meine Beine tragen, die mir in
meinem Alter leider zunehmend Schwierigkeiten
bereiten, werde ich ins Stadion gehen, weil es
etwas ganz Besonderes für mich ist. Oft holen
mich ganz liebe Menschen ab und nehmen mich
mit zum Stadion, denn alleine packe ich den Weg
leider nicht mehr. Ich freue mich schon jetzt sehr
darauf, wenn endlich wieder Fußball im Stadion
gespielt wird.
Wirst du in der Zwischenzeit auf dem Laufenden
gehalten?
Ich lese die Tageszeitungen und schaue jeden
Tag in mein Handy, ob es Neuigkeiten von den
Spielern, Trainern und Verantwortlichen gibt.
Ich schaue mir alles an, was es da so Neues im
Internet gibt. Dynamo ist das, was mir derzeit am
meisten fehlt.
Hab ganz herzlichen Dank für das Telefonge-
spräch und pass bitte gut auf dich auf. Bleib‘
gesund, liebe Ingrid!
interview :
Henry Buschmann
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