Dynamo Dresden Dynamo Kreisel zum 4. Dresdner Traditionstag | Page 28
Magazin
„Es ging damals für alle bei null los.“
Interview mit Ingrid Beier in der Corona-Krise
Ingrid Beier ist 89 Jahre alt und
fiebert als eine der ältesten An-
hängerinnen seit Jahrzehnten lei-
denschaftlich mit der SGD mit. Den
meisten Fans der Sportgemein-
schaft ist sie nur als „Dynamo-Omi“
bekannt. So wird die gebürtige
Dresdnerin auch an der Super-
marktkasse begrüßt, wenn sie
ihren Einkäufen nachgeht.
Von 1954 bis 1977 war sie Straßen-
bahnführerin in der Landeshaupt-
stadt. Anschließend wechselte sie
bis zu ihrer Pensionierung in die
Kantine der Dresdner Verkehrs-
betriebe. Seit 2015 lebt die Rent-
nerin nun im Betreuten Wohnen in
Dresden-Striesen und hält Dynamo
Dresden auch in Zeiten der Corona-
Krise weiter die Treue.
Wir sprachen mit Ingrid Beier über ihren Alltag
im Ausnahmezustand der Corona-Pandemie. Wir
wollten wissen, wie sie mit den aktuellen Maß-
nahmen zurechtkommt, die das gesellschaftliche
Leben in Deutschland vorübergehend einschrän-
ken. Außerdem tauchten wir in eine Zeit ab, die
nicht nur in Dresden von Leid, Hunger, Trümmern
und Lebensmittelmarken gekennzeichnet war
und nachhaltig Spuren im Leben der bald 90-Jäh-
rigen hinterlassen hat.
Wie geht es dir, liebe Ingrid?
Danke der Nachfrage. Mir geht es im Moment
gut. In meinem Alter schaue ich nicht mehr ganz
so weit in die Zukunft. Ich versuche jeden Tag so
zu genießen, wie er ist.
Wie hat sich der Alltag in deinem Leben durch
die Corona-Krise verändert?
Eigentlich komme ich mit den Einschränkungen
gut zurecht. Ich darf ja noch raus an die frische
Luft, um mich ein Stück zu bewegen. Und in den
benachbarten Supermarkt darf ich auch noch
gehen, um meine kleinen Einkäufe zu erledigen.
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Die einzige wirklich gravierende Veränderung für
mich ist, dass wir hier nichts mehr mit anderen
Bewohnerinnen und Bewohnern zusammen ma-
chen dürfen.
Welche besonderen Maßnahmen gelten jetzt für
dich und die anderen Bewohner in eurem Haus?
Wir müssen derzeit möglichst jeden sozialen
Kontakt meiden, der nicht unbedingt sein muss.
Das gilt auch für Besuche. Das ist natürlich schon
traurig, aber momentan nicht zu ändern. Außer-
dem dürfen wir nur noch alleine mit dem Aufzug
fahren, wenn wir die Etagen im Gebäude wech-
seln möchten. Beim Essen gibt es für uns derzeit
feste Zeiten und es gilt bei der Sitzordnung im
Speisesaal einen großen Abstand einzuhalten.
Du hast schon einiges in deinem Leben erlebt.
Ist die Ausnahmesituation mit irgendetwas ver-
gleichbar?
Ich werde in ein paar Wochen 90 Jahre alt. Ich
erinnere mich, dass wir mal große Probleme mit
der Ausbreitung von Diphtherie hatten und sehr
viele Menschen daran erkrankt und gestorben
waren, bevor ein rettender Impfstoff das Elend