Der_CreditManager_4-2023_OK | Page 31

Hintergrund | Der CreditManager des Generalanwaltes , dem der EuGH jetzt gefolgt ist , im März 2023 aktiv geworden : So habe sich die Schufa entschlossen , die Speicherdauer der Restschuldbefreiung von 36 auf sechs Monate zu verkürzen .
Sichtweise von Dun & Bradstreet
Oliver Heinemann , Director Legal / Leiter Recht und Datenschutz , Rechtsanwalt , Dun & Bradstreet Deutschland GmbH , erklärte : „ Für Credit Manager wie für Auskunfteien gleichermaßen erfreulich ist zunächst , dass der EuGH in seinem Urteil ausdrücklich die Bedeutung des Zugangs zu bonitätsrelevanten Daten betont .“ Das Geschäftsmodell der Wirtschaftsauskunfteien mache die schnelle Abwicklung von Geschäften erst möglich . Es bilde , so der EuGH , „ ein Fundament des Kreditwesens und der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft .“ Die Nutzer von Auskunfteileistungen müssen sich jedoch darauf einstellen , bestimmte Informationen aus dem insolvenzrechtlichen Bereich nunmehr für einen kürzeren Zeitraum verfügbar zu finden als früher .
In einem zweiten Urteil habe sich der EuGH mit der Zulässigkeit von Scoringverfahren beschäftigt . Aus der Erklärung des EuGH lasse sich für das Credit Management ableiten : „ Ist die Entscheidungsfindung so organisiert , dass zwar automatisiert ermittelte Scores in die Risikobewertung einfließen , diese aber nicht allein maßgeblich für das Hopp oder Top einer Geschäftsverbindung sind , weil daneben weitere Prognoseinstrumente herangezogen werden , können diese Abläufe beibehalten werden .“
Meinung aus der Praxis
Das sieht auch Thorsten Lebeau CCC , CCM so . Der Teamleiter Credit Management bei der Bosch Thermotechnik GmbH und Vorstandsbeirat im BvCM : „ Die Entscheidung des EuGH zum Scoring hat kaum Auswirkungen auf mein tägliches Geschäft , da bei uns immer ein Mensch die letzte Entscheidung über eine Kreditvergabe trifft . Viel kritischer sehe ich das Thema Negativmerkmale und deren Löschungsfrist . Vor allem in der jetzigen Zeit , in der die Zahlungsmoral der Kunden abnimmt und die Zahl der Insolvenzen zunehmen . Da diese Daten nur noch sechs Monate gespeichert werden , kann es dazu kommen , dass Firmen , die ihre Kunden nur einmal im Jahr komplett überprüfen , diese Negativmerkmale nicht mehr mitbekommen und denken , dass sie immer noch mit einem guten Kunden zusammenarbeiten . Das kann im schlimmsten Fall zum Forderungsausfall führen .“ Um dies zu verhindern , müsse die Zeitspanne der Überprüfung verkürzt werden . Dies habe jedoch zur Folge , dass man die doppelte Belegschaft benötige oder neue Software einsetzen müsse . „ Außerdem steigen die Kosten für die Auskünfte .“
Perspektive des Juristen
Dr . Behrang Raji , Legal Counsel Data Protection , Rechtsanwalt , Eppendorf SE , meint dazu : „ Die Unternehmenspraxis wird sich erheblich ändern müssen . Entscheidungen wie die Kreditvergabe einer Bank , die „ maßgeblich “ vom Scorewert einer Auskunftei abhängen , sind grundsätzlich unzulässig . Das Gericht stellt ebenso wie der Generalanwalt fest , dass es sich um eine Tatsachenfrage handelt , ob der Scorewert tatsächlich die Entscheidung vorgreift oder nicht . In dem Verfahren hatte das vorlegende Gericht festgestellt , dass ein unzureichender Wahrscheinlichkeitswert in nahezu allen Fällen zur Ablehnung des Kreditantrags des Verbrauchers führt .
Insofern sind Governance-Strukturen mit Handlungsempfehlungen erforderlich , die den Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters signifikant erhöhen . Dies könnte z . B . eine interne Richtlinie sein , die die Mitarbeitenden verpflichtet , zunächst nach Tatsachen zu
Felix Sperling-Fröhlich
Dr . Behrang Raji
suchen , die den Score übersteigen , oder andere Maßnahmen , die sicherstellen , dass der Einzelfall nochmals von einem Menschen geprüft wird oder die eigene Sichtweise dargelegt wird und schließlich die Ausgestaltung der Möglichkeiten , wie die Entscheidung angefochten werden kann . Entsprechende Dokumentationen könnten absichern , dass der Bankangestellte den Scorewert tatsächlich nur als ein Kriterium mitberücksichtigt hat .“
Checkliste für Unternehmen
Fazit von RAin Stephanie Iraschko- Luscher und Christian Huth : „ Das Urteil ist nicht so eindeutig , wie wir es erwartet haben . Durch die Rücküberweisung wurde der Ball an das Verwaltungsgericht Wiesbaden zurückgespielt . Wir werden auf jeden Fall eine Checkliste erarbeiten , aus der sich Handlungsempfehlungen ergeben , wie man als Unternehmen konkret reagieren sollte .“
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