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STAHLBRANCHE UNTER DRUCK
Bislang hat sich die deutsche Stahl- und Metallbranche in der Wirtschaftskrise gut geschlagen : Trotz der enorm gestiegenen Energiekosten haben die Produzenten hohe Gewinne eingefahren . „ Doch das Blatt wendet sich jetzt “, sagt Frank Liebold , Country Director Germany bei Atradius . „ Die Nachfrage bricht spürbar ein und erste Anzeichen für künftige Liquiditätsprobleme werden sichtbar “, so der Risikoexperte .
„ Das Jahr 2021 war ein Boom-Jahr für die Branche “, sagt Liebold . „ Nachdem die Nachfrage nach Stahl und Metall im ersten Corona-Jahr merklich zurückgegangen war , kam der anschließende Aufschwung viel schneller als erwartet . Die Firmen kamen mit der Produktion kaum hinterher und die Verkaufspreise stiegen .“
Bis in die ersten Monate des Jahres 2022 hinein profitierten die Stahlproduzenten von dem Aufschwung – dann kam der Krieg in der Ukraine und damit steigende Preise und Rohstoffknappheit . „ Seit dem 3 . Quartal 2022 haben sich die Prognosen der Firmen im Stahlsektor merklich verschlechtert “, so Liebold . „ Die Geschäftszahlen für das erste Quartal 2023 zeigen eine deutliche Marktabschwächung
12 hinsichtlich Nachfrage und Preisen . Ich gehe davon aus , dass 2023 ein schwieriges Jahr werden wird “, so der Deutschland-Chef von Atradius . Bei den Schadenmeldungen ist im ersten Halbjahr sowohl bei der Fallzahl wie auch bei der Schadenssumme bereits ein deutlicher Anstieg zu erkennen .
Nach dem Aufschwung kommt die Krise
Darauf weisen auch erste Veränderungen im Zahlungsverhalten der Firmen hin . „ Unsere Underwriter beobachten aktuell , dass die Unternehmen ihre Zahlungsziele im Einkauf immer häufiger verlängern . Die Firmen sorgen sich also offenbar um ihre Liquidität und versuchen so , mehr Spielraum zu bekommen “, sagt Liebold .
Das gelte besonders für Unternehmen mit Abnehmern im Automotive-Zuliefererbereich – neben den Branchen Bau und Maschinenbau einer der drei wichtigsten Abnehmersegmente der Stahlproduzenten : „ Die Automobilbranche profitierte bisher noch von Nachholeffekten aus der Corona-Zeit und rechnete mit einer weiteren positiven Entwicklung . Allerdings sehen wir , dass gerade kleinere Zulieferer durch die Transformation des Automotive-Sektors hin zur Elektromobilität Probleme bekommen , ihre Produkte im gewohnten Umfang loszuwerden . Gleichzeitig fehlen ihnen die Ressourcen , um flexibel auf die veränderte Nachfrage zu reagieren . Hinzu kommt , dass auch die Aufträge für E-Autos zurückgehen . Die Branche sieht sich einem schwierigen zweiten Halbjahr gegenüber .“