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DIE VORBOTEN FÜR DAS INSOLVENZGESCHEHEN
Das Insolvenzgeschehen in Deutschland pendelt weiterhin auf historischen Tiefstand . So weit , so bekannt . In Österreich und der Schweiz sieht das schon ganz anders aus . Was lässt das für Deutschland erwarten ? Ein Gastbeitrag von Patrik-Ludwig Hantzsch , Leiter Wirtschaftsforschung Creditreform .
In Nürnberg baut man vor , allerdings nicht besonders hoch . Die Bundesagentur für Arbeit rechnet für das Jahr 2022 mit Ausgaben für Insolvenzgeld in Höhe von 900 Millionen Euro . Das ist zwar knapp doppelt so viel wie im Jahr 2021 ausgezahlt wurde ( 490 Millionen Euro ), aber deutlich weniger als 2020 . Als eine der ersten in diesem Jahr dürften die gut 2.000 Mitarbeiter des Werftenverbunds MV Werften die staatliche Ersatz-Gehaltszahlungen erhalten . Ihr Arbeitgeber hatte am 10 . Januar Insolvenz angemeldet .
Dass weitere Unternehmen folgen werden , ist sicher . Bei der Arbeitsagentur geht man allerdings davon aus , dass die ganz große Pleitewelle ausbleibt . Unsere Jahresbilanz zum Insolvenzgeschehen zeichnet auf den ersten Blick ein ähnliches Bild . Wir erwarten für das Gesamtjahr 2021 ein Rekordtief von 14.300
Insolvenzen in Deutschland , nach 16.040 Fällen im Jahr 2020 . Es ist der niedrigste Wert seit Einführung der Insolvenzordnung ( InsO ) im Jahr 1999 . Die Gründe dafür sind inzwischen hinlänglich bekannt . Noch bis zum 1 . Mai 2021 war die Insolvenzantragspflicht teilweise ausgesetzt . Auch weitere staatliche Eingriffe und Corona-Hilfen haben geholfen , eine Insolvenzwelle zu unterdrücken . Die Frage ist nur : wie lange noch ?
Trendwende
Etwas Aufschluss darüber kann ein zweiter Blick in die Nachbarländer Österreich und Schweiz geben . Auch dort analysiert Creditreform regelmäßig das Insolvenzgeschehen und stellt bereits eine Trendwende fest . Nachdem in Österreich etwa nach den ersten Lockdowns im März 2020 bis weit ins Jahr 2021 ebenfalls viele Unternehmen von staatlichen Hilfsmaßnahmen durch die Krise getragen wurden , waren auch dort die Insolvenzzahlen auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren gefallen , auf 3.106 Fälle im Jahr 2020 und 3.076 Fälle in 2021 .
„ Betrachtet man jedoch allein das vierte Quartal 2021 , so zeigt sich , dass die Zahl der eröffneten Verfahren um 174 Prozent angestiegen ist “, weiß mein Kollege Gerhard Weinhofer , Geschäftsführer von Creditreform Österreich , zu berichten . Als Grund für diese begonnene Normalisierung nennt er unter anderem „ das Auslaufen der Stundungen durch gesetzliche Krankenkassen und Finanzämter und die vermehrte Antragstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese Institutionen “. Hinzu komme , dass viele Unternehmer die Reißleine gezogen haben , weil ihnen durch die stark
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