PRAXIS
Fazit : Der Cashflow stolpert ! Die für den 1tier-Lieferanten skizzierte Situation wiederholt sich im Prinzip in der Kette der Vorlieferanten . Während der 1tier-Lieferant in aller Regel jedoch ein größeres Unternehmen mit hinreichendem finanziellem Gestaltungsspielraum ist , sind die Vorlieferanten dagegen mehrheitlich mittelständische oder mittlere Unternehmen mit eingeschränktem finanziellem Gestaltungsspielraum . Diese sollten gut gewappnet sein !
Maßnahmenprogramm Was ist zu tun ? Es gilt , den Cashflow angepasst an die vorliegende angespannte Situation zu optimieren . Wir schlagen folgende wesentliche Vorgehensschritte zur Gestaltung des operativen Cashflows vor , die wir mit Beispielen detaillieren . Die Betrachtung des Cashflows aus Investitions- oder Finanzierungstätigkeit liefert weitere Optionen , die wir hier nicht weiter betrachten .
1 . Lage : Wo stehen wir ?
1.1 Durchführung einer kurz- und mittelfristigen Cash Flow-Verfolgung 2 . Dies ist ein Muss ! Deutsche Unternehmen arbeiten stark GuV-orientiert : Der EBIT ist eine wesentliche resultierende Ziel- Kennzahl . Doch die Zielsetzung EBIT ist einseitig . In den letzten Monaten war vielerorts festzustellen , dass guter EBIT durch Bestandsaufbau massiv reduziert wurde . Die konsequente Steuerung der den Cashflow beeinflussenden Größen – insbesondere die Bestandsveränderungen neben den weiteren Größen des Working Capital – ist in vielen mittelständischen und mittleren Unternehmen ebenso ein Defizit wie die kurzfristige Liquiditätsverfolgung .
1.2 Risikoanalyse der Lieferkette
- Umsatzeinbruch - Kostenremanenz
- Bestandsaufbau - Zunahme Unterwegsbestände - Verlängerte Zahlungsziele
Jahresüberschuss Abschreibungen Rückstellungen
Veränderung Working Capital
Abb . 2 : Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit in der Klemme
Einige Risiken zeigen sich tatsächlich unerwartet , einige kann man wachsen sehen . Derzeit entstehen so viele greifbare neue Risikofelder , dass es dringend geraten ist , unternehmensspezifisch die Risiken für kritische Teile einerseits sowie für alle wesentlichen Geschäftspartner andererseits entlang der Lieferkette einzuschätzen . Nachfolgend Risiko-Hinweise für die Lieferkette , die sich nach den Krisen der letzten Dekaden ( z . B . Lehman , Fukushima ) als zweckmäßig erwiesen haben .
Stücklistenanalyse : kritische Teile Die Lieferfähigkeit für absehbar kritische Teile sollte man entlang der Supply Chain über den Vorlieferanten hinaus weiter verfolgen . Mit der Stücklistenanalyse der Teile kann man Risikoherde und Engpässe eingrenzen und Informationsdefizite entlang der Kette aufzeigen . Die Engpässe verändern sich dynamisch : Die Magnesium- und Aluminium-Versorgung werden beispielsweise derzeit als weitere hoch-brisante Versorgungslücken für die Automobilproduktion diskutiert . Generell führen derzeit steigende Energiekosten zu temporären Produktionskürzungen und damit zu Versorgungsengpässen z . B . bei Ferrolegierungen , Stahl und Zink .
Risiko-Landkarte : kritische Stakeholder Für die praktische Risiko-Analyse entlang der Lieferkette wird empfohlen , eine Risiko-Landkarte zu erstellen , die – über die Stücklistenanalyse hinaus – mit neuen Informationen aktuell gehalten wird . Abb . 3 skizziert die Komponenten einer Risiko-Landkarte . Aufgeführt werden die wesentlichen Stakeholder entlang der Lieferkette und ihre möglichen Verhaltensweisen als Basis für eigene Aktionen : - eigenes Unternehmen - Lieferanten : Für kritische Teile sollte
Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit die Versorgungskette über den Vorlieferanten hinaus untersucht werden . Bei neuen Alternativ-Lieferanten insbesondere aus dem Ausland ist gemäß aktuellen Erfahrungen ein Audit auf Fakes durchzuführen . Auch die Übernahme-Ge-
fährdung des Lieferanten durch m & a ist zu prüfen .
- Kunden : Der Kunde hängt von der Entwicklung in seinem Markt bzw . dem Endkundenmarkt ab . Informationen über diese Märkte bzw . Kunden ermöglichen Einschätzungen der realistischen Kundenbedarfe .
- Logistik-Dienstleister : Er bestimmt mit seinen Kapazitäten den Teilestrom .
- Kreditinstitute : Sie sind derzeit besonders gefordert bei der Aufrechterhaltung der Unternehmensliquidität .
- Grundversorgung / -entsorgung : Engpässe sind derzeit bei der Energieversorgung zu beobachten .
- Konkurrenz-Unternehmen : Falls ein Konkurrenz-Unternehmen z . B . durch Insolvenz ausfällt , können sich erhebliche Rückwirkungen auf die Auslastung der eigenen Zulieferer ergeben , die damit auch insolvenzgefährdet werden können („ Domino- Effekt “). Auch kann ein Konkurrenz- Unternehmen durch aggressive Einkaufspolitik gemeinsam benötigte Engpassteile beim Zulieferer absaugen .
Fortsetzung in der Ausgabe 03 / 2022 Ein Beitrag aus dem Controller Magazin
Prof . Dr . Heinz-Jürgen Klepzig
hj . klepzig @ t-online . de
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