HINTERGRUND
WIE SOZIALES INKASSO FUNKTIONIERT
In den Niederlanden gilt seit einigen Jahren der Grundsatz des sozialen Inkassos . Was bedeutet das für Kunden und Inkassodienstleister , Schuldner und Auftraggeber ? Im Gespräch mit dem Magazin Der CreditManager berichtet Philip Boland , DCA Manager Customer Finance – Collections bei T-Mobile Niederlande , welche Folgen das für Kunden und Inkassodienstleister hat . Der Konzern setzt die neuen Vorgaben seit Januar 2020 um – und zieht ein positives Zwischenfazit .
CM : T-Mobile Niederlande verfolgt seit zweieinhalb Jahren einen neuen Umgang mit Privatkunden , die ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlt haben . Wie ist es dazu gekommen ? PB : Die Sanierung überschuldeter Konsumenten hat in den Niederlanden in den vergangenen Jahren größere Beachtung gefunden . Dadurch hat ein Umdenken eingesetzt , das auch zu gesetzlichen Änderungen geführt hat ( z . B . „ Ambtshalve Toetsing “). Zudem haben die Gerichte die Position der Konsumenten gegenüber Konzernen gestärkt . In der Folge sind sogar einige Verkaufsstrategien , nicht nur der Telekom , von Richtern als rechtswidrig beurteilt worden .
CM : Welche Rolle haben gesellschaftliche Entwicklungen dabei gespielt ? PB : Im Allgemeinen sind Kunden mündiger geworden , lassen sich nicht mehr alles bieten . Sie finden im Internet problemlos Vorlagen für Be-
14 schwerdebriefe oder Widersprüche . Kunden und Richter haben außerdem Einblicke in Verkaufs- und Inkassoprozesse erhalten , was dafür gesorgt hat , dass Konsumenten ( zu Recht ) stärker geschützt werden .
CM : Wie gehen Sie heute konkret mit säumigen Zahlern um ? PB : In den Niederlanden ist ein automatischer Prozess Standard . Jeder Kunde erhält mehrere Erinnerungen ( SMS , WhatsApp , E-Mail , Brief und Telefonanrufe ) und wird so zur Zahlung aufgefordert . Die Zahlung kann dann mit jeder x-beliebigen Zahlungsart erfolgen ( Kreditkarte , PayPall , Blokchain etc .). Als Credit Manager muss ich natürlich sagen , dass dieses Vorgehen noch weiter optimiert werden kann . Wir brauchen mehr Segmente , besseres A / B Testing und so weiter . Aber das ist nur eine weitere Optimierung des Standards .
Mit Segmenten meinen wir unterschiedliche Kundengruppen , beispielsweise Kunden , die bereits seit acht Jahren bei uns aktiv sind und immer pünktlich bezahlt haben , plötzlich aber nicht mehr . Ein anderes Segment bilden Konsumenten , die erst ein halbes Jahr Kunde sind und schon nicht mehr bezahlen . Die Kunden des ersten Segments rufen wir an und fragen nach den Gründen , die Kunden des zweiten Segments erhalten zunächst eine schriftliche Mitteilung .
CM : Was bedeutet das für Ihr Credit Management ? PB : Am Ende dieses automatisierten Prozesses haben wir zwei Arten von Problemkunden : Kunden , die nicht bezahlen können ( oft sanierungsfähig ) oder die nicht bezahlen wollen . Sie hätten schließlich relativ einfach einen Zahlungsplan vereinbaren oder Widerspruch einlegen können . Das Credit Management konzentriert sich deshalb immer mehr auf die schnelle Lösung von Beschwerden und einen kurzfristigen Zahlungseingang ( 95 %