Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Gathas - Weisheit der Sufis | Page 20
Gatha I
I. 1. Volksglaube und Aberglaube
Jedes Land scheint gewisse Überlieferungen zu haben, die von den
Gläubigen als Volksglaube betrachtet werden, von den Ungläubigen
aber als Aberglaube bezeichnet werden. Es gibt Überlieferungen,
denen gewisse Lebenserfahrungen zugrunde liegen und andere, die der
Intuition entspringen. Sie werden von denen geglaubt, die geneigt sind zu
glauben, jedoch von denen belächelt, die ihrer Bedeutung verständnislos
gegenüberstehen, und ebenso von denen, die sich nicht die Mühe machen
wollen, im Volksglauben die innere Wahrheit zu erfassen. Es ist leicht, sich
über etwas lustig zu machen, aber es braucht Geduld, Überzeugungen zu
akzeptieren und zu tolerieren, die nicht die eigene Vernunft ansprechen.
Aber es ist schwierig, die Wahrheit aus solchen Überlieferungen
herauszuschälen; denn es braucht mehr als nur Verstand, um zu den Tiefen
des Lebens zu dringen. Die Urheber dieser Überlieferungen konnten ihre
Gründe dafür natürlicherweise nicht jedem erklären ; denn der Mensch
ist zwar fähig, etwas zu glauben, ist aber nicht unbedingt auch fähig, eine
analytische Erklärung darüber zu verstehen.
Es gibt Naturen, die bereit sind, etwas zu glauben, das ihrem Wohl dient,
wenn es von jemandem stammt, dem sie vertrauen, aber es ist ihnen zu
mühsam, tiefer in die Materie einzudringen. Für einige ist es sogar besser,
nicht nach der Analyse für eine Überlieferung zu suchen, denn der Glaube
daran ist ihnen hilfreich, während eine Erklärung sie nur verwirren würde.
Erst ein gewisser Grad der Entwicklung befähigt den Menschen, einen
bestimmten Glauben zu verstehen. Man soll niemandem etwas erklären
wollen, was er nicht verstehen kann; denn anstatt ihm zu helfen, schadet
man ihm mehr.
In solchen Volksglauben, die sich mit der Zeit zu Bräuchen wandeln,
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