Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Gathas - Weisheit der Sufis | Page 26
Teil I – Gatha I – Brauche (2)
Das Grüßen der Chinesen besteht im Falten der Hände, wobei jeder die
gefalteten Hände des anderen berührt, was heißt, dass die Vollkommenheit
der Kraft von beiden sich treffen soll. Aus dem gleichen Grund schütteln
die Araber die Hände mit beiden Händen, denn nur eine Hand zu geben,
würde bedeuten, nur die Hälfte seines Magnetismus zu geben. Wenn man
beide Hände gibt, beweist dies, dass man nichts zurückhält. Die Perser
legen die Hand aufs Herz, was die freundschaftlichen Gefühle andeutet, die
aus der Tiefe des Herzens kommen, dass der Gruß nicht nur oberflächlich
ist, sondern aus wahrer Gefühlstiefe kommt.
Bei sehr vielen Menschen aus den verschiedensten Teilen der Welt ist
es Brauch, sich beim Grüßen zu umarmen. Dies hat zweifellos eine große
psychische Bedeutung. Die beiden Arme sind die beiden Richtungen der
magnetischen Kraft, der positiven und der negativen, und in der Brust
liegt das Zentrum dieser beiden Kräfte. Der Brauch will es, dass sie sich
deutlich zweimal umarmen, einmal von rechts und einmal von links.
Das ist auch ein Austausch von Prana, der wahren Lebensenergie, deren
Zentrum sich in der Brust befindet. In Persien und in Indien gibt es einen
Brauch, wonach eine jüngere Person, die eine ältere grüßt, den Kopf zur
Brust neigt, während die ältere sie bei den Armen nimmt und aufrichtet,
als hätte die jüngere Liebe, Licht und Leben erbeten, was die ältere ihr gibt
und sie aufrichtet. Dies weist auch auf ein Gefühl der Bescheidenheit und
Demut von der einen Seite und auf Hilfsbereitschaft und Ermutigung von
der anderen Seite. Bräuche wurden manchmal sehr übertrieben, doch wenn
das Gefühl echt ist, kann kein äußerer Ausdruck je eine Übertreibung sein.
Bei Menschen mit Religion und Kultur gab es in allen Perioden der
Zivilisation den Brauch des Handkusses. Dieser Brauch entsprang einem
natürlichen Instinkt des Lebens. Das Tier möchte in alles hineinbeißen,
was gut riecht, und alles, was ein Kleinkind interessiert, wandert zuerst
in den Mund. Dies zeigt, dass die Lippen der empfindsamste Teil am
Menschen sind und fähig, Leben zu geben und zu nehmen, was man
mit Magnetismus bezeichnen kann. Daher wird die größte Zärtlichkeit,
die man einem anderen im Gruß erweisen kann, durch den Handkuss
ausgedrückt. Diesen Brauch kann man auf der ganzen Welt antreffen, im
Osten und im Westen.
26